Читать книгу Gefährliche Elemente - Sonja Wuthrich - Страница 10
Ein Unheil kommt selten allein
ОглавлениеGregory konnte es kaum fassen, sein erster Schultag hätte nicht schlechter laufen können. Zuerst hatte ihm dieser Blödmann Jason eine verpasst. Das war dieser blonde Hüne. Natalie hatte ihn inzwischen über alle Schüler aufgeklärt. Er wusste Dinge über Leute, mit denen er noch kein Wort gewechselt hatte.
Es war beängstigend und aufregend zugleich. Es schien ihm alles so irreal im Nachhinein. Wie er diesen Jason in Flammen aufgehen lassen hatte.
So viel zu unauffällig, das hatte er ja wohl super hingekriegt. Zum Glück war seine Nase nicht gebrochen, sonst hätte er seinen Onkel oder seine Tante anrufen müssen. Trotzdem sah er sicher aus wie ein Zombie. Er hoffte, dass Leyla nicht allzu viel mitgekriegt hatte von dem Vorfall. Er musste ganz dringend diese Sache mit dem Feuer in den Griff bekommen. Die Frage war bloss, wie sollte er das anstellen? Er hatte nicht die geringste Ahnung. Heute Nachmittag hatten alle Schüler frei, da die Lehrer eine Weiterbildung besuchten. Das kam ihm wirklich sehr gelegen. Er wusste ehrlich gesagt nicht, ob er sich am Nachmittag nochmals in der Schule gezeigt hätte. Besser etwas Gras über die Sache wachsen lassen bis zum nächsten Morgen. Schließlich hatte er Jason angezündet, wenn auch nur unabsichtlich, aber das war wohl nicht besonders hilfreich. Gut, wahrscheinlich hatte das niemand so richtig mitbekommen. Eigentlich war er ja als Opfer von der Stätte des Schreckens geführt worden. Er schüttelte den Kopf. Die anderen wussten ja nichts von seinem Problem, oder? Dieser grimmig dreinblickende Typ mit den schwarzen Stachelhaaren hatte ihn ziemlich nachdenklich angesehen, als er auf dem Boden lag, bevor ihm Natalie und ihre Freundin Mila zu Hilfe geeilt waren. Es war einfach zum Kotzen, immer wenn er wegen irgendeinem Scheiss in Wut geriet, spürte er diese Hitzewelle in sich aufsteigen und er konnte nicht das Geringste dagegen tun. Jedes Mal ging etwas in Flammen auf, bisher allerdings noch niemals ein lebendiges Objekt. Nur Vorhänge und Tischtücher oder Servietten.
Sein Zustand schien sich zunehmend zu verschlechtern. Neulich hätte er schwören können, dass seine ungezähmte Wut einen starken Wind erzeugt hatte. Vielleicht bildete er sich das ja nur ein. Ich bin paranoid, dachte er. Dumm gelaufen, er drehte wohl langsam aber sicher durch. Den ganzen Nachmittag irrte er ziellos durch die Stadt und dachte über sein Problem nach, ohne jedoch zu einer befriedigenden Lösung dafür zu gelangen. Er hatte leider auch keine Ahnung, wer ihm helfen konnte. Er ging langsam zu der nächsten Subway Station. Es war schon nach vier Uhr, vielleicht war es an der Zeit, nach Hause zu gehen. Er kam am Schaufenster eines Hairstylisten vorbei, in dem ein Spiegel hing. Sein Spiegelbild sah ja zum Fürchten aus. Wirres Haar, ein stechender Blick und seine Nase schien das Doppelte an Größe als normalerweise erreicht zu haben. Zudem hatte sie sich, so wie auch ein Teil seiner rechten Gesichtshälfte, blau gelblich verfärbt. Er war wirklich eine Augenweide. Zudem schien er auch um einiges kleiner geworden zu sein als seine sonstigen sechs Fuss, vielleicht lag es daran, dass er die Schultern hängen liess. Irgendwie schien alles an im herunterzuhängen, sogar seine Kleider. Er blieb stehen und sah sich lange im Spiegel an, er würde wohl Leyla um einen Coverstick bitten müssen. Hoffentlich hatte sie so etwas, aber das hatten sicher alle Mädchen. Wenn nicht, würde er seine Tante fragen. Machte sicher einen tollen Eindruck, grübelte er gerade, als er durch den Spiegel hinter sich Leyla zusammen mit dem grimmigen, stachelhaarigen Typen aus seiner Klasse vorbeigehen sah. Sie trugen beide Sporttaschen bei sich und waren in ein angeregtes Gespräch vertieft. Er versuchte sich so unauffällig wie möglich zu verhalten, da sie ihn bisher noch nicht entdeckt hatten. Er zog die Kapuze seines ärmellosen, dunkelblauen Shirts über den Kopf. Aber das wäre wohl nicht nötig gewesen, denn die beiden waren in ihr Gespräch vertieft und bekamen wohl kaum mit, was in ihrer Umgebung vor sich ging.
Er war fassungslos, diese Leyla schien ja wirklich in den letzten drei Jahren ein heißer Feger geworden zu sein, dachte er erbost. Heute Morgen noch flirtete sie mit Mr. Model vor ihrem Spind und jetzt war sie bereits wieder mit diesem grimmigen Muskelprotz unterwegs. Seine Sorgen, dass er von ihr angeschmachtet oder gar angemacht werden würde, waren anscheinend völlig unbegründet gewesen. Er hätte sich sein abweisendes Getue wohl sparen können, es schien nicht mehr die geringste Gefahr zu bestehen. Er sah die beiden vorbei ziehen und sein Blick blieb am Oberarm des Stachelhaarigen hängen. Er sah die Tätowierung, die ihm bereits heute Morgen aufgefallen war. Er war zu weit weg, aber es sah aus wie eine Flamme in einem Kreis. Kam ihm irgendwie bekannt vor. Er wartete bis die beiden in der Subway Station verschwunden waren und entschloss sich, doch noch nicht nach Hause zu fahren.
Sein Blick fiel auf den Kinokomplex auf der anderen Seite der Straße und er entschloss sich kurzerhand, ins Kino zu gehen. Er würde die Rückfahrt noch so lange wie möglich herauszögern, da er nicht gerade drauf brannte, Erklärungen über sein Aussehen abzugeben. Er schrieb seiner Tante eine SMS, dass er später nach Hause kommen würde und sie ohne ihn zu Abend essen sollten.
Dann betrat er den Kinokomplex in der Nähe der Bloorstation, kaufte sich eine Gingerale und stellte sich vor die Anzeigetafel mit den verschiedenen Filmen.
Er brauchte definitiv etwas, das ihn ablenken würde und auf andere Gedanken brachte. Plötzlich fühlte er sich einmal mehr beobachtet und sah zwei kecke Blondinen, die auch vor der Tafel standen und sein vom Kampf gezeichnetes Gesicht mit unverhohlenem Interesse betrachteten. Die Kleinere der beiden sah ihn strahlend aus ihren babyblauen Augen an und klimperte mit den falschen Wimpern: „Was ist denn mit deiner Nase passiert?“ Beide Mädchen kicherten. Gregory war nicht in Stimmung, um angeflirtet zu werden und sagte gleichgültig: „Bin hingefallen.“ Er drehte sich von den beiden weg, für ihn war die Konversation damit beendet. Aber die Blondine berührte seinen Arm mit ihren langen falschen Fingernägeln und schaute ihm tief in die Augen: „Auf die Nase?“
Er knurrte sie an; „Mein Gott, ja, auf die Nase, hast du etwas dagegen?“
Sie lächelte ihn immer noch verführerisch an, anscheinend wurde man sie nicht so schnell los. Es war ihm egal und er ignorierte die beiden, ging zur Kasse und kaufte sich ein Ticket für Divergent. Er hoffte, dass in diesem Film ordentlich Blut vergossen wurde. Zudem würde er die beiden Blondinen sicherlich nicht in diesem Film antreffen. Er tippte bei ihnen eher auf „Endless Love“ mit dem ach so schönen Mädchenschwarm Alex Pettyfer, dabei konnten sie sülzen, schmachten und schluchzen. Er hingegen brauchte unbedingt Gewalt und wenn es nur auf der Filmleinwand war, um sich zu beruhigen. Was zugegeben schon irgendwie krass war.
Gute zwei Stunden später verließ er das Kino, es war schon nach sechs Uhr.
Der Film hatte ihm gefallen und er fühlte sich wie Four, der männliche Held des Films. Ein richtig wortkarger Kämpfer, nur dass dieser das richtige Mädchen an seiner Seite gehabt hatte, natürlich auch eine wortkarge Kämpferin. Etwas viel Kampf, dachte er bei sich, aber egal, es hatte ihm gefallen.
Außer der Sache mit den Tätowierungen, das hatte ihn an seine tote Mutter erinnert und an das Einzige, das ihm von ihr geblieben war. Die Decke mit den vier Symbolen, die offenbar die vier Elemente darstellten. Die Decke hatte ihm immer Trost gespendet, wenn es ihm dreckig ging. Daran zu denken machte ihn traurig. Er seufzte, wahrscheinlich war nun doch Zeit, langsam den Heimweg anzutreten. Ihm graute schon davor, eine passende Erklärung für seine havarierte Erscheinung zu finden. Weiß Gott, was die neuerdings wild um sich flirtende Leyla bereits zum Besten gegeben hatte, dachte er bissig.
Er bog langsam in die Enderby Road ein und versuchte, möglichst unauffällig ins Haus zu schleichen. Vielleicht konnte er ja noch seinen Bluterguss mit einem Cover Stift abdecken, wenn er einen finden konnte, bevor ihn jemand sah.
Da er das Untergeschoss bewohnte und auch einen eigenen Eingang hatte, sollte dies kein Problem sein. Er näherte sich dem weißen, im Südstaatenstil erbauten Haus mit der Großen Veranda und den grünen Fensterläden. Er war schon beinahe an der Tür, als er von Rogan, dem irischen Setter seines Onkels, von der Seite angesprungen und zu Boden geworfen wurde.
Der Hund brach in freudiges Gebell aus und leckte ihm quer übers Gesicht. Gregory versuchte ihn mit „Psst, Psst!“ zum Schweigen zu bringen. Als dies nicht half, hielt er ihm kurzerhand die Schnauze mit beiden Händen zu.
Zu spät, die Vordertüre öffnete sich und Leyla, die vielbeschäftigte Flirterin, streckte den Kopf heraus. Sie legte den Finger an die Lippen und flüsterte: „Schnell rein mit dir, bevor dich jemand sieht.“
Er schlüpfte schnell durch seinen separaten Eingang und Rogan veranstaltete draußen einen ohrenbetäubenden Lärm. Sein Onkel kam auf die Veranda und schimpfte mit Rogan, dass er die armen Eichhörnchen in Ruhe lassen solle. Gregory grinste. Er drehte sich gerade um und wollte ins Bad gehen, als er rückwärts aufs Bett geworfen wurde von Leyla, die versucht hatte, leise die Treppe hinunterzuschleichen, was ihr leider misslungen war. Sie rutschte aus und fiel direkt auf Gregory. Die beiden landeten zusammen auf dem Bett und sie blieb leicht benommen auf ihm liegen. Er schüttelte den Kopf. „Warum werfen mich eigentlich heute alle auf den Boden?“ Sie sahen einander an und brachen beide in Gelächter aus. Er strich ihr die Haare aus der Stirn. „Hey, du hast ja immer noch Sommersprossen.“ Sie grinste ihn an und sagte: „Es ist ja auch immer noch Sommer.“ Sie sahen einander an und ihr Gesicht war ganz nah bei seinem.
Ihr Gesicht schien immer näher zu kommen und der Kuss schien kurz bevorzustehen, als in der Küche über ihnen etwas scheppernd zu Boden fiel. Leyla kam zu sich wie aus einem Traum und stand auf. Sie war verlegen und trat von einem Fuss auf den anderen. Sie wusste nicht mehr, was sie sagen wollte.
Gregory ging es wohl ähnlich, er hätte dies aber niemals zugegeben.
Er lehnte sich gegen die Wand und sah sie kühl an. „Welchem Umstand verdanke ich übrigens die Ehre deines Besuches?“ Er sah sie an und trotz seiner uninteressierten Maske, konnte er sich einen Seitenhieb nicht verkneifen: „Du hattest wohl ein wenig zu viel Swag“, er zeigte auf ihr T-Shirt, “vorhin auf der Treppe, dass du mich zu Boden oder besser gesagt aufs Bett geworfen hast mit deinem Gewicht. Scheint heute zum guten Ton zu gehören, dass man mich niederschlägt. Ist das eine alte kanadische Sitte, um Neuankömmlinge zu begrüssen?“ Leyla funkelte ihn böse an. “willst du damit etwa andeuten, dass ich fett bin? Ich habe dir dein verspätetes Geburtstagsgeschenk mitgebracht, du unfreundlicher Kerl.“ Sie griff nach dem am Boden liegenden Hockeyshirt, das noch in Geschenkpapier eingewickelt war, und warf es nach ihm. Als er sich bückte, um es aufzuheben, nahm sie ein paar Kissen und warf sie auf ihn. Er ging mit seinem Geschenk hinter dem Sofa in Deckung. “Nein, du bist nicht fett, aber unfähig, eine Treppe herunter zu kommen.“ Schon kam das nächste Kissen angeflogen und traf ihn voll auf die schon havarierte Nase, er heulte auf. Leyla kam mit dem nächsten Kissen in der Hand angerannt.
„Uii, das tut mir aber leid, das wollte ich wirklich nicht.“ Sie schien sich ernsthaft Sorgen zu machen und gab ihre Deckung auf, da streckte er sie mit einem der grossen Sofakissen nieder und rief triumphierend: „Touch down, oder was auch immer.“ Sie blieben beide prustend und nach Atem ringend auf dem Boden sitzen. Die Luft war geklärt, jedenfalls für den Moment.
Das Knistern und auch die Feindseligkeit waren verschwunden. Sie hob die Hände. “Waffenstillstand?“ Er grinste. „Klar doch, ich bin sowieso viel zu stark für dich, gegen mich hättest du keine Chance.“ Er nahm die Position eines Bodybuilders ein und präsentierte seinen Bizeps. Leyla bekam einen Lachanfall. „Pack das Geschenk aus, Arnold Schwarzenegger.“
Er riss das Paket auf und schien sich auch tatsächlich über das Shirt zu freuen. Er umarmte sie und küsste sie völlig überraschend auf die Wange. Leyla machte Anstalten, ihn auch auf die Wange zu küssen, aber da war er schon wieder weg. Sie küsste also ins Leere. Das war schon etwas peinlich, aber zum Glück hatte er es nicht bemerkt. Er riss sich sein T-Shirt vom Leib und zog das Hockey Shirt an. Leyla sah ihm dabei zu und staunte nicht schlecht, da waren ja tatsächlich Muskeln unter seinem T-Shirt. Anscheinend hatte er in den letzten drei Jahren regelmässig trainiert. Sie kriegte beinahe den Mund nicht mehr zu.
Davon merkte Gregory allerdings nichts, da er gerade mir seinem neuen Shirt beschäftigt war. Leyla räusperte sich. “Gregory, ich muss etwas mit dir besprechen.“ Er strahlte sie an und seine Nase leuchtete wie ein Regenbogen.
Sie bemühte sich, ernst zu bleiben, obwohl seine Nase wirklich zum Schreien aussah.
„Ich muss mit dir über das Feuer reden.“
Seine Miene verfinsterte sich augenblicklich und er sah sie verschlossen an.
„Ich weiss nicht wovon du sprichst.“
Er zog das Hockey Shirt wieder aus und legte sich nur mit seiner schwarzen Trainingshose bekleidet aufs Bett. Er verschränkte die Arme hinter dem Kopf und sah sie düster an.
Leyla setzte sich neben ihn. “Wenn du denkst, dass du mich so schnell wieder loswirst, hast du dich geirrt. Es ist wichtig, dass du mir jetzt zuhörst. Es könnte sogar lebenswichtig sein. Möchtest du nicht die Kontrolle über dein Tun haben? Ist das nicht der Grund, warum du in Kanada bist?“
Anscheinend hatte sie nun doch sein Interesse geweckt. Er schenkte ihr aber einen Blick voller Ironie und lächelte süffisant.
„Und du, die grosse Meisterin des Feuers, kannst mir natürlich dabei helfen, nehme ich an.“
„Ach komm doch von deinem hohen Ross runter“, konterte Leyla. „Wir sind keine Kinder mehr, das ist kein Spiel. Es geht hier nicht mehr um Cowboys und Indianer.
Du kannst mich nicht immer abschiessen, wenn dir etwas unangenehm ist. Das hier ist die Realität und ich versuche, dir zu helfen.“
Er zielte mit dem Zeigefinger auf sie und sagte: „Bang, Bang!“ Dann blies er den scheinbar rauchenden Colt aus.
Sie warf sich erbost auf ihn. „Du bist so ein Idiot, Gregory!“ Sie hämmerte mit beiden Fäusten auf ihn ein.
Er sah sie nur schelmisch an und hielt ihre Hände fest. Da war es wieder, dieses verflixte Knistern. Sie verlor sich in der Tiefe seiner blauen Augen und konnte wieder einmal nicht mehr klar denken. Aber so ging das nicht mehr weiter, sie schüttelte den Kopf und stand auf. Sie brauchte nun einen klaren Kopf und musste ernsthaft mit ihm reden, anstatt sich immer wieder zu fragen, wie es wohl wäre, wenn er sie küssen würde. Er lag immer noch auf dem Bett und sah sie selbstgefällig an. „Du hättest mich ruhig küssen können, Lela. Du scheinst ja inzwischen Übung darin zu haben, mit all den Typen, die du am Start hast. Also wird dich wohl so ein kleiner Kuss von deinem von weither angereisten Stiefcousin nicht so schnell aus der Bahn werfen.“
„Genug!“ Sie machte eine abweisende Bewegung. „Was faselst du da, welche Typen?“
Er sah sie weiterhin herausfordernd an, aber sie ging nicht darauf ein.
„Was immer du auch damit sagen willst, wir müssen jetzt über deine Probleme reden und nicht über mich. Die Fakten sind, du hast heute ein Feuer entfacht und Jasons Kleider haben gebrannt.“
Sie seufzte. „Ok, Jason ist ein Arsch, aber deshalb kann man ihn nicht einfach anzünden. Das ist ethisch nicht vertretbar. Wenn ich jeden anzünden würde, der mich nervt, wären wir von Fackeln umgeben.“
Gregory setzte ein schiefes Grinsen auf, das schien ja interessant zu werden.
Er nickte. “Du solltest wirklich Anwalt oder Staubsaugerverkäuferin werden, mit dieser Inbrunst und Überzeugungskraft.“
Sie sah ihn ratlos an und schenkte ihm einen vernichtenden Blick.
„Wie auch immer, du musst es unter Kontrolle bringen, abstreiten ist zwecklos. Ich weiss, dass du es warst.“ Er zuckte resigniert die Schultern. „Und, euer Ehren, hast du auch eine Idee, wie ich das anstellen soll?“
Leyla setzte sich wieder vorsichtig neben ihn und versuchte, nicht auf seine nackte Brust zu starren.
„Stell dir vor, ich kenne da tatsächlich jemanden, der dir wahrscheinlich helfen könnte.“
Sie erzählte ihm, was sie von Aiden gehört hatte. Leider konnte sie sich nicht mehr an alles erinnern, vor allem mit dieser Stammesgeschichte brachte sie einiges durcheinander. Auch die Namen waren ihr entfallen, aber an das Wesentliche konnte sie sich noch erinnern.
Gregory sagte nichts dazu, er war wohl ganz einfach sprachlos und sah sie nachdenklich an. Nach einer Weile sagte er: „Du meinst, es gibt noch andere wie mich? Dann war es wahrscheinlich dein Aiden, der Jason angezündet hat.“
Leyla riss langsam der Geduldsfaden, “Gregory, denk mal nach. Es war nicht Aiden und er ist schon gar nicht mein Aiden. Er hat das Ganze nämlich unter Kontrolle, ganz im Gegenteil zu dir, mein Lieber.
Übrigens hat er mich wegen dir angesprochen und nicht um mir seine unendliche Liebe zu gestehen. Er hat nicht das geringste Interesse an mir.“
Gregory war immer noch misstrauisch. „Und wie willst du wissen, dass er das Feuer unter Kontrolle hat?“
„Er hat es mir gezeigt und anhand eines Streichholzes demonstriert. Er hat das Streichholz mit reiner Willenskraft entzündet und dann auch wieder ausgelöscht.“
Sie konnte sich einen kleinen Seitenhieb nicht verkneifen. „Was meinst du übrigens mit meinem Aiden, hast du uns zusammen gesehen? Stalkst du mich etwa, du Perversling?“
Gregory gab einen zischenden Laut von sich, es hörte sich an wie das Fauchen einer Katze.
Sie grinste ihn frech an. “Okay, okay, nicht gleich explodieren, mein Lieber, und wenn du mich anzündest, werde ich dich töten.“
Er grummelte etwas vor sich hin, sagte aber nichts mehr.
„Also“, fuhr sie fort, „Aidens Freunde haben auch diese Tätowierung am Oberarm. Jeweils das Element, welches sie beherrschen können. Ich denke aber, das du in dieser Hinsicht einzigartig bist.“
Er warf ihr einen selbstgefälligen Blick zu. Sie machte eine abweisende Handbewegung und schnaubte vernehmlich. „Du bist ein eingebildeter Penner, es geht um deine Decke, nicht um dein Aussehen, verdammt nochmal. Auf deiner Decke sind alle vier Elemente und nicht nur eines abgebildet. Ich denke, du kannst alle Elemente beeinflussen.“
Er schüttelte zuerst ungläubig den Kopf, doch plötzlich kniff er die Augen zusammen und schien angestrengt nachzudenken. Dann stand er abrupt auf und umarmte sie stürmisch.
„Du bist ein Genie, ich dachte schon, ich wäre verrückt geworden, dann war es wirklich nicht nur der Wind letztens, als ich wütend war.“ Er drückte sie immer noch fest an sich, als nach einem kurzen Klopfen plötzlich ihre Mutter die Treppe herunter kam und sich verhalten räusperte.
„Was ist denn hier los? “fragte sie.
Leyla und Gregory fuhren auseinander und wussten nicht, was sie dazu sagen sollten.
Die Mutter hatte inzwischen Gregorys geschwollene und in allen Farben leuchtende Nase gesehen.
„Mein Gott, Gregory, was ist mit deiner Nase passiert?“
Sie zeigte auf seine Nase und sah dann Leyla ungläubig an: “Warst du das etwa?“
Leyla fasste sich entsetzt an die Brust: „Ich, warum sollte ich denn so etwas tun?“
„Na, ich dachte mir, da du so wütend auf ihn warst heute Morgen-“, Leyla beendete den Satz ihrer Mutter mit einem leicht sarkastischen Unterton, „sei ich zur brutalen Schlägerin mutiert.“
Sie schüttelte den Kopf, “Also ich muss doch sehr bitten.“ Sie packte ihre Mutter an den Schultern und schob sie Richtung Treppe. „Würdest du uns jetzt bitte alleine lassen, ich muss etwas Dringendes mit Gregory besprechen.“ Ihre Mutter wollte noch etwas einwenden, gab sich aber dann geschlagen. „Ok, aber ihr zwei seid mir noch eine Erklärung schuldig.“ Sie verschwand durch die Türe oberhalb der Treppe. Leyla stellte sicher, dass sie auch wirklich alleine waren und kam dann wieder die Treppe herunter zu Gregory. Er hatte es sich inzwischen wieder auf dem Bett gemütlich gemacht.
Sie setzte sich diesmal auf seinen Schreibtischstuhl und rollte ans Bett. „Also, wo waren wir?“
Gregory streckte sich und gähnte herzhaft. „Wenn dein Vater von meiner Nase hört, wird er schneller als du bap machen kannst in diesem Zimmer sein. Du solltest dich also zurückhalten und mir nicht nochmals zu nahe kommen. Ich weiss, du kannst die Finger kaum von dem hier lassen.“
Er zeigte bedeutungsvoll mit beiden Händen an sich herab.
„Also bitte, nun reiss dich zusammen, Gregory.“ Leylas Stimme hatte einen drohenden Unterton angenommen. „Du Blödmann, hör endlich auf zu nerven! Ich versuche, dir zu helfen und du hast nichts anderes zu tun, als mich immer blöd anzumachen.“ Sie rollte entnervt die Augen zur Decke.
War wohl nicht der richtige Moment, seinen Charme spielen zu lassen, obwohl es ihm sehr viel Spass machte, dachte Gregory. „Ok, ich habe verstanden und was soll ich deiner Meinung nach tun?“
„Du musst dich unbedingt mit Aiden treffen. Ich weiss, dass er seine Fähigkeit unter Kontrolle hat.“ Gregory wollte schon etwas einwenden, aber Leyla schnitt ihm das Wort ab. „Hast du etwa eine bessere Idee, du Genie? Denkst du, dass du es ohne Hilfe schaffst, in dieser Schule zu überleben, nachdem du schon am ersten Tag jemanden angezündet hast?“ Er schnitt eine Grimasse und machte eine Handbewegung, als würde er sich selbst die Kehle durchschneiden. „Wahrscheinlich nicht, aber dieser Aiden ist ein eingebildeter Penner und vor allem steht er auf dich, das heisst du bist nicht objektiv.“ Er zog einen Flunsch. Leyla warf ihm einen vernichtenden Blick zu und entfernte sich mit ihrem rollenden Stuhl in Richtung Schreibtisch. Sie war sich nicht sicher, ob sie ihm sonst eventuell an die Gurgel gefahren wäre.
„Na dann passt ihr ja gut zusammen, du bist nämlich auch ein eingebildeter Kerl! Aiden steht vielleicht auf Eiweissriegel und Bodytoner aber ganz sicher nicht auf mich und überhaupt, warum denkst du eigentlich, dass alle Welt auf mich steht? Es geht hier um deine Probleme und nicht um mich!“ Er brummte etwas vor sich hin, aber sie ging nicht mehr darauf ein. „Du wirst mit Aiden sprechen, es gibt nichts zu diskutieren.“ Gregory sah sie schief an. “Natürlich, mein General.“
„Und wage es nicht nochmals, mich General zu nennen“, fuhr sie ungerührt fort. „Du solltest ihm allerdings nicht sagen, dass du wahrscheinlich alle Elemente beeinflussen kannst, du wirst nur das Feuer erwähnen, verstanden?“ Gregory hob die Hand, als wolle er sich beim Lehrer melden und Leyla funkelte ihn an: „Was willst du jetzt schon wieder?“
„Mein General, aber warum soll ich dem Penner nur meine Feuerkünste schildern und nicht alles andere?“
„Weil ich ihm nicht traue, und wenn du mich noch einmal General nennst, bringe ich dich um und dann hat es sich erledigt und du musst ihm gar nichts mehr berichten.“
Gregory grinste hämisch. „Siehst du, Hochwürden, du traust ihm also auch nicht über den Weg und ich soll mich ihm gegenüber offenbaren.“
„Verdammt nochmal, ich gehe dir gleich an die Gurgel, du Scheiss Italo, Hochwürden ist nicht besser und er hat sowieso schon Verdacht geschöpft, dass mit dir etwas ganz und gar nicht stimmt. Er ist die einzige Chance, die du hast.“
Er grinste noch frecher als zuvor; anscheinend setzte er alles daran, sie zu reizen.
„Hey, du bist ja rassistisch. Italiener sind cool und ich dachte mir, vielleicht gefiele dir ein religiöser Titel besser als ein militärischer.“
Leyla stand auf und stampfte mit dem Fuss, dann ging sie in seinem Zimmer auf und ab. Sie schien gedanklich weit entfernt zu sein. „Hallo Frau Königin, ich bin immer noch hier.“ Er sah sie gespannt an.
„Ok, Königin können wir beibehalten, du armseliger Wicht, jedenfalls ist es das Beste, was du bisher zustande gebracht hast. Ich muss ihm ein Treffen mit dir vorschlagen, aber wie gesagt hält er nicht gerade viel von dir und wir müssen unbedingt die Sache mit der Decke verschweigen, weil ich einfach ein ungutes Gefühl habe wegen deiner Einzigartigkeit. Das könnte er wohl irgendwie in den falschen Hals kriegen. Dann wärst du nämlich stärker als er und ich habe nicht den Eindruck, dass er so etwas gut verkraften könnte.“ Gregory nickte und war plötzlich ganz ernst.
„Ok, dann arrangierst du ein Treffen, oder vielleicht sollte ich ihn selbst fragen. Was aber sagen wir deinen Eltern?“
Leyla wog den Kopf hin und her. „Wir sagen, du hättest mich vor Jason beschützt und dann hätte er dich geschlagen, sowas macht sich immer gut.“