Читать книгу ... und dann geschah es - Sanne Prag - Страница 8

SPÄTER VORMITTAG

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Esther hatte es geschafft, Tante Tina mit rauer Stimme ein Getränk anzubieten, und eilte in den Garten, Ida suchen. Sie konnte nicht rufen, das hätte vielleicht den Feind aus dem Haus geholt. Nicht, dass Ida eine Entscheidung treffen würde. Ida hatte Wünsche, aber Entscheidungen waren ihr fern. Sie war immer bereit, Esther alles zu überlassen. Aber sie, Esther, konnte nicht Tante Tina aus Idas Haus entfernen. Sie war hier Sekretärin und brauchte Berechtigungen. Es war zu erwarten, dass bei dem Gespräch mit Ida gar nichts herauskam, dass die so schnell wie möglich davonwollte, aber dann hatte sie es ihr immerhin mitgeteilt. Hatte Ida einbezogen, auch wenn sie den Drachen alleine bekämpfen musste.

„Ida!“, zischte sie ins Gebüsch, wo Ida gestern geschlafen hatte. Nein, leer. Im alten Stadel gab es einen Haufen Heu, den Ida so liebte. Sie ging außen um den Hof, damit sie nicht vom Zimmer gesehen wurde, und hörte, dass Tante Tina die Fenster öffnete. Die machten ein eigenes Geräusch.

Ida saß am alten Heuboden schaute über die Wiese und ließ die Beine baumeln. Sie lächelte, als sie Esther sah. „Das hier ist ein Zauberhaus. Hier gibt es Geister die lieben“, meinte sie von oben herab.

Esther bereitete es fast körperliche Schmerzen, Ida aus dem Zustand herauszuholen. Es war eine Gemeinheit, so etwas war verboten, aber was sollte sie tun.

„Ida, es ist ein Malheur passiert“, fing sie vorsichtig an.

„Will dich dein Chef zurück?“, fragte Ida entsetzt.

„Nein, viel schlimmer.“ Ida hatte sichtlich keine Idee, was schlimmer sein konnte.

„Tante Tina ist da.“

Ida dachte kurz nach. „Du könntest sagen, ich musste Vorhänge einkaufen und dann übernachte ich in Wien. Ja?“

„Das löst das Problem nicht. Sie will bleiben.“ Grabesstille. Ida schien das Ganze nicht gleich zu erfassen. Sie sah Esther mit schreckgeweiteten Augen an. Dann sagte sie ganz leise: „Das geht nicht.“

„Wir können aber nicht gut sagen, dass kein Platz ist.“

„Wieso weiß sie von dem Haus?“

„Hat wahrscheinlich in der Wohnung gefragt, und Ezra kennt sie ja nicht gut. Ich denke, man muss schon irgendetwas sagen. Man kann doch eine alte Dame nicht einfach stehen lassen oder rausschmeißen – ohne Erklärung.“

Ida sah wirklich beunruhigt aus. Sie begann, schusselig Sachen hin und her zu legen. Panische Blicke. Esther kannte das bei ihr. Sie hatte das früher oft bei ihr gesehen. Esther brach es fast das Herz. Das absolute Notlaufprogramm. „Ich werde versuchen, das für dich zu regeln. Aber ich muss das mit dir besprechen. Es ist dein Haus.“

Ida richtete sich auf. Sie kletterte vom Dachboden. Mit fest zusammengepressten Zähnen sagte sie: „Wo ist sie?“

„Im Zimmer. Ich habe sie ja nicht in die Küche setzen können“, meinte Esther verteidigend.

Die alte Dame saß ganz gemütlich im großen Sessel, hatte sich einen Schemel geholt und die Beine hochgelegt. Als die Türe aufging, meinte sie: „Habt ihr denn da kein wirklich kaltes Wasser, ich vertrage die Hitze so schlecht.“ Es fühlte sich tatsächlich erstaunlich warm im Zimmer an. Sonst war das Haus immer eisig. Im Ort nannten sie es das Eishaus. Aber heute war es in dem Raum wirklich sehr warm.

Da sah sie ihre andere Nichte. „Ah Ida, mein armes Kind.“ Sie wollte sie in die Arme schließen, aber die Eine schwitzte, die Andere war unwillig, und so gelang die Umarmung nicht.

„Warum, Tante Tina, möchtest du hier wohnen?“ Esther spürte, wie sich Idas Magen wölbte, als sie dem Stier an die Hörner ging.

„Nun, es ist doch selbstverständlich, dass ich mich um euch kümmere“, meinte der unerwünschte Besuch.

„Aber du hast doch deine schöne Wohnung.“

Ida schien sie in die Enge zu treiben. Esther war verblüfft.

„Ich versteh dich nicht, natürlich komme ich hierher.“

„Wieso natürlich?“ Idas Widerstand war jetzt deutlich, und Tante Tina konnte beim besten Willen nicht mehr so tun, als ob sie nichts bemerkt hätte.

„Nun, schließlich ist das auch mein Haus.“ Esther fand die Diskussion zermürbend. Wieso ihr Haus?

„Es ist kein Familiensitz. Wir sind keine Grafen“, meinte Ida still.

Da richtete sich die alte Dame auf. Sie war sehr böse. „Dieses Haus ist eigentlich mein Haus. Es gehört rechtmäßig mir. Ich war Aarons Verlobte, ich sollte ihn heiraten, als meine Schwester Ida kam und ihn mir wegnahm. Dank einer Gemeinheit und Dank eines Diebstahls sitzt ihr jetzt hier im Schloss und ich soll draußen an der Türe demütig pochen!“ Sie rauchte vor Zorn. Die Bilder der Vergangenheit schienen wie Doping zu wirken. Ida drehte sich wortlos am Absatz um und ging hinaus. Esther folgte.

„Was tun wir?“ fragte Esther. „Weiß nicht.“ Ida war wieder in der alten Rolle.

„Ich kann sie in deinem Namen rausschmeißen?“

„Das mit Vater stimmt. Ich weiß, dass es stimmt.“

„Ist das ein Argument, sich einzuladen?“

„Nicht wirklich, nein. Vielleicht hilft uns der aus dem ersten Stock?“

„Wer?“

„Wir wohnen hier ja nicht allein“, meinte Ida. Aber mehr wollte sie nicht erklären. Ida hatte, so schien es, Kontakt mit mystischen Wesen, die ihr Haus bevölkerten.



... und dann geschah es

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