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In Passivität versinken

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„Die Gefahr, im Ruhestand in Passivität zu versinken, ist groß“, meint Kiri bedauernd. „Freud und Leid des Berufsalltags entfallen. Man ist raus aus der Mühle, niemand sagt einem, was man tun muss. So schön das einerseits ist, es fehlt ein Stück Lebenselixier.“

„Du hast recht, doch das gibt kaum jemand zu“, bestätigt Max.

„Frage ich Leute, die noch nicht lange aus dem Berufsleben ausgeschieden sind, kommt meistens: ‚Alles ist prima.‘ Oft höre ich auch: ‚Ach, meine Frau / mein Mann kriegt den Tag schon rum.‘“

„Den Tag rumkriegen – ist es das?“, hakt Lisa nach.

„Manch einem scheint es so zu gehen. Ich kenne jemanden, der meint, wenn er später aufstehe, dann sei der Tag nicht so lang“, sagt Golo. „Ist das Leben zu lang?“

„Wie schnell man in Passivität verfallen kann, habe ich an mir selbst erlebt“, sagt Alma etwas verlegen. „Ich musste durch einen Unfall bedingt längere Zeit zu Hause bleiben. Meinen Fuß hatte es schlimm erwischt. Merkwürdig, eigentlich fühlte ich mich ganz wohl. Lesen, essen kochen, ein Plausch mit der Nachbarin.“

„War dir nicht manchmal langweilig zumute?“, erkundigt sich Max interessiert.

„Nein, ich wundere mich selbst. Meine Einschränkung durch den Unfall war nur körperlich, nicht geistig. Also hätte ich durchaus Gutachten oder einen Vortrag schreiben können. Ich tat es nicht, es mangelte mir an Lust und Energie. Ich war lahm, wurde immer lahmer und richtete mich in meiner Lahmheit ein.“

„Sieht so das Genießen des wohlverdienten Ruhestandes aus!“, unterbricht Golo sie.

„Ich konnte damals die Ängste meines Mannes verstehen, im Ruhestand wie ein Hund herumzuliegen, hin und wieder blinzelnd, mal schlafend, mal wach sein. So aktiv er gewöhnlich ist, er kennt sich auch anders. Es beunruhigt ihn, mal so zu werden.“

Nach einer Pause setzt Alma ihren Bericht fort.

„Doch dann hatte ich Gutachten für die Abschlussarbeiten einiger Studenten zu schreiben. Die wollte ich nicht hängen lassen. Also musste ich mich aufraffen aus meiner seligen Ruhe. Und was geschah dann? Ich spürte auf einmal, wie belebend die geistige Auseinandersetzung ist, wie es prickelte und Energie mich durchzog. Innere Kräfte erwachten. Ich spürte, das ist doch intensiveres Leben als die mußevolle Passivität.“

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