Читать книгу Romanpaket Spezial 8/2021: Die mitreißendsten Liebesromane im August 2021 - Sandy Palmer - Страница 8

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„Nur noch eine Stunde, dann ist Feierabend.“ Hanna, die älteste Mitarbeiterin des Ateliers „Fair Lady“ dehnte den schmerzenden Rücken. „Ich bin total geschafft bei der Hitze heute.“

„So schlimm ist es doch nicht.“ Julia Schrader griff nach ihrer Wasserflasche und hielt sie der Kollegin hin. „Magst du noch was trinken?“

„Nein, nein, danke. Ist schon gut.“ Hanna beugte sich wieder über ihre Arbeit, und auch Julia arbeitete weiter. Mit einer fast zärtlichen Geste strich Julia über den weich fließenden Stoff des Abendkleides, das eine bekannte Kundin bestellt hatte. Einmal auch so ein Modell besitzen, einmal die Gelegenheit bekommen, in festlichem Rahmen eine solche Traumrobe zu tragen...

Julia unterdrückte einen Seufzer, dann legte sie das Kleid in die dafür vorgesehene große Schachtel mit dem Aufdruck des Modehauses. Anschließend widmete sie sich wieder ihren profanen Pflichten. Und die bestanden für sie, die jüngste der drei Schneiderinnen, unter anderem darin, auf ein blaues Kostüm Knöpfe zu nähen und einen Saum zu kürzen.

„Julia, Sie müssen mir schnell mal einen Gefallen tun.“ Gerlinde Meerfeld, die Leiterin des Ateliers, kam mit kleinen, für sie typischen Schritten durch den Raum gehetzt. Ihr schmales Gesicht war gerötet, nervös zerfetzte sie ein Tempotuch in kleinste Schnipsel - ein Zeichen dafür, dass sie kurz vor einem Nervenzusammenbruch stand. So jedenfalls behauptete es Hanna immer.

„Natürlich, gern.“ Julia stand auf. Sie war ein besonders apartes Mädchen mit langen blonden Haaren und eine perfekten Figur. Sie hätte es mit jedem Mannequin aufnehmen könne, doch ihr Berufsziel war es, Mode zu entwerfen, nicht, sie auf irgendwelchen Laufstegen vorzuführen. Um Modedesign studieren zu können, war eine Schneiderlehre Grundvoraussetzung, und Julia war froh, sie in diesem renommierten Atelier absolvieren zu können.

„Eine Mitarbeiterin von Frau Höhler hat angerufen. Die Kundin hat keine Zeit mehr, ihre beiden Kleider abzuholen. Sie wird sofort zum Schiff fahren und möchte, dass wir ihr die beiden Modelle dorthin bringen.“ Sie holte keuchend Luft. „Das hat die Sekretärin vergessen, uns vorgestern schon mitzuteilen.“ Sie strich sich nervös über das perfekt frisierte Haar. „Nun ja, noch ist es ja nicht zu spät, wir können den Fehler dieser Person zum Glück noch ausbügeln.“

„Kein Problem. Mit welchem Schiff fährt sie?“ Julia zog sich schon den leichten Kittel, den sie stets bei der Arbeit trug, aus und hängte ihn über einen der vielen Haken.

„Mit der Europa. Wo dieser Luxusliner liegt, weiß ich allerdings nicht. Sie müssen sich danach erkundigen.“

„Kein Problem.“ Julia war in Hamburg aufgewachsen, ihr Vater und Großvater waren beides Seeleute gewesen, ihr Bruder fuhr als Kapitän auf einem Kreuzfahrtschiff. Sie wusste also genau, wo sie die Europa zu suchen hatte.

Eine halbe Stunde später befand sich das Taxi, das ihre Chefin für Julia geordert hatte, auf dem weitläufigen Hafengelände. Es herrschte ein reges, geschäftiges Treiben ringsum. Der schneeweiße Luxusliner stach hervor, und Julia entlohnte den Fahrer. Es standen genügend Taxen bereit für ihre Rückfahrt. Jetzt galt es erst einmal, Veronique Höhler ausfindig zu machen.

Veronique war eine beliebte Schauspielerin, die seit zwei Jahren auch sehr erfolgreich als Fernsehmoderatorin fungierte. Und wie man den Klatschspalten diverser Zeitschriften entnehmen konnte, wollte sie die Reise auf der Europa gemeinsam mit ihrem neuen Verehrer, dem Konzernchef Holger Wahlen, unternehmen. Es ging zunächst nach New York, dann an der kanadischen Küste entlang.

Ein kleines Lächeln glitt über Julias Gesicht, als sie sich daran erinnerte, dass man sie schon häufig mit Veronique Höhler verwechselt hatte. Sie war ebenso blond wie die prominente Fernsehgröße, fast genauso groß - doch leider, wenigstens in ihren eigenen Augen, lange nicht so schön. Veronique besaß ein ebenmäßiges Gesicht mit hohen Wangenknochen und strahlend blauen Augen. Ihr Mund war üppig, die blonde Haarmähne immer von einem exzellenten Haarkünstler gestylt.

Julia trug ihr Haar heute im Nacken zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden. Ihre Augen hatten das dunkle Blau der ersten Veilchen, und ihre Wangen waren in ihren Augen noch beinahe kindlich rund. Allerdings war sie die Einzige, die sich so sah, alle anderen fanden ihr Gesicht wunderschön.

Als sie einen jüngeren Mann entdeckte, der gerade die Gangway hoch gehen wollte, hielt sie ihn mit einem kurzen Ruf auf.

„Bitte, können Sie mir helfen? Ich muss zur Kabine von Frau Höhler... oder zumindest aufs Schiff, damit ich dieses Paket hier für die Dame abgeben kann.“

„Tut mir leid, ich werde im Maschinenraum arbeiten.“ Der junge Mann grinste. „Von den Passagieren hab ich keine Ahnung. Wenden Sie sich an den Zahlmeister, der kann Ihnen weiterhelfen.“

„Entschuldigen Sie, wenn ich unterbreche.“ Ein großer, gut aussehender Mann trat auf Julia zu. Er kam vom Schiff und hielt sie jetzt auf den beiden unteren Stufen der Gangway auf. „Sie suchen Veronique Höhler?“

„Ganz recht. Ich komme vom Modehaus „Fair Lady“ und soll diese bestellten Kleider abliefern.“

„Tja, das wird schwierig.“ Der Mann zuckte mit den Schultern. „Ich hab Veronique auch gesucht. Leider vergeblich. Sie wird die Reise nicht antreten.“

„Aber meine Chefin sagte mir doch...“

„Vergessen Sie’s.“ Der Mann machte eine wegwerfende Handbewegung. „Alles, was vor zwei Stunden noch Gültigkeit hatte, ist vergessen. Unwichtig geworden.“ Bitterkeit schwang in seiner Stimmer mit, und eine kleine steile Falte erschien auf seiner gebräunten Stirn.

„Würden Sie mir erklären, was Sie meinen?“ Julia sah zu ihm auf. Er war fast einen ganzen Kopf größer als sie. „Ich muss schließlich im Geschäft eine logische Erklärung dafür abgeben, warum ich die Kleider nicht abliefern konnte.“

Der Mann zögerte einen Moment, doch dann belebten sich seine Gesichtszüge, er griff nach Julias Arm und sah sie eindringlich an.

„Sie sind hoffentlich flexibel“, meinte er.

„Im Grunde ja.“ Julia umklammerte den großen Karton noch etwas fester. „Warum?“

„Na, ich denke, Sie brauchen gar keine Erklärung abzugeben. Und ich auch nicht.“

„Sie sprechen in Rätseln. Tut mir leid, aber ich muss jetzt weiter.“ Sie wollte sich aus seinem Griff befreien, doch er hielt sie fest.

„Bitte, Sie würden mir einen riesigen Gefallen tun. Kommen Sie mit aufs Schiff. Ich brauche Ersatz für Veronique.“

„Sie spinnen.“ Julia riss sich los.

„Bitte!“ Mit einem Satz war er auf der Erde und stellte sich ihr in den Weg. „Ich bin Holger Wahlen, und alle Welt erwartet, dass ich mit Veronique verreise. Sie ahnen nicht, was die Presse für einen Zirkus machen wird, wenn sie von unserer Trennung erfährt.“ Er biss sich auf die Lippen. „Und meinem Onkel würde es das Herz brechen. Er weiß, dass er nicht mehr lange zu leben hat und hofft sehnlichst, dass ich vor seinem Tod noch die Frau fürs Leben finde.“

„Und ich soll diese Schmierenkomödie mitmachen?“ Julia schüttelte den Kopf, so dass der Pferdeschwanz hin und her flog. „Das ist ein ebenso billiger wie schlechter Scherz. Nicht mal in einer drittklassigen Komödie würde so etwas funktionieren.“

„Ich bitte Sie! Die Reise ist wunderschön, und ich verspreche, dass ich Sie in keiner Weise belästigen werde. Nur eins sollten Sie bitte tun: mich begleiten.“

Während er das so eindringlich sagte, sah er sie so flehend an, dass Julia schwankend wurde. Ihr Herz klopfte einen Takt schneller, denn genau wie Holger sah der Mann aus, von dem sie insgeheim immer geträumt hatte. Groß, dunkelhaarig, mit weltmännischem Benehmen und einem charmanten Lächeln.

Aber das hier war kein Traum, sondern Wirklichkeit. Vor ihr stand ihr Traummann und bat sie um Hilfe. Es war, zugegeben, alles etwas verrückt, und die Wirklichkeit war extrem bizarr, wie ihr gleich darauf klar wurde. Da sagte nämlich der Traumtyp, den Veronique Höhler versetzt hatte: „Begleiten Sie mich aufs Schiff, kommen Sie mit auf diese Reise. Sie würden mir damit einen Riesengefallen tun.“

Romanpaket Spezial 8/2021: Die mitreißendsten Liebesromane im August 2021

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