Читать книгу Lese-Paket 1 für den Strand: Romane und Erzählungen zur Unterhaltung: 1000 Seiten Liebe, Schicksal, Humor, Spannung - Sandy Palmer - Страница 63

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Dem Haus gegenüber lag der Stadtwald. Pechner stand im Schutze eines Haselnussstrauches und beobachtete das Gebäude, in dem sich die Eigentumswohnung Dr. Berrings befand. Er wartete schon lange, und endlich sah er Dr. Berring herauskommen, zur Garage gehen, und wenig später mit dem Wagen wegfahren. Unmittelbar danach verließ Pechner sein Versteck, überquerte die Straße, ging zur Tür des Hauses, überblickte die Namensschilder und schellte dort, wo der Name Berring stand. Eine Frauenstimme fragte an der Gegensprechanlage nach dem Besucher. Pechner sagte seinen Namen und erklärte: „Ich wollte zu Ihnen, Frau Berring. Es ist eine wichtige private Sache. Ich gehöre zu dem Team von Dr. Gstaad, das mit Ihrem Mann zusammenarbeitet.“

Der Summer ertönte, die Tür wurde geöffnet. Pechner trat ein, lief die Stufen empor und war kurz darauf im ersten Stock, wo ihn Ingrid Berring empfing.

Sie war blass, und trotz aller Bemühungen war es ihr nicht gelungen, das Haar so locker wie die einstige Haarpracht zu kämmen. Ihr Gesicht wirkte ein wenig aufgedunsen und zeigte bläulich rote Flecken an Schläfe und hinter dem Ohr.

Er begrüßte sie, nannte noch einmal seinen Namen, und sie ließ ihn eintreten. Aber sie war offensichtlich nicht bereit, ihn ins Wohnzimmer zu bitten, sondern schloss nur die Wohnungstür und sagte: „Was möchten Sie denn?“

„Meine Frau und Ihr Mann haben ein Verhältnis miteinander“, erklärte er ihr.

Er sah das Erschrecken in ihren Augen. Sie machte ein paar Schritte zur Seite, und er fürchtete schon, sie könnte hinstürzen, so unsicher schien sie zu stehen. Aber sie hatte sich schon wieder gefasst, öffnete die Wohnzimmertür und deutete hinein. „Bitte, treten Sie ein!“, sagte sie mit leicht bebender Stimme. Er folgte ihrer Einladung, warf einen kurzen Blick in die Runde und erkannte auf Anhieb den Wohlstand, der hier im Hause herrschte. Auf ihre Bitte hin nahm er Platz und saß genau dort ihr gegenüber, wo sonst immer Dr. Berring saß. Sie selbst hatte auf der Couch Platz genommen, hielt die Hände im Schoß gefaltet und blickte ihn abwartend an. Als er nicht sprach, forderte sie ihn mit einer spröde klingenden Stimme auf: „Nun erzählen Sie schon.“

„Meine Frau und Ihr Mann sind sich auf einer Fahrt, aus Süddeutschland kommend, irgendwo im bayerischen Raum begegnet. Meine Frau ist da mit ihrem Wagen in den Graben gerutscht, und Ihr Mann hat sie herausgezogen. Anschließend haben sie gemeinsam in einem kleinen Gasthof übernachtet, und bei der Übernachtung ist es ganz offenbar nicht geblieben. Meine Frau hat mir gebeichtet, Ihr Mann und sie hätten sich geküsst. Aber ich sage Ihnen ehrlich, dass ich das nicht glaube. Nicht glaube, dass es dabei geblieben ist.“

Ingrid Berring schwieg. Sie sah ihn nur an. In ihrem Gesicht regte sich nichts. Nur ihre Augen verrieten, dass in dieser Frau Leben war.

Durch ihr Verhalten verunsichert, fragte er: „Und Sie sagen nichts?“

„Was soll ich dazu sagen? Glauben Sie, dass ich Ihnen vor Freude um den Hals springe? Mir ist nicht danach zumute.“ Sie verspürte Schmerzen im Unterleib. Dabei hatte sie vorhin erst eine Tablette genommen. Aber jetzt schien die Erschütterung, die sie beherrschte, die Wirkung der Tablette zu beeinträchtigen. Dieser ziehende, jetzt stechende Schmerz wurde immer stärker. Sie musste auf die Toilette gehen. Sie war sich inzwischen auch klar darüber, wovon das herrührte, dieser ständige Druck auf die Blase. Seit sie zu Hause war, gab es für sie genug Möglichkeiten, in der umfangreichen Literatur, die ihr Mann besaß, etwas über ihr Leiden nachzulesen. Ihrem Mann gegenüber ließ sie sich nicht anmerken, dass sie sich über ihr Schicksal so gut wie völlig im Klaren war. Einiges hatte inzwischen auch Dr. Timmel zugegeben. Doch nun blickte sie den Menschen an, der gekommen war, ihr etwas zu sagen, das sie bis ins Mark traf, auch wenn man es ihr nicht ansah.

„Und warum sind Sie hier? Was versprechen Sie sich davon, dass ich es weiß?“

„Ich hielt es für meine Pflicht, es Ihnen zu sagen. Meine Frau hat mich betrogen. Und dasselbe ist Ihnen durch Ihren Mann geschehen. Wir sind Leidensgenossen.“

Sie erhob sich, ging zur Tür, öffnete sie und sagte: „Gehen Sie! Gehen Sie, und kommen Sie niemals wieder!“

Er stand überrascht auf, sah sie fassungslos an und sagte dann: „Ja aber ...“

Sie schüttelte den Kopf, deutete auf den Korridor. „Verschwinden Sie!“, sagte sie verächtlich. „Und wenn es tausendmal stimmt, was Sie sagen. Gehen Sie! Sie hätten es mir nie sagen dürfen. Sie wissen überhaupt nicht, was Sie angerichtet haben.“

Er war so betroffen, dass er kein Wort mehr herausbrachte, an ihr vorbeiging und die Wohnung verließ. Er hatte nur noch einen Gedanken: Dr. Berring nicht begegnen zu müssen. Und als er die Straße überquert und den Park erreicht hatte, fühlte er sich erleichtert, blickte sich um, aber von der Limousine Dr. Berrings war keine Spur. Als würde er verfolgt, ging er rasch auf das Stadtwald-Restaurant zu, wo auf dem Parkplatz sein Wagen stand. Als er ihn erreicht hatte, war seine Betroffenheit gehässiger Schadenfreude gewichen. Sie wird ihm einheizen, dachte er. Das habe ich ihm versalzen. Niemand lässt sich ungestraft mit meiner Frau ein. Und wenn ich sie tausendmal nicht mehr liebe. Sie gehört mir!

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