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Kapitel 9

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„Polizei! Die Waffe runter!“

Ich höre, wie hinter mir mehrere SEK-Beamte in kompletter Montur die Treppe nach oben und in den Raum stürmen. Ich kann spüren, wie sie ihre Gewehrläufe auf meinen Rücken richten.

„Ich wiederhole mich ungern. Die Waffe runter und auf den Boden legen.“

Um die Beamten nicht zu provozieren, sichere ich die Waffe, lege sie auf den Boden und mich auf den Bauch daneben. Kurze Zeit später werden die mir die Arme auf den Rücken gedreht. Ich kann den kalten Stahl der Handschellen an meinen Handgelenken spüren. Das Geräusch, mit dem sie einrasten, lässt mir einen kalten Schauer über den Rücken laufen. Da man es gewohnt ist, am oberen Ende der Befehlskette zu stehen, ist es ein komisches Gefühl, plötzlich vor der falschen Seite des Gewehres zu stehen. Nachdem mir die Hände gefesselt wurden, werde ich etwas unsanft vom Boden hoch gezehrt und mit einer Eskorte durch das Schulgebäude nach draußen geführt.

Als wir aus dem Haupteingang heraustreten, verschaffe ich mir einen Überblick über das Aufgebot an Rettungskräften. Auf dem Schulhof, sowie auf der Straße, die zur Schule führt, stehen circa sieben bis acht Rettungswagen. Es wuseln mindestens zwanzig Rettungssanitäter und bestimmt vier bis fünf Notärzte durch das Gedrängel an Schülern und Lehrern. Daneben befindet sich eine nicht zu unterschätzende Anzahl an Polizisten auf dem Gelände.

Ich werde quer über den Platz, zu einem Streifenwagen geführt und darf auf der hinteren Sitzbank Platz nehmen. Ich bin mir sicher, dass es einige verwunderte Blicke gab, als man mich zum Wagen geführt hat. Als ich mich gesetzt habe wird die Tür geschlossen und kurze Zeit später steigen zwei Uniformierte zu mir ins Auto. Einer setzt sich hinten neben mich, der andere auf den Fahrersitz. Er startet den Motor und fährt langsam an. Es dauert etwas, bis er sich durch die Massen an Mensch und Material zur Straße vorgekämpft hat. Danach geht es in zügiger Fahrt zum Polizeirevier.

Im Polizeirevier angekommen werde ich aus dem Wagen in einen Verhörraum geführt. Dort nimmt man mir die Handfesseln ab.

„Bitte setzen Sie sich.“

Ich setze mich auf den mir angebotenen Stuhl an der Längsseite eines Stahltisches. Mir gegenüber sitzt ein Beamter in Zivil, vor sich Stift und Papier. Zwei weitere uniformierte Polizisten stehen hinter mir und sichern den Raum.

„Ich glaube, Sie wissen warum Sie hier sind.“

„Nein, tut mir leid. Es wäre sehr freundlich von Ihnen, wenn Sie mich aufklären würden. Obwohl ich es vorziehe, dass wir uns erst einmal vorstellen.“

„Das brauchen wir nicht mehr, Ihre Geldbörse hat uns, dank dem in ihr enthaltenen Ausweis, bereits alles Wichtige für die erkennungsdienstliche Arbeit verraten. Aber mich würde trotzdem brennend interessieren warum, Sie das getan haben.“

„Ich glaube wir verstehen uns beide gerade etwas falsch. So wie es momentan aussieht, halten Sie mich für den Amokschützen. Stimmt doch, oder?“

„Wie sind Sie es etwa nicht? Warum haben meine Kollegen Sie dann mit einer Schusswaffe in der Hand festgenommen?“, die Ironie in seiner Stimme ist nicht zu überhören.

„Wenn ich das kurz erklären dürfte.“

„Na, da bin ich aber mal gespannt.“, anscheinend hält er das alles für ein Spiel.

Ich erzähle dem Beamten die gesamte Geschichte, von Anfang an. Da er sich nichts anmerken lässt, kann ich nicht erkennen, ob er mir glaubt oder er meine Geschichte einfach nur für ein Märchen hält.

„Falls Sie mir nicht glauben, dann fragen Sie meine Mitschüler und Herr Laubinger.“

„Falls Ihre Geschichte stimmt, dann werden mir Ihre Mitschüler wohl eine ähnliche Geschichte erzählen. Dann nennen Sie mir die Namen und ich werde das überprüfen lassen.“

Ich nenne ihm die Namen. Einmal von einigen meiner Klassenkameraden und den Namen der Lehrkraft, die ich in den Klassenraum getroffen habe, in dem ich den ersten Amokschütze ausgeschaltet habe. Der Beamte notiert sich die Namen auf einem Zettel. Diesen reicht er einem der Uniformierten, woraufhin dieser den Raum verlässt.

„Mal angenommen ich glaube Ihnen, dann hätten wir aber immer noch die Tatsache, dass Sie faktisch einen Mord begangen haben.“

„Ich glaube, da kann ich ganz klar auf Notwehr plädieren.“

„Da warten wir zuerst die Aussagen Ihrer Mitschüler ab.“

Damit ist das Gespräch fürs Erste beendet. Circa fünfzehn Minuten später klopft es an der Tür.

„Herein!“

Die Tür wird geöffnet und der Polizist betritt den Raum.

„Hier sind die Aussagen der beteiligten Schüler, haben wir gerade frisch rein bekommen. Entschuldigen Sie die Qualität, es musste schnell gehen.“

„Danke.“

Der Beamte legt einen ungefähr eineinhalb Zentimeter dicken Schnellhefter auf den Tisch und nimmt anschließend seinen Posten wieder ein.

„Na dann wollen wir mal sehen, was Ihre Mitschüler so berichten.“

„Darf ich noch eine kurze Anmerkung machen, bevor Sie anfangen zu lesen?“, ich blicke ihn an und er nickt mir kurz zu.

„Ich fände es sehr freundlich, wenn mir einer Ihrer Kollegen meine Schultasche vorbeibringen könnte.“

Er schaut mich kurz an, steht auf, geht zur Tür, ruft nach einem Kollegen und bespricht sich kurz mit ihm. Er schließt die Tür und setzt sich wieder auf seinen Stuhl.

„Ich habe keine Ahnung, warum ich Ihnen diesen Gefallen tue. So lange wie der Kollege unterwegs ist, werde ich mal einen Blick in die Aussagen werfen.“

Er legt sich die Mappe zurecht und beginnt zu blättern. So wie ich das sehe sucht er sich zuerst die Aussagen der Schüler raus, deren Namen ich ihm genannt habe. Ich beobachte ihn, wie er stillschweigend in dem Ordner blättert, stellenweise kurz innehält und liest. Ab und an zieht er die Stirn kraus, dann blättert er weiter. Er braucht ungefähr eine halbe Stunde. Als er geendet hat, blickt er auf und mich direkt an, ich erwidere seinen Blick und warte darauf, dass er zu sprechen beginnt.

„So wie es aussieht, Herr Biedermann, stimmt Ihre kleine Geschichte.“

Er schlägt die Mappe zu, richtet sie gerade vor sich aus, parallel zur Tischkante, faltet seine Hände und legt sie auf die Mappe.

„Allerdings werfen wir Ihnen trotzdem weiterhin schwere Körperverletzung und Mord bzw. Totschlag vor.“

„Also ich für meinen Teil sehe beides als Notwehr an.“, während ich das sage lehne ich mich in einem Stuhl zurück und sehe ihn herausfordernd an.

„Angenommen ich lasse mich auf das Spiel ein. Das Tötungsdelikt könnte man unter Notwehr fallen lassen, aber was Sie bei dem ersten Täter abgezogen haben, würde ich eher als tätlichen Angriff wahrnehmen, da Sie genug Möglichkeiten gehabt hätten, sich in Sicherheit zu bringen. … Irgendwie wirken Sie mir ein bisschen zu relaxt, auf die Vorwürfe.“

„Dies hat einen triftigen Grund. Lassen Sie uns auf meine Tasche warten, dann sollte sich alles aufklären.“

Der Beamte sieht mich misstrauisch an, während er redet: „Na, da bin ich mal gespannt, was das für Gründe sind.“

Es klopft erneut. Die Tür öffnet sich und ein weiterer Beamter steckt seinen Kopf durch den Spalt zwischen Zarge und Türblatt.

„Ich habe hier den gewünschten Rucksack.“

„Ist gut, legen Sie ihn hier auf den Tisch.“

Gesagt, getan. Der Polizist betritt den Raum, legt meinen Rucksack auf den Tisch und verlässt wortlos das Zimmer. Die Tür fällt hinter ihm ins Schloss.

„Nun zeigen Sie mir, wie Sie sich, mithilfe Ihres Schulranzens, aus dieser misslichen Lage befreien wollen.“, er grinst mich höhnisch an, in dem Wissen, dass ich Schachmatt bin.

„Moment, ich zeige es Ihnen.“

Hochmut kommt vor dem Fall, mein Lieber.

Ich ziehe den Rucksack auf meine Seite des Tisches, öffne das vorderstes Fach und greife hinein. Neben meiner Federmappe finde ich dort meine Geldbörse, Handy, Taschenrechner, Zirkel, ein paar verstreute Stifte und meinen Eagle-Ausweis.

„Hier bitte.“

Ich reiche den Ausweis über den Tisch. Der Polizist nimmt ihn entgegen und öffnet das kleine Lederetui. Er schaut sich das amtliche Dokument an und wird auf einmal sehr blass.

Kurzer Exkurs bezüglich des Ausweises. Von außen betrachtet ist es ein kleines Lederetui von der Größe acht mal dreizehn Zentimeter. Wenn man es aufklappt, stößt man zuvorderst auf die Marke. Es ist das Wappen, welches jeder Eagle-Angehörige als Tattoo trägt, ausgeformt in Metall und vergoldet. Man kann es sich wie die Marken amerikanischer Polizisten vorstellen. Auf der gegenüberliegenden Seite befindet sich, hinter einer durchsichtigen Schutzfolie aus Kunststoff, der eigentlich Ausweis. Dieser Ausweis hat die Größe einer normalen EC-Karte. Auf dem Ausweis sind Name, Geburtsdatum und Größe vermerkt. Des Weiteren der militärische Rang, bei mir steht dort „General/FEC“, die Sicherheitsfreigabe, ich beinhalte die Freigabe A++, sowie das Ablaufdatum, bei mir noch ein gutes Jahr hin. FEC steht im Übrigen für „First-Eagle-Commander“. Die Sicherheitsfreigabe gliedert sich von E bis A++. Der Ausweis muss alle drei Jahre erneuert werden. Zu guter Letzt findet der aufmerksame Betrachter ein Foto, von der jeweiligen beschriebenen Person auf dem Dokument vor. Schlägt man die Seite mit dem Ausweis um, kommt man in den hinteren Teil des Etuis. Dort befinden sich zwei weitere Steckfächer, welche mit der durchsichtigen Kunststofffolie beplankt sind. In dem Fach auf der Rückseite des Ausweises steckt die militärische Waffenbesitzkarte. Sie hat die gleiche Größe wie der Ausweis. Auf ihr befinden sich ebenfalls Name, Bild, Geburtsdatum und die Freigabe, welche Waffe der Besitzer führen darf. Unterschieden wird zwischen Handfeuerwaffen, darunter fallen Sturmgewehre, Präzisionsgewehre sowie Pistolen und alle weiteren Gewehrtypen, Sprengstoffe-Einfach, Granaten jedweder Art, Sprengstoffe-Gefährlich, jedweder Sprengstoff der als besonders gefährlich eingestuft wird, und alles explosive, was größer ist als eine normale Granate. Des Weiteren gibt es die Klasse der schweren Waffen, dazu zählen Mörser, Panzerabwehrwaffen und eigentlich alles was einen weiteren Mann erforderlich macht. Als fünftes Element gibt es die Klasse der bewaffneten Fahrzeuge. Diese Unterteilung ist wichtig, da wir hoch entwickelte und komplexe Waffensysteme einsetzen, die spezielle Schulungen notwendig machen. Ohne die Schulungen ist es einem Soldaten nicht gestattet Waffen zu führen, die nicht unter die ihm erlaubten Klassen fallen. Diese Schulungen bzw. Lehrgänge können von jedem Eagle-Mitglied kostenfrei durchgeführt werden. Außerdem ist dort vermerkt, ob der Besitzer die Waffen nur im Dienst oder auch privat führen darf. Bei der gesamten Kämpfenden Eagle-Truppe sind immer beide Felder angekreuzt. Als viertes offizielles Papier findet sich im letzten Fach, der sogenannte „Freibrief“. Dieses Dokument schützt jeden Eagle-Angehörigen vor sämtlichen Strafverfolgungsbehörden auf diesem Planeten. Offiziell nennt sich dieses Dokument „Dokument zum Schutz des Eigners vor Strafvollzugsmaßnahmen“. Damit wir uns nicht falsch verstehen: Jeder Eagle besitzt zwar diese Erlaubnis, das ist aber keineswegs ein Freibrief oder gar eine Aufforderung Straftaten zu begehen. Im Kleingedruckten dieses Papieres steht, dass sämtliche Anzeigen bzw. generell alle Strafverfahren, bei dem Eagle-Oberkommando, von dem jeweiligen Träger gemeldet werden muss. Dies wird in unregelmäßigen Abständen bei jedem Angehörigen der Eagle-Streitkräfte sorgfältig überprüft. Sollten sich bei einem unserer Soldaten die Verstöße gegen das jeweils geltende Recht häufen, bekommt er eine Einladung zu einem Einzelgespräch mit mir und Robin und das, das kann man mir glauben, will in so einem Fall niemand.

Nachdem der Beamte alle vier amtlich beglaubigten Inhalte angesehen hat, reicht er mir das Etui wortlos zurück. Es dauert einen kurzen Moment bis er sich wieder gefangen hat.

„Sind wir uns nun einig?“, frage ich ihn.

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