Читать книгу Eagles - Sebastian Jaschke - Страница 10
Kapitel 6
ОглавлениеEs klingelt. Herr Winter beendet die Stunde durch sein Hinauseilen. Er wird nach genau fünf Minuten wieder bei uns sein.
Ich beobachte interessiert das Treiben, was bei uns in der Klasse vor sich geht, sollten wir kleine Pause haben. Ich sehe, Frederic hat im Mülleimer ein noch verpacktes Pausenbrot gefunden. Ich denke mir nichts dabei, als er beginnt es durch die Klasse zu werfen. Aus der hinteren Ecke ertönt Geschrei. Das Brot ist durch ein Fenster in der Ecke gestoppt worden und fällt anschließend mit einem Platschen zu Boden. Peter läuft hin, hebt es auf und wirft es zurück. Es benötigt keinen Wahrsager, um zu wissen, dass dies die komplette Pause weitergehen wird. In der ‚Mädchen-Ecke’ höre ich, wie sie wieder lästern, wahrscheinlich auch über mich.
So richtig wohl fühle ich mich in dieser Klasse nicht. Ich bin froh, wenn ich dieses letzte Jahr hinter mir habe.
Manchmal wünsche ich mir, die kleinen Pausen würden abgeschafft werden. Wahrscheinlich bin ich einfach zu reif für mein Alter. Mir geht es stellenweise gehörig gegen den Strich, was manche meiner Klassenkameraden unter ‚Spaß’ verstehen. Wahrscheinlich habe ich deswegen eine leichte Außenseiterposition. Ich habe zudem keine wirklichen Freunde auf dieser Schule, dies stört mich aber nicht wirklich.
Es klingelt und pünktlich wie immer steht Herr Winter wieder auf der Matte. Er schließt die Tür und setzt sich an das Lehrerpult.
Er beginnt die Stunde mit einer Frage: „Who is interested in Politics?“
Erst die ernüchternde Klassenarbeit und nun ein so schweres, staubtrockenes und, Verzeihung, langweiliges Thema wie Politik? Das kann nichts werden! Ich denke mir nichts dabei, als nur drei, vier vereinzelte Hände nach oben gehen.
„Nicht alle auf einmal!“
Alex' Stimme erklingt aus der hinteren Reihe. Er war und ist jemand, der zu allem und jedem seinen Senf dazugibt. Ich schüttele leicht mit dem Kopf und schaue die Wand über der Tafel an. Ich lege mir eine Antwort zurecht, für den unwahrscheinlichen Fall, dass Herr Winter mich bittet etwas zu sagen.
Während ich dasitze und überlege, kommt mir ein Gespräch in den Sinn, welches ich letzte Woche mit einem Physik-Professor aus Harvard geführt habe. Dieser Professor ist der Bruder eines Englischen-SAS, welcher seit zwei Jahren bei uns ist. Der gesamte Einsatz wurde in der Eagle-Fallakte ‚Stonehenge’ festgehalten. In dem Gespräch, welches wir geführt haben, sprachen wir darüber, ob es möglich ist etwas zu beamen. Er stritt es strikt ab, ich sprach mich klar dafür aus. Die Abteilung der Physiker in der Eagle-Zukunftsforschung hat es bereits geschafft komplette Fahrzeuge von einem Ort zu einem anderen zu teleportieren. Als wir uns nach mehrstündiger Diskussion nicht einigen konnten, habe ich ihn kurzerhand in das Forschungszentrum eingeladen. Nachdem ihm die Kinnlade auf die Füße gefallen ist, bekleidet er nun einen leitenden Posten in der Physik-Abteilung der Forschungseinrichtung.
Ich schaue auf die Uhr und sehe, dass es noch ein bisschen hin ist bis es schellt. Also ist noch genug Zeit, um ein wenig über die Forschungsabteilung zu plaudern.
In der Forschungsabteilung beforschen wir jedes Themengebiet, welches militärisch wichtig und interessant ist. Zudem beforschen wir, in nicht zu unterschätzendem Rahmen, in wie weit die Forschungsergebnisse im zivilen Sektor Anwendung finden können. Wir sind inoffizielle Vorreiter in der medizinischen Forschung. Ein weiteres Forschungsgebiet ist die Bekämpfung von Hungersnöten. Nur am Rande, die Mondlandung wäre ohne die Forschungen der Eagles nicht möglich gewesen. Wenn ich an dieser Stelle alle Forschungsgebiete aufzuzählen wollte, würde ich noch heute Abend hier sitzen. Aber ich kann versichern, dass genauso viel Zeit und Geld in den Zivilen-Forschungssektor gesteckt wird, wie in den militärischen. Wir sind schließlich eine Organisation, die im Dienste der gesamten Menschheit steht.
Kurz ein Wort zur Gründung der Eagles. Offiziell wurden die Eagles am 01.06.1950 gegründet. Drei Jahre nach der Beantwortung der Frage, ob wir allein im Universum wären. Mit dem Absturz des Ufos in Roswell, hatte man erkannt, dass es womöglich von Nutzen wäre, eine Organisation zu haben, welche die Menschen vor einer außerirdischen Invasion schützen kann. Diese Invasion ist bis jetzt, zum Glück, noch nicht eingetreten. Wobei ich einschieben muss, dass ich mir nicht sicher bin, ob wir wirklich in der Lage wären, eine außerirdische Invasion abzuwehren, da wir nur ein Kontingent von knapp fünftausend Soldaten zur Verfügung haben. Ursprünglich sollten wir von einem einzigen Staat gegründet werden. Allerdings hatte eine nicht zu unterschätzende Anzahl an Regierungen Einwände gegen dieses Vorhaben. Die Ereignisse des Krieges waren noch zu frisch. So entschloss man sich, wenn auch gegen den Willen Einzelner, eine internationale, politisch unabhängige, militärische Organisation zu gründen. Hauptsächlich waren es drei der vier Siegermächte. Da Deutschland zu diesem Zeitpunkt noch besetzt war, rutschten die Deutschen, gezwungenermaßen denn wirklich gewollt, in die Rolle des vierten Gründungsstaates. Die berühmte Area 51 ist der Ort, an welchem die Gründungsurkunde unterzeichnet wurde.
Durch das ganze Philosophieren über die Gründungsgeschichte der Eagles, habe ich gar nicht gemerkt, wie weit die Zeit voran geschritten ist. Es sind nur noch sieben Minuten bis zum Schellen. Da ich gleich in Mathe wahrscheinlich keine Zeit mehr haben werde um zu telefonieren, schreibe ich schnell unter dem Tisch eine SMS an Pascal: „Hast du schon etwas von unseren Agenten gehört?“
Ich lasse die letzten Minuten Englisch über mich ergehen. Man merkt, dass Herr Winter von unserer Einstellung angefressen ist. Als Belohnung für unsere Mühen, gibt er uns eine saftige Hausaufgabe auf.
Die Klingel erlöst uns von dem Übel namens Englisch, nur um uns noch eine kurze Schonfrist bis zum nächsten Übel zu geben.