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Prolog

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„Gute Nacht, Mama. Gute Nacht, Papa.“

„Gute Nacht, mein Schatz. Schlaf gut.“

Die Kissen sind weich und flauschig, die Decke warm. Ich drehe mich leicht auf die Seite um den Schalter der Nachttischlampe zu erreichen. Ich schalte das Licht aus. Schlagartig wird es dunkel. Ich ziehe mir die Decke bis ans Kinn hoch und schließe die Augen. Ich versuche einzuschlafen, es klappt nicht auf Anhieb. Ich bin etwas aufgeregt. Es ist die Nacht vor meinem sechzehnten Geburtstag. Nach einer Weile versinke ich in das Land der Träume.

Meine Muskeln brennen. Schweiß rinnt mir in die Augen. Der Boden kommt näher und entfernt sich wieder. Ganz automatisch. Ich zähle leise mit, bin bei dreiundsiebzig. Dreiundsiebzig Liegestütze am Stück.

„Runter! Ihr seid erst bei fünfzig ich will einhundert!“, die Stimme des Ausbilders schallt über das Gelände. Einhundert Liegestütze am Stück, das versteht unser Ausbilder als Aufwärmübung. Mir wird langsam schwarz vor Augen, meine Sehstärke schwindet. Die Geräusche dringen nur noch dumpf an mein Ohr. Dann wird alles schwarz.

Das Messer wiegt schwer in meiner Hand. Mein Ausbilder steht mir gegenüber. Ich soll ihn mit dem Messer angreifen. Ich mache es so gut ich kann. Nach drei Jahren als Mitglied der KSK der Bundeswehr und weiteren fünf als Berufssoldat und nochmaligen etlichen Monaten bei dieser Ausbildung habe ich sehr schnelle Reflexe entwickelt. Trotzdem ist mir der Ausbilder immer einen Schritt voraus. Jedem normalen Menschen könnte ich innerhalb von etwa drei Sekunden mit einem Messer mindestens zehn Schnittwunden, über den ganzen Körper verteilt, zufügen.

„Jetzt beweg dich! Ich will, dass ihr am Ende hier steht, wo ich gerade stehe und ihr mich innerhalb von fünf Sekunden auf dem Boden fixiert habt! Ohne Messer, das Messer werde ich dann haben! So wird es gemacht!“, während er das sagt, bringt er mich zu Boden und fixiert mich so, dass ich fast keine Luft mehr bekomme. Ich klopfe mir kurz auf den Oberschenkel. Mein Ausbilder lässt von mir ab. Trotzdem schnürt es mir weiterhin die Luftröhre zu. Ich versuche etwas zu sagen, da stürze ich rücklings in einen tiefschwarzen Abgrund.

Die Geräusche sind ohrenbetäubend laut. Die Schläge auf die Schulter haben mir schon mehrere große blaue Flecke verpasst. Trotzdem ziehe ich den Abzug immer wieder durch. Das G36 erzittert bei jedem Schuss. Wir versuchen im stehen eine einhundert Meter entfernte Zielscheibe in der Form eines Menschen zu durchlöchern. Ich weiß noch, am Anfang meiner militärischen Laufbahn hat vielleicht einer von dreißig Schüssen getroffen, mittlerweile habe ich eine Trefferquote von fast einhundert Prozent erreicht.

„Ich sehe, Sie machen Fortschritte, Herr Biedermann.“, mein Ausbilder klopft mir auf die Schulter. Obwohl er es nur ganz leicht tat, fühlt es sich an, als hätte er mir ein Messer in die Schulter gerammt. Mir wird schlecht vor Schmerzen. Kurz bevor ich mich erbrechen muss, falle ich in ein tiefes schwarzes Loch.

„Denk dran, du hast nur einen Schuss.“

Ich drücke mir das Gewehr, ein Steyr HS.50, gegen die Schulter und schaue konzentriert durch das Zielfernrohr. Es ist Nacht, es regnet und es herrscht starker Wind. Ab und an zuckt ein Blitz über den dunklen Nachthimmel und beleuchtet die unheimliche Szenerie mit einem kurzen Lichtimpuls. Der Donner lässt sich nicht lange bitten und gesellt ebenso hin und wieder zu uns. Wir befinden uns auf einem Flugfeld. Wir liegen an einem Ende der Startbahn. Ungefähr eintausendzweihundert Meter entfernt befindet sich eine Zielscheibe der Größe zehn mal zehn Zentimeter. In deren Mitte befindet sich eine kleine LED. Sie leuchtet schwach aber es reicht aus. Ich bin vollkommen konzentriert. Ich schaue durch das Zielfernrohr und justiere das Fadenkreuz um zwei Klicks nach rechts. Ich beruhige meine Atmung und achte auf meinen Herzschlag. Ich nehme meine Umgebung überdeutlich war. Der Regen, der auf mich einprasselt, fühlt sich an wie kleine Kieselsteine. Ich warte geduldig. In dem Moment, in welchem ich den Donner höre, drücke ich ab. Der Schussknall vermischt sich mit dem Donner. Nach fünfzehn Sekunden ist die LED erloschen. Per Repetierhebel befördere ich die Patronenhülse vom Kaliber .50 aus der Kammer und mache Platz für eine frische Kugel.

„Damit ist deine Ausbildung abgeschlossen.“

‚Endlich! Endlich geschafft!’

Erleichtert lege ich die Stirn auf die Schulterstütze des Gewehrs und schließe die Augen.

Ein monotones Geräusch malträtiert mein Trommelfell. Ich mache die Augen auf und blicke in eine leuchtend helle Leuchtstoffröhre. Das Geräusch kommt von der rechten Seite meines Kopfes. Ich drehe den Kopf und sehe, wie mir jemand ein Tattoo sticht. Als er fertig ist, hält er mir einen Spiegel hin. Ich betrachte das Tattoo auf meinem rechten Oberarm. Es ist ein dicker roter Kreis. Dieser Kreis enthält in Gold die Buchstaben E, A, G, L, E und S. Da mir nicht zu unterschätzende Englischkenntnisse zur Verfügung stehen, erkenne ich das Wort ‚Eagles’, auf Deutsch ‚Adler’. Dieser besagte Adler befindet sich in der Mitte des Kreises. Obwohl kein richtiger Adler, sondern nur ein Adlerkopf. Der Kopf eines Weiß-Kopf-Seeadlers. Zu guter Letzt befinden sich oberhalb des Tattoos fünf eintätowierte Sterne. Ich stehe von der Liege auf und blicke in ein mir komplett fremdes Gesicht. Komischerweise kenne ich den Namen dieses Gesichtes, Robin Dorselmann, und weiß, dass wir ein unerschütterliches Vertrauensverhältnis haben. Ein Verhältnis, welches es kein zweites Mal auf der Welt gibt. Als ich durch die Tür des Raumes gehe, trete ich ins Leere. Ich versuche mich noch festzuhalten, aber es funktioniert nicht. Ich falle in eine unendliche Schwärze.

Eagles

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