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»Noch heute«, wiederholt Julia, als sie über den Parkplatz zum Auto gehen. »Sehr wohl, Euer Gnaden. In einer Stunde bekommen Sie eine ganze Liste von mir.«

Verärgert lässt sie sich auf den Fahrersitz fallen. Diesmal ist sie dran mit Fahren, doch als sie gerade den Motor anlassen will, sagt sie zu Sjoerd: »Sei so nett und fahr du. Dann kann ich mich besser umsehen.«

Er fängt den Autoschlüssel auf, den sie ihm zuwirft, und sie tauschen die Plätze.

Ramakers hat gut reden!, denkt Julia, als sie den Andersonweg entlangfahren. Sie ist zwar in Sterrenberg, dem Stadtteil neben Donderberg, aufgewachsen, aber die meisten ihrer früheren Bekannten leben längst woanders. Gut, ein paar Leute kennt sie noch, aber nicht so gut, dass von ihnen Insider-Informationen zu erwarten wären ...

»Wohin zuerst?«, fragt Sjoerd. »Oder soll ich einfach ein bisschen durch die Gegend fahren?«

»Ja, mach mal. Oder nein: Lass uns zu dem Imbiss neben dem Spielplatz am Park fahren, der ist ein beliebter Treffpunkt.«

Sie biegen rechts in die Koninginnelaan, fahren dann in den Bredeweg und sind kurz darauf in Donderberg.

Die Gegend wirkt friedlich, aber der Eindruck täuscht. In den letzten vier Monaten wurden hier mehrmals Routinekontrollen durchgeführt und bei insgesamt hundert Personen dreißig Waffen gefunden, darunter so große Messer, dass es schon an ein Wunder grenzte, dass die Besitzer sich nicht selbst damit verletzt hatten.

Vor einer Dönerbude steht eine Gruppe Jugendlicher in Kapuzenjacken und mit Bierflaschen in der Hand.

Als das Auto langsam an ihnen vorbeifährt, sehen sie ihm misstrauisch nach. Julia und Sjoerd sind zwar mit einem Zivilfahrzeug unterwegs und tragen keine Uniform, dennoch ist es so, als stünde ihnen das Wort »Polizei« auf die Stirn geschrieben.

Noch vor Kurzem hätten die Jungen ihr Auto mit Müll beworfen – vor der Einführung der Nulltoleranzstrategie war das die übliche Reaktion auf Polizeipräsenz.

In der Nähe des kleinen, ziemlich heruntergekommenen Spielplatzes parkt Sjoerd am Straßenrand, und sie steigen aus. Im Park, der von der Bachstraat aus zugänglich ist, sehen sie ein paar Kinder. Ein etwa zwölfjähriges Mädchen mit langen dunklen Locken hat ein Kleinkind an der Hand, ein jüngeres Mädchen schiebt den leeren Buggy hinterher.

Gleich an der Ecke liegt die Imbissstube »Donderberg«. Sie gehört Roy, den Julia noch von früher kennt.

»Hallo, Roy«, sagt sie beim Eintreten. Auch Sjoerd grüßt, doch dem Wirt scheint ihr Besuch ganz und gar nicht zu passen. Mit einem Geschirrtuch in der Hand steht er hinterm Tresen und brummt etwas in seinen Bert.

»Wir möchten dich etwas fragen«, sagt Julia.

»Ich weiß nichts über die Morde in der Bachstraat, okay? Rein gar nichts!«

»Schon gut. Wir wollten auch nur fragen, ob du Milchshakes für uns hast. Ich nehme Erdbeere.« Sie wendet sich ihrem Kollegen zu: »Und du? Vanille?«

»Genau.«

Misstrauisch mustert Roy die beiden. »Ihr seid doch wohl nicht wegen zwei Milchshakes gekommen?«

»Nein, wir hätten gern noch Kroketten dazu.«

Mit hochgezogenen Brauen macht Roy sich an der Fritteuse zu schaffen und wirft hin und wieder einen Blick über die Schulter.

»Du hast die Morde in der Bachstraat erwähnt«, sagt Julia. »Darüber wird hier bestimmt wild spekuliert, was?«

Roy kehrt ihr weiterhin den Rücken zu und gibt keine Antwort. Die Kroketten gleiten zischend ins Fett.

Als er sich umdreht, beugt Julia sich über den Tresen und sieht ihn fragend an.

»Die Morde ... Klar wird darüber geredet. Aber ich sag nichts dazu, kein Wort. Ich leg’s doch nicht drauf an, dass die mir den Laden kurz und klein schlagen.« Er wirft einen verstohlenen Blick durchs Fenster.

»Sie wissen also, wer die Tat begangen hat?«, hakt Sjoerd nach.

»Nö, keine Ahnung. Ich weiß bloß, dass hier ‘ne Menge Gesindel rumläuft. Mich würd’s nicht wundern, wenn einer von denen was damit zu tun hätte. Aber wissen tu ich nichts.«

»Aber dir kommt doch sicher öfter mal was zu Ohren«, sagt Julia.

Ohne sie anzusehen, stellt Roy zwei Milchshakes auf den Tresen.

»Roy, wenn es Ihnen unangenehm ist, hier darüber zu sprechen, nehmen wir Sie eben mit aufs Revier«, sagt Sjoerd. »Was halten Sie davon?«

Der Wirt wirft ihm einen abschätzigen Blick zu. »Und was denken die Typen dann wohl von mir, hm?«

»Die denken, dass Sie was ausgeplaudert haben, vor allem, wenn wir Sie ein paar Stunden festhalten. Aber Sie können uns auch gleich sagen, was Sie wissen, dann sind wir im Nu wieder weg.«

»Ich weiß aber nichts! Das hab ich doch schon gesagt! Ich krieg hin und wieder etwas mit, ja, und ich hab so meine Vermutungen. Aber sicher wissen tu ich nichts. Und schon gar nicht, wer hinter den Morden in der Bachstraat steckt, ehrlich. Wenn ich das wüsste, würd ich’s sagen. Kristien und Ruud waren nämlich Stammkunden, die haben oft Pommes oder Eis bei mir gekauft. Nette Leute. Furchtbar, was da passiert ist, aber ich weiß wirklich nichts. Was hättet ihr auch davon, wenn ich jetzt ein paar Namen nenne?«

Wieder geht Roys Blick zum Fenster, und er erstarrt.

Julia sieht acht junge Männer auf dem Bürgersteig gegenüber, sechs dunkelhäutige Typen, zwei Weiße. Sie stehen da und fixieren die Imbissstube wie Raubtiere, die auf Beute lauern. Als sie sich in Bewegung setzen und auf den Eingang zukommen, tastet Julia automatisch nach ihrer Walther P5.

Am hellichten Tag

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