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Feiert das Leben, nicht die Feste!

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Vielleicht finden Sie es etwas seltsam, dass ich gleich zum Jahresanfang übers Feiern schreibe. Schließlich haben viele von uns die Festtage noch nicht ganz verdaut. Und dies in verschiedener Hinsicht: Vielleicht klebt ja noch, bildlich gesehen, der Rest der Weihnachtsgans und der Crème brûlée an den Hüften, während im Portemonnaie gähnende Leere herrscht. Vielleicht sind Sie auch froh, dass jetzt wieder der Alltag eingekehrt ist. Denn seien wir ehrlich: Festtage sind doch immer auch etwas anstrengend, dies vor allem für uns Frauen, weil wir uns für alles und alle verantwortlich fühlen.

Nun ist der Januar nicht unbedingt der Wonnemonat, sondern ein echt nüchterner Geselle. Statt zu schlemmen, üben wir uns im Intervallfasten. Statt zu faulenzen, ist Fitness angesagt. Und statt die Abende faul neben dem Lieblingsmenschen und in Gesellschaft von Netflix auf der Couch zu verbringen, machen wir Budgetplanung mit dem Vorsatz, nach den Dezemberausgaben die Finanzen irgendwie wieder ins Lot zu bringen.

Doch Genuss braucht eine gewisse Askese. Denn ohne diesen Unterschied zu spüren, könnte man den Genuss ja nicht wirklich genießen. Oder etwa doch? Schließlich wissen wir ja bereits, wann das nächste Familienfest gefeiert wird. Nächster Halt: O wie Olten – nein: Ostern!

In unserer Kultur sind Feste und das Feiern Fixpunkte im Jahreslauf. Wir brauchen einen Grund, um zu feiern, sonst ist es uns nicht ganz wohl. Wobei mir bei der Aufforderung »Das muss jetzt gefeiert werden!« immer etwas seltsam zumute ist. Ich mag es nämlich nicht, auf Knopfdruck fröhlich sein zu müssen. Darum mag ich auch Silvester nicht. Okay, vielleicht spielt hier auch ein klein wenig mit, dass ich zweimal in meinem Leben an einem 31. Dezember verlassen wurde. Aber das ist eine andere Geschichte.

Ja, es mag unvernünftig sein, an einem kommunen Montagabend spontan ein Fläschchen Champagner zu köpfen; eben nicht, weil Neujahr gefeiert werden muss, sondern nur, weil der Wochenstart gelungen ist. Und warum warten wir eigentlich darauf, dass der Liebste am Hochzeitstag die üblichen langstieligen Rosen heimbringt, wenn man viel lieber himmelblaue Hortensien hätte? Doch wir sagen ihm das nicht, um ihn nicht zu verletzen und seine feierliche Stimmung zu dämpfen.

In diesem Zusammenhang denke ich an meine verstorbene Mutter, die sich an Beerdigungen immer darüber ärgerte, welche Blumenpracht aufgefahren wurde: »Ein Fünftel davon hätte den Verstorbenen zu Lebzeiten gefreut. Jetzt hat er nichts mehr davon.«

Man sollte das Leben feiern und nicht die Feste. Leistungen und Erfolge sind etwas Tolles. Aber sind es nicht die ganz persönlichen Erlebnisse, die uns mehr berühren und die es verdienen, dass man ihnen mehr Aufmerksamkeit schenkt? Auch ohne dass wir sie auf Facebook, Instagram und Twitter teilen. Besondere Momente warten nicht auf einen Termin in der Agenda. Man muss sie erkennen, festhalten und hochleben lassen.

Sind denn alle guten Männer schon vergeben?

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