Читать книгу ... und dann geschah es - Sanne Prag - Страница 9

AM NÄCHSTEN TAG

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Tante Tina hielt Einzug. Sie war da und vorbei war es mit dem Frieden. Was vorher ein angenehmes Miteinander war, wo jeder tat und ließ, was ihm passte, wurde zum Hindernisrennen. Ausweichen, vermeiden, höflich ablehnen. Was in ihre eifrigen Finger kam, nahm Tante Tina in die Hand. Sie korrigierte und verbesserte, wahrscheinlich mit bestem Willen und trotzdem unerträglich. Ida verschwand zunehmend in der Landschaft. Und Esther war hilflos, sie war Sekretärin, konnte nichts durchsetzen. Keine Lösung in Sicht.

Esther überlegte laut, als sie mit Ida in der warmen Wiese saß, die Tante Tina noch nicht erobert hatte. „Wenn wir Ezra und die ganze Studentenpartie einladen,… Ein Fest, sagen wir zum Abschluss der Arbeiten in der Wohnung, ein richtiges Fest, mit möglichst vielen und so als Urlaub einige Wochen. Laut, mit Musik bis spät in die Nacht. Vielleicht geht sie dann von allein.“

„Ezra soll Wolfgang mitbringen.“

„Wolfgang?“

„Er hat so schöne schwarze Haare am Rücken.“

Schwarze Haare am Rücken? Was für eine Beziehung hatte Ida zu Wolfgang? Esther hatte Wolfgang zwar sympathisch gefunden, aber seine kleinen Eigenheiten machten bei Freunden Probleme. Wo Wolfgang war, kamen Sachen abhanden. Nur in diesem Fall konnte man das vielleicht als Segen einsetzen. Wenn einmal da und dort etwas wegkam, war das doch für Tina vielleicht ein Grund, wieder zu fahren, oder? Auf jeden Fall fiel Esther im Moment keine bessere Lösung ein.

Sie sah besorgt auf Ida. Esther hatte gehofft, dass Ida in dem Haus wachsen würde, Wurzeln schlagen, sich ausbreiten. Das war auch tatsächlich der Fall gewesen, in der Heuschreckenwiese – bis Tante Tina kam. Jetzt aber spürte sie bei Ida einen Schrumpfprozess. Im ständigen Versuch, Tante Tina zu entkommen, machte die nicht mehr die Dinge, die sie machen wollte, probierte nicht mehr aus, was sie probieren wollte. Ein Rückschritt! Ein absoluter Rückschritt. Genau das, was Esther seit Monaten beunruhigt hatte, war wieder da. Sie hatte wahrgenommen, dass Ida immer weniger lebte. Ein langsames Sterben der Seele hatte sie zutiefst erschreckt. Bei lebendem Leibe gestorben, dachte Esther und spürte in den Worten die ganze Gefahr. Ida war in Gefahr, jetzt wieder, nach einer kurzen Phase des Aufblühens.


... und dann geschah es

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