Читать книгу ... und dann geschah es - Sanne Prag - Страница 7

VORMITTAG, WOCHEN SPÄTER

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Esther fragte sich gerade, ob sie wirklich in den Jahren alt geworden war. Vielleicht wurde sie tatsächlich eine frustrierte und eremitische alte Jungfrau? Die Vergangenheit kroch ihr gerade nach, zeigte sich wie ein schleimiges Gespenst auf Rachetour. Gottes Mühlen waren ganz langsam unterwegs, aber sie holten sie dennoch ein. Natürlich hatte sie immer das Beste gemeint, aber das sagen sie alle.

Vor ihr saß Gottes Strafe. Strafe für welche Vergehen? Für alle. Für jedes einzelne.

Da sprach ihr Gegenüber mit einschmeichelnder Stimme: „Nun ja, ein bisschen überreif bist du schließlich schon, es war schon wichtig, dass du dich hierher flüchtest in ein ruhiges Leben. Du warst immer der reife Typ. Es wäre vielleicht auch wichtig, dass du dich um einen Mann umsiehst.“

„……und sei er noch so schäbig“ vollendete Esther tapfer und voll Widerstand. Nein! Sie lief jetzt nicht zum nächsten Spiegel. Heute früh war es noch nicht so schlimm. Nur ein ganz kleines Viertelstündchen Pause mit einem Spiegel und einer Antifaltencreme. Und alles wäre wieder im Lot. Ihr fiel der schwarze Schnurrbart ein, den sie immer wieder harzen musste, und der kleine braune Fleck, der nach einem Sonnenbrand geblieben war.

Gerade da vernahm sie laut und deutlich die Worte „Warum du diese scheußlichen Vorhänge da hingehängt hast, ist mir ein Rätsel“. Die Stimme war in dem Moment nicht schmeichelnd. Eher scharf ging es weiter. „Gottseidank habe ich Zeit, ich werde mich um das hier kümmern“, meinte Tante Tina - Christina - entschlossen. „So ein großes Haus muss richtig geführt werden“, sagte sie abschließend und endgültig. Esther war starr vor Schreck. Sie hatte angenommen, das wäre ein Tagesbesuch. Die Panik krallte sich in ihr Herz. Was sollte sie tun??

Vielleicht hatte der kürzlich überstandene Schock, die Begegnung mit dem Tod sie mehr mitgenommen, als sie dachte. Ihre praktischen Fähigkeiten waren lahm gelegt, hatten sie verlassen, waren einfach weg. Sie verharrte im peinlichen Moment und war absolut hilflos. Ihr Körper war zugeschnürt, nicht das kleinste Wörtchen konnte über ihre Lippen piepsen und sie spürte, wie Abschiedsschmerz auf ihren Rücken kroch. Denn gestern noch hatte sie mit Ida glücklich festgestellt, dass es in ihrer Wiese hinter dem Haus Heuschrecken gab. Eine glückliche Wiese, zwei glückliche Kinder – aus der Traum?

Die Stimme neben ihr plante weiter. „Natürlich muss ich gutes Personal einstellen und den überflüssigen Mist hinauswerfen. Der Garten schaut schrecklich aus“, stellte Tante Tina fest, die dritte Schwester. Esthers Mutter war die älteste gewesen und Tante Ida war die Jüngste, und sie, die da vor Esther saß, war die Mittlere. Und sie wollte einziehen, sie wollte sich einfach einnisten und das Glück kaputt machen.



... und dann geschah es

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