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Veronika brauchte insgesamt drei Kognaks, um einigermaßen Ordnung in das innere Chaos zu bringen. Es waren Kopfhörer ausgeteilt worden. Die Stecker dafür befanden sich in den Armlehnen. Man konnte aus acht verschiedenen Programmen wählen: klassische Musik, Operette, Country Music, Evergreens, Hitparade ... Veronika machte von diesem »Ablenkungs-Programm« nur kurz Gebrauch. Sie unterhielt sich lieber mit ihrer Tochter, denn das entspannte sie mehr.

Marina fragte sich, wer wohl an Veronikas Seite gesessen hätte, wenn sie nicht mitgekommen wäre. Irgendjemand hätte mitkommen müssen. Allein wäre Veronika bestimmt nicht gereist.

Als der Kapitän verkündete, dass sie sich im Anflug auf Teneriffa befanden, stöhnte Veronika: »Gleich haben wir es hinter uns. Dann beginnt der schöne Teil unseres Urlaubs.«

Kurz darauf erblickte Marina zum ersten Mal den majestätisch aufragenden, von Wolken umschwebten Vulkan Teide. Er bot ein imposantes Bild, beherrschte die Insel, und Veronika sagte, man könne ihn von jedem Punkt Teneriffas aus sehen. Die Landung kostete sie noch einmal Nerven. Danach war sie jedoch sofort wie ausgewechselt. Es ging ihr mit einem Mal blendend. Sie fühlte sich großartig, war aufgekratzt, fröhlich und bester Dinge. Die Weltuntergangsstimmung gehörte der Vergangenheit an. Jetzt begann der Urlaub.

Als sie die Maschine verließen, sagte die Stewardess: »Es würde mich freuen, Sie bald wieder an Bord begrüßen zu dürfen.«

Veronika lachte. »Erst mal wird ausgiebig gefaulenzt.«

»Einen schönen Aufenthalt auf der Insel, Frau Hagen.«

»Danke.«

Ein Bus brachte die Passagiere zum Flughafengebäude. Über den Betonpisten flimmerte die heiße Luft.

Veronika und Marina warteten am Förderband auf ihr Gepäck. Als es kam, stellten sie es auf den Kofferwagen, den Veronika organisiert hatte, und wenig später passierten sie die Zollkontrolle. In der Ankunftshalle steuerte Veronika den Schalter einer Leihwagenfirma an und mietete für die Dauer des Urlaubs einen Landrover.

»Ich bin gern mobil«, meinte sie, nachdem das Gepäck im Kofferraum verstaut war. »Nun gehört Teneriffa für fünf Wochen uns.«

Marina schmunzelte. »Was hast du vor?«

»Wir werden dem Leben hier unseren Stempel aufdrücken«, antwortete ihre Mutter tatendurstig.

Marina hatte eigentlich nicht diese Absicht. Sie war hier, um von Tommy Lindner Abstand zu gewinnen und zu vergessen, was er ihr angetan hatte. Unerreichbar wollte sie für ihn sein.

»Hör mal, Veronika, wäre es nicht besser, wenn ich fahren würde?«

»Aber Kindchen, du kennst dich auf der Insel doch überhaupt nicht aus.«

»Aber ich habe keine drei Kognaks gezwitschert.«

»Die hat meine Flugangst doch sofort absorbiert.«

»Muss ich an deine Vernunft appellieren ...«

»Schätzchen, ich bin okay.«

»Du solltest mir ein gutes Beispiel sein«, beharrte Marina hartnäckig. »Wenn du neben mir sitzt, kannst du mir sagen, wie ich fahren muss.«

»Na schön«, gab Veronika nach und rutschte auf den Beifahrersitz hinüber. »Vielleicht ist das wirklich die bessere Lösung.« Sie erklärte Marina kurz, wie der allradgetriebene Geländewagen zu fahren war, und dann ging es los.

Bald hatten sie den Flughafen »Reina Sofia« hinter sich gelassen. Die Autobahn nach Santa Cruz führte durch eine trostlose karstige Landschaft - ein Haufen Steine mit riesigen Kakteen war alles, was dem suchenden Auge geboten wurde.

»Die Insel präsentiert sich dem Ankömmling nicht gerade in verschwenderischer Üppigkeit«, stellte Marina ein wenig enttäuscht fest.

»Du hast recht, hier meint man, auf dem Mond zu sein, und weiter oben, in Las Canadas, hat man tatsächlich schon etliche Science Fiction Filme gedreht. Aber Teneriffa kann auch anders sein, du wirst es sehen. Nicht umsonst ist diese Insel wegen ihrer Naturschönheiten die bekannteste und beliebteste der Kanaren. Hier sind auf relativ engem Raum alle Vegetationszonen der Erde vertreten. Gebirgszüge trennen üppige, tropisch anmutende Täler von kahlen und unwirklich erscheinenden wüstenhaften Kratern und Felslandschaften. Mal stürzen scharf gezackte steile Felswände jäh ins Meer ab, mal erfreuen von Palmen gesäumte kleine Badebuchten das Auge.«

Tatsächlich nahm die Insel allmählich ein »freundlicheres« Aussehen an, je näher sie der Hauptstadt kamen. Doch Santa Cruz war nicht ihr Ziel. Sie wechselten kurz davor auf die nach Norden führende Autobahn und hatten nun noch neununddreißig Kilometer bis Puerto de la Cruz vor sich.

»Puerto wird dir gefallen?«, sagte Veronika. »Es ist die heimliche Hauptstadt der Insel.«

Marina hatte den Landrover erfreulich schnell in den Griff bekommen.

»Du fährst so souverän, als wärst du schon im Kindergarten mit einem solchen Vehikel gefahren«, lobte Veronika.

Marina strahlte. »Es macht mir Spaß.«

»So soll es im Urlaub sein.«

Sie erreichten Puerto, und Veronika dirigierte ihre Tochter so sicher durch die Stadt, als wäre sie hier seit Jahren zu Hause. Einige Male wurde es ziemlich eng, aber Marina meisterte das Verkehrsgewühl und konnte sich über das Erfolgserlebnis freuen, als sie heil vor ihrer Unterkunft ankamen. Die Clubanlage machte einen äußerst gepflegten Eindruck.

Marina warf einen Blick auf die Hinweisschilder. Es gab Souvenirläden, ein Restaurant, ein Café, eine Pizzeria, eine Bar, Tennisplätze, eine Minigolfanlage und ein großes Schwimmbecken. Die Rezeption befand sich im Zentralgebäude, daneben gab es einen überdachten Parkplatz.

Veronika stieg aus. Marina ebenfalls.

»Na, lässt es sich hier fünf Wochen aushalten?«, fragte die Schauspielerin schmunzelnd.

»Mindestens«, gab Marina beeindruckt zurück.

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