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Als Erstes riecht sie Blut. Der penetrante metallische Geruch bringt Julia zum Würgen. Automatisch beginnt sie, durch den Mund zu atmen.

Im Flur des Reihenhauses in der Bachstraat sprechen sie und ihr Partner Sjoerd Volleberg kurz mit den Kollegen von der Spurensicherung.

Durch die offene Wohnzimmertür fällt Julias Blick auf die Leiche eines jungen Mannes. Mit vorquellenden Augen und weit geöffnetem Mund liegt er am Boden, den Kopf in einer Blutlache. Auf seiner Stirn sitzen Fliegen mit blaugrün schillernden Flügeln.

Mit geschultem Blick sieht Julia sich im Raum um. Sie war schon öfter mit Mordopfern konfrontiert, doch der Anblick eines gewaltsam ums Leben gekommenen Menschen nimmt sie jedes Mal wieder aufs Neue mit.

»Ein Schuss in den Kopf, zwei in die Brust.« Sjoerd hat sich neben sie gestellt.

»Die Kollegen meinen, der Täter müsse von hinten ins Haus gelangt sein. Die Küchentür stand offen, weil es so warm ist«, sagt Julia.

Sie gehen an der Leiche vorbei zur Küche, wo das zweite Opfer liegt. In der Tür bleiben sie stehen und betrachten schweigend die auf der Seite liegende junge Frau. Sie ist höchstens fünfundzwanzig, hat knallrotes Haar und trägt ein Top mit Leopardenmuster und weiße, blutverschmierte Leggins. Auch auf ihrer Leiche haben sich Schmeißfliegen niedergelassen. Eine davon setzt sich auf Julias nackten Arm. Angewidert schlägt sie nach dem Insekt.

Der Täter muss schnell und äußerst skrupellos vorgegangen sein, denkt sie.

»Kopfschuss. Mit Sicherheit sofort tödlich.« Sjoerds Stimme klingt sachlich und beherrscht. Er zeigt auf einen halb gefüllten Picknickkorb auf der Arbeitsplatte. »Sieht so aus, als hätten die beiden einen Ausflug machen wollen, vielleicht zum Badesee.«

»Aber dann bekamen sie Besuch«, meint Julia. Von der Spurensicherung hat sie gehört, dass in der Spüle Teegläser standen, die mitgenommen wurden, um sie auf Fingerabdrücke und Speichelreste zu untersuchen.

Bevor Julia und Sjoerd das Haus betraten, haben sie mit der Nachbarin gesprochen, die die Leichen entdeckt und die Polizei verständigt hat. Sie hatte sich bei Kristien Moors etwas Mehl borgen wollen. Als niemand auf ihr Klingeln reagierte, war sie zur Hintertür gegangen und hatte die junge Frau auf dem Küchenfußboden gefunden.

Sie erwähnte auch, dass sie gegen halb zwölf einen silbergrauen Alfa vor der Tür gesehen habe.

Dem Täter kann der Wagen allerdings nicht gehören, denn Kristien Moors und Ruud Schavenmaker waren, wie die mitteilsame Frau berichtete, am frühen Nachmittag noch von anderen lebend gesehen worden.

Als es nach einer halben Stunde klingelt, wirft Julia einen Blick aus dem Wohnzimmerfenster. Vor dem Haus steht ein Leichenwagen.

Zwei Männer kommen herein, heben den toten Ruud Schavenmaker vorsichtig an und legen ihn in einen Leichensack. Ihre Behutsamkeit zeugt von Respekt und Mitgefühl. Sie werden die Leiche in die Gerichtsmedizin bringen.

Als sie weg sind, macht Julia das Fenster weit auf. Die Schmeißfliegen umsummen sie noch eine Weile, dann verziehen sie sich ins Freie. Julia sieht ihnen nach und überlegt schaudernd, worauf sie sich wohl als Nächstes niederlassen werden.

Die Bestatter sind inzwischen in der Küche beschäftigt. Kurz darauf wird Kristien Moors’ Leiche an einer Gruppe neugieriger Anwohner vorbeigetragen.

Auch die Presse hat bereits Wind von den Morden bekommen: Draußen steht ein Pulk Reporter mit Kameras und Mikrofonen.

»Gehen wir auch, oder willst du dich noch weiter umsehen?«, fragt Sjoerd.

»Lass uns zum Revier fahren. Vielleicht liegen schon Ergebnisse von der Spurensicherung vor.« Julia lässt den Blick schweifen, um auch ja nichts zu übersehen, und folgt dann Sjoerd zur Haustür.

Draußen atmet sie ein paarmal tief durch, doch es braucht mehr als nur ein wenig frische Luft, um ihrer Übelkeit Herr zu werden.

»Alles in Ordnung?« Sjoerd legt ihr die Hand auf die Schulter.

Sie nickt und geht mit ihm an dem rot-weißen Band vorbei, mit dem die Kollegen das Haus abgesperrt haben.

Ein paar Reporter kommen auf sie zu und halten ihnen ihre Mikrofone unter die Nase: »Weiß man schon etwas über den Täter?« – »Was haben die Ermittlungen bisher ergeben?« – »Gibt es ein Motiv für die Morde?« ...

Sie beschränken sich auf Antworten wie »Kein Kommentar« und »Das erfahren Sie noch früh genug vom Polizeisprecher.«

Dann steigt Julia ins Auto. Sjoerd setzt sich ans Steuer, lässt den Motor an und schaltet auch gleich die Klimaanlage ein.

Am hellichten Tag

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