Читать книгу Sommer Roman-Paket Unterhaltungsromane und Erzählungen: In Paris und andernorts - Sandy Palmer - Страница 28
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Nach drei Tagen wollte sich Veronika ins Nachtleben von Puerto de la Cruz stürzen, doch Marina hatte keine Lust, sie zu begleiten. Sie war hier, um ihre Enttäuschung zu vergessen. Sie wollte niemanden kennenlernen! Von Männern hatte sie fürs Erste genug! Es behagte ihr auch nicht, dass Veronika so vergnügungssüchtig war, weil das die Ehepause unter Umständen erheblich verlängern konnte.
Meine Gesellschaft allein reicht ihr nicht, überlegte Marina. Die Urlaubsstimmung macht sie zugänglich für Komplimente von charmanten Männern. Wie kann ich dieser Gefahr begegnen? Bestimmt nicht, indem ich sie überall hin begleite und auf sie aufpasse. Wenn dieser Urlaub sie allerdings weich und mild stimmt, könnte Vater mit einem Versöhnungsversuch eine echte Chance haben, aber dazu müsste er hier sein.
Als Veronika zu Carsten sagte: »Ich möchte heute Abend durch Puerto tanzen. Kommst du mit?«, stand für Marina fest, dass sie ihren Vater anrufen würde.
»Bist du auch dabei, Marina?«, fragte Carsten. »Sicher bekommen wir viel Spaß.«
»Nein«, antwortete Marina.
»Warum nicht?«
»Hab keine Lust.«
»Genüge ich dir nicht?«, fragte Veronika scherzhaft.
»Doch. Ich dachte nur, ihr macht alles gemeinsam«, meinte er.
Veronika warf ihm einen Blick zu, der Marina unangenehm berührte. »Fast alles«, stellte sie richtig.
Er passt nicht zu ihr!, dachte Marina widerwillig. Sie kann es drehen und wenden, wie sie will, sie wird in drei Jahren fünfzig. Zugegeben, sie sieht jünger aus, und fünfzig ist heute für eine Frau kein Alter mehr, aber er ist bestimmt fünfzehn Jahre jünger! Vater muss her, und zwar schnell!
Als Veronika sich für den Abend zurechtmachte, sah es Marina nicht gern, dass ihre Mutter so strahlte. Veronika freute sich zu sehr auf diesen Abend. Was versprach sie sich davon? Wie weit würde sie gehen? Was würde sie Carsten alles erlauben? Wozu würde sie ihn animieren?
Sie fragte nicht noch einmal, ob Marina mitkommen wolle. Es schien ihr sehr recht zu sein, dass ihre Tochter sich entschieden hatte, daheim zu bleiben. Sie trug ein tolles Minikleid mit Spaghettiträgern. »Wie sehe ich aus?«, fragte sie und drehte sich.
»Ziemlich sexy«, musste Marina zugeben. »Du wirst die Männer anziehen wie das Licht die Motten.«
»Dann wird der Abend so, wie ich ihn mir vorstelle.«
Carsten klopfte zehn Minuten später an die Tür. Marina ließ ihn ein. Er sah umwerfend aus in seinem cremefarbenen Anzug mit den rasiermesserscharfen Bügelfalten.
»Bist du fertig, Veronika?«, fragte er und strich sich mit der Hand über das Haar.
Die Schauspielerin schnappte sich ihr Handtäschchen. »Fertig - und zu jeder Schandtat bereit.«
Marina gab es einen Stich.
»Möchtest du nicht doch auch mitkommen, Marina?«, fragte Carsten noch einmal.
»Sie macht es sich lieber hier gemütlich«, antwortete Veronika rasch. »Im Urlaub soll jeder das tun, was ihm am meisten Spaß macht.« Sie küsste ihre Tochter und fügte hinzu: »Du brauchst nicht auf mich zu werten, Kleines. Es wird bestimmt sehr spät, nicht wahr, Carsten?«
»Auf jeden Fall, denn in den meisten Lokalen geht es erst nach Mitternacht richtig los.«
»Also dann«, sagte Veronika tatendurstig. »Ich werde leise sein, wenn ich zurückkomme.«
Marina wünschte nicht, die beiden sollten sich gut amüsieren, denn das wäre nicht in ihrem Sinn gewesen. Carsten verabschiedete sich von ihr und rauschte anschließend mit Veronika ab. Die Stille, die plötzlich im Bungalow herrschte, hatte etwas Bedrückendes.
Und wieder einmal dachte Marina bitter: Das habe ich dir zu verdanken, Tommy Lindner! Diese Einsamkeit. Diese Leere. Diese Unzufriedenheit. Ich komme mir so nutzlos vor. Irgendwie entwurzelt. Warum musstest du mir das antun? Wie wunderschön hätte unsere Griechenlandreise werden können ...
Sie seufzte traurig, setzte sich und schaute geistesabwesend das Telefon an. Ich muss die Ehe meiner Eltern retten, sagte sie sich und nahm den Hörer ab.
Die Rezeption meldete sich. Marina nannte die Nummer, mit der sie verbunden werden wollte, und kurz darauf hatte sie ihren Vater an der Strippe. Die Verbindung war hervorragend.
»Du klingst so nah, als wärst du hier auf der Insel«, meinte Marina beeindruckt.
»Ist schon großartig, was der Mensch alles fertigbringt«, erwiderte Volker Hagen im fernen Deutschland.
»Wie ist das Wetter zu Hause?«, wollte Marina wissen.
»Durchwachsen.«
»Hier scheint den ganzen Tag die Sonne.«
»Ihr seid zu beneiden«, sagte Marinas Vater. »Wie geht es euch?«
»Sehr gut.«
»Wie seid ihr untergebracht?«
»Erstklassig«, antwortete Marina und erzählte ein bisschen, was sie bisher unternommen hatten. Carsten erwähnte sie sicherheitshalber nicht.
»Ich wünschte, ich könnte bei euch sein«, seufzte Volker Hagen.
»Warum steigst du nicht in den nächsten Flieger und kommst her?«
»Das würde ich ja furchtbar gern tun ...«
»Aber?«, fragte Marina.
»Ich weiß nicht, ob ich willkommen bin.«
»Wir vermissen dich.«
»Das würde ich gern von deiner Mutter hören.«
»Du fehlst ihr, das sehe ich ihr an«, behauptete Marina. »Sie ist hier in einer Stimmung ... Also, wenn du mich fragst, waren die Chancen für eine Versöhnung noch nie so groß. Das Flair dieser Insel hat Veronika verzaubert. Hier kann sie dir nicht länger böse sein. Wenn du kämst, würde sie dir wahrscheinlich vor Freude um den Hals fallen.«
Marinas Vater lachte. »Es wäre schon erfreulich, wenn sie nicht sagte, ich solle hingehen, wo der Pfeffer wächst.«
»Das tut sie ganz bestimmt nicht, dafür verbürge ich mich. Du möchtest doch auch, dass wir wieder eine Familie sind. Gib dir einen Ruck! Sag nicht, Veronika soll den ersten Schritt tun. Tu du ihn!«
Hagen zögerte, und Marina fragte sich, was es da zu überlegen gab. Vater hatte immer behauptet, es gebe nichts Wichtigeres als die Familie für ihn. Waren das nur leere Worte gewesen?
»Bist du noch dran?« Marina wartete auf seine Antwort.
»Ja«, antwortete Volker Hagen. »Natürlich bin ich noch dran.«
»Wirst du kommen?«
Er atmete schwer aus. »Na schön, ich komme.«
Marinas Herz machte einen Freudensprung. »Soll ich Veronika darauf vorbereiten?«
»Nein, lass das lieber sein! Ich möchte sie überraschen. Sie soll sich nicht auf meine Ankunft vorbereiten können. Deine Mutter muss man überrumpeln, das weiß ich aus Erfahrung.«
»Wann wirst du eintreffen?«, wollte Marina wissen.
»Kann ich noch nicht sagen.«
»Du möchtest auch mich überraschen, wie?«
»Ich habe noch ein paar Dinge zu erledigen, die keinen Aufschub dulden, aber danach hält mich hier nichts mehr.«
»Ich freue mich auf dich.«
»Und ich mich auf euch«, gab Volker Hagen innig zurück.