Читать книгу Gefährliche Elemente - Sonja Wuthrich - Страница 14
Ein verhängnisvolles Konzert
ОглавлениеGregory kam irgendein Lied summend ins Haus und traf Leyla auf der Treppe.
Er begrüsste sie gut gelaunt und erzählte ihr, ohne dass sie ihn danach gefragt hätte, dass es super gelaufen sei mit Aiden und er auf dem besten Weg sei, das Feuer unter Kontrolle zu kriegen. Überhaupt war er anscheinend voller Begeisterung für Aiden und Leyla sagte ihm, dass sie froh sei, dass er einen Freund gefunden habe.
Bliebe wohl abzuwarten, wie Jason auf die neue Freundschaft reagieren würde.
„Deine Nase sieht ja fast wieder wie vorher aus, “ stellte Leyla überrascht fest.
„Stell dir vor, Mila aus meiner Klasse gehört auch zu dem Stamm und sie ist eine Heilerin. Sie hat mir ein Gebräu gegen die Schwellung gegeben, es ist fast wie Magie.“ Er geriet ins Schwärmen. Leyla fühlte einen Stich in der Brust, wenn sie an das schöne Mädchen dachte. Da schien ja allerhand Konkurrenz auf sie zuzukommen.
Er war den ganzen Abend glänzender Laune und sie sassen zusammen auf der Gartenveranda und warfen für Rogan Stöckchen, er raste wie wild hin und her und schien die ungewohnte Zuwendung zu geniessen.
Leyla hatte noch etwas auf dem Herzen. „Gregory, ich habe da ein Problem und hoffe, dass du mir helfen kannst.“ Er strahlte sie an und ihr Herz machte einen Hüpfer. „Alles, was du willst, Liebes.“ Nun war sie komplett aus dem Konzept und wusste nicht mehr, wo sie anfangen sollte. „Also, du kennst doch meine Freundin Brooklyn.“ Er nickte. „Sie hat mich vorhin angerufen. Heute hat sie doch eine neue Cheerleaderin ausgewählt, da Anne Sophie sich das Bein gebrochen hat.“ Er sah sie fragend an. „Also, morgen Abend ist ein Konzert im Rogers Center und Brooklyn hat vom Vater des neuen Mädchens 4 Tickets geschenkt gekriegt. Sie möchte unbedingt mit mir dorthin gehen, aber meine Eltern lassen mich nicht mit ihr alleine hingehen. Wenn du aber mitkommen würdest, dürfte ich hingehen.“ Sie sah ihn hoffnungsvoll an: „Biiiiiittte …!“ Sie verschränkte die Hände, als würde sie beten. Er konnte ihr nichts abschlagen, nicht heute. Er strich ihr eine Haarsträhne aus dem Gesicht, „Klar Kleines, mache ich doch gerne und wen nimmt Brooklyn mit, ich hoffe, es ist nicht Jason.“
Leyla zögerte und dann sagte sie: „Weisst du, das ist eben das zweite Problem, die letzte Lake Shore East Bahn fährt um Mitternacht zurück und das Konzert dauert wahrscheinlich länger. Deshalb müssten wir mit dem Wagen hinfahren, aber unser Wagen ist zurzeit in der Garage.“
„Das wusste ich nicht, ich habe deinen Vater doch noch heute Morgen damit herumkurven gesehen“, sagte Gregory zweifelnd. Leyla hatte ihrem Vater das Versprechen abgenommen, dass er ihre Geschichte mit dem defekten Wagen unterstützen würde. Wenn der unwahrscheinliche Fall eintraf und Gregory ihn über den Verbleib des Wagens fragte. In Wahrheit war der Wagen nämlich völlig in Ordnung.
Leyla fuhr fort: „Also dachte ich mir, da du jetzt mit Aiden befreundet bist, könntest du ein gutes Wort für uns einlegen und er könnte uns hinfahren.“
Gregory runzelte die Stirn. „Ich weiss nicht ob das so eine gute Idee ist. Was ist das denn für ein Konzert? Welche Band müsste man sich denn da anhören?“
Leyla überlegte, wie sie ihm das am besten beibringen sollte. „Also die Vorgruppe heisst 5SOS.“ Gregory schien nachzudenken. „Noch nie gehört, was ist das denn für ein bescheuerter Name!“
„Das ist überhaupt nicht bescheuert, es sind vier junge Australier und eigentlich heissen sie '5 seconds of Summer', es ist nur die Abkürzung.“
„Nicht wirklich besser oder? Schon ein wenig uninspiriert, findest du nicht?
Wie heisst denn die Hauptgruppe, 10 Minuten Slalom im Winter?“ Er grinste.
„Wirklich witzig, Gregory.“ Leyla war inzwischen leicht aufgebracht. „Nein, die Hauptgruppe heisst One Direction und kommt aus England.“ Gregory schüttelte den Kopf. „Das ist nicht dein Ernst, oder? Diese Warmduscher! Und du glaubst allen Ernstes, dass ich Aiden überzeugen kann, mitzukommen. Zu einem Konzert von Metallica vielleicht, aber One Direction? Na, vielleicht haben wir Glück und er kennt die Kerle nicht, er sieht mir nämlich eher nach einem Punk- oder Hardrockliebhaber aus. Ich kann dir nichts garantieren, werde es aber versuchen. Ich komme dir zuliebe mit, aber ich werde auf keinen Fall kreischen wie ein hysterisches Fan Girl.“ Er grinste.
Leyla war zufrieden und hoffte, dass er Aiden das Ganze schmackhaft machen konnte. Brooklyn wäre sonst sicher untröstlich gewesen.
Der nächste Tag verlief ohne grössere Ereignisse ausser dass Aiden tatsächlich neuerdings mit Gregory rumhing und sich Jason und die anderen beiden Typen anscheinend kampflos damit abgefunden hatten. Es war schon etwas eigenartig.
Gregory bestätigte Leyla beim Mittagessen, dass Aiden sich bereiterklärt hatte, mit zum Konzert zu kommen und die Gruppe anscheinend nicht kannte.
Brooklyn war total aus dem Häuschen und flippte fast aus. Sie wusste nicht, was sie anziehen sollte und dies schien ihr mit Abstand grösstes Problem zu sein.
Nach der Schule gingen sie direkt zu Brooklyn nachhause. Aiden und Gregory sollten sie dort abholen. Brooklyn brachte Leyla beinahe um den Verstand und flatterte wie ein kopfloses Huhn durch das Haus. Sie hatte sich bisher fünfmal umgezogen und Leyla sass auf dem Bett und sah ihr dabei zu. Komischerweise war sie die Ruhe selbst. Sie hatte sich auch mit ihrer Kleidung nicht sonderlich Mühe gegeben. Sie trug Jeans Shorts und ein 5SOS T-Shirt, da sie ein grosser Fan der Vorgruppe mit dem uninspirierten Namen war. Sie grinste vor sich hin.
Sie hatte sich leicht geschminkt und ihre widerspenstigen Haare einmal mehr zu einem Zopf geflochten. Da Gewitter angesagt waren und das Baseballstadion nicht vollständig über gedeckte Plätze verfügte, hatte sie einen Regenschutz eingepackt und trug ihre Converse. Sie war ein praktisches Mädchen, ganz im Gegensatz zu ihrer Freundin. Sie hatte ihr vorher ausgeredet, High Heels anzuziehen, da Aiden nicht besonders gross war und sie ihn sonst wahrscheinlich überragen würde.
Nach langem Hin und her war Brooklyn endlich bereit. Sie sah durch Leylas Zutun sehr natürlich aus. Sie hatte ihre langen blonden Haare zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden und war nur ganz schwach geschminkt. Sie trug ausgebleichte skinny Jeans und flache Sandalen dazu eine schwarze Kurzarmbluse.
Leyla war zufrieden, so würde sie Aiden sicher gefallen.
Endlich war es soweit und der schwarze Ford Mustang fuhr mit quietschenden Reifen vor Brooklyns Haus vor.
Als die beiden Mädchen aus dem Haus kamen, fanden sie Aiden und Gregory lässig an den Wagen gelehnt. Sie sahen ihnen entgegen. Aiden lächelte Brooklyn an und öffnete ihr galant die Türe. Sowohl Leyla als auch Gregory waren einen Moment lang sprachlos. Die beiden Mädchen setzten sich auf den Rücksitz und Gregory und Leyla staunten nicht schlecht, da Brooklyn und Aiden während der ganzen Fahrt Small Talk machten. Was Brooklyn betraf, war das nichts Besonderes, aber der angsteinflössende Aiden war nicht wiederzuerkennen. Die beiden richteten kein Wort an Leyla und Gregory.
Es kam ihnen vor, als seien sie nicht anwesend. Brooklyn strahlte Aiden durch den Rückspiegel an und er schien es zu geniessen.
Heute sah er auch nicht wie ein Punk aus. Er schien seine dunklen Haare gekämmt zu haben, sie sahen völlig normal aus. Er trug Jeans und ein dunkelblaues Super dry T-Shirt. Wenn Leyla nicht gewusst hätte, dass dies Aiden war, hätte sie ihn wahrscheinlich gar nicht erkannt. Ihre Augen trafen Gregorys im Rückspiegel und er dachte anscheinend dasselbe wie sie. Sie lächelten einander kurz wissend an.
Als sie im Stadion angekommen waren und sich ihre Plätze gesucht hatten, verschwanden Aiden und Brooklyn schon während der Vorgruppe, um sich nach vorne zur Bühne zu kämpfen. Leyla hielt nichts von Menschenmassen vorne vor der Bühne und sah sich das Ganze lieber aus einer gewissen Distanz an. Sie hüpfte und sang was das Zeug hielt, da sie alle Texte von 5SOS auswendig kannte. Gregory grinste und gab zu, dass die Band gar nicht so schlecht sei.
Sie waren in ausgelassener Stimmung, als dann die Hauptband endlich dran war. Auch hier musste Gregory zugeben, dass sie gar nicht so schlecht waren. Er schien sich sogar zu amüsieren. Dann passierte etwas, womit Leyla überhaupt nicht gerechnet hatte. Die Band spielte einen langsamen Song mit dem sinnigen Titel 'You and I'. Von den 35000 Zuschauern schwenkten die meisten ihre Handys und das Lichtermeer hatte schon etwa Romantisches an sich. Gregory schien derselben Meinung zu sein. Jedenfalls legte er seinen Arm um Leylas Schulter und schwenkte sogar sein Handy zum Takt der Musik. Er schien die Stimmung zu geniessen. Lachend sah sie ihn an. Seine blauen Augen hatten einen eigenartigen Ausdruck angenommen, den sie nicht so ganz deuten konnte. Er drehte sich zu ihr und sie sahen einander in die Augen. Leyla beschloss, nicht mehr bis ans Ende ihrer Tage darüber nachzudenken, wie es wohl wäre, ihn zu küssen und hielt seinem Blick stand. Sein Gesicht kam näher, sie konnte seinen warmen Atem spüren. Und dann küsste er sie. Der Kuss kam unerwartet und erschütterte Leyla bis ins Mark. Sie verlor sich völlig in diesem nicht enden wollenden Kuss. Das Lied war schon längst verklungen und alle um sie herum hüpften wieder, da inzwischen ein Lied mit einem schnelleren Rhythmus gespielt wurde. Leyla und Gregory sahen einander immer noch in die Augen und keiner von beiden wich dem Blick des anderen aus. Um sie herum tobte die Menge, aber in diesem Moment gab es niemand sonst auf der Welt. Nur sie beide. Dann umarmten sie sich und für den Rest des Konzertes blieben sie engumschlungen stehen. Sie bewegten sich im Takt der Musik. Es war wie Magie. Von Zeit zu Zeit streichelte Gregory ihre Wange, als wolle er sichergehen, dass sie wirklich hier bei ihm war. Als das Konzert zu Ende war, gingen sie Hand in Hand zum Ausgang, um nach Aiden und Brooklyn Ausschau zu halten. Es dauerte eine Weile, bis sie die beiden fanden, die auch Hand in Hand auf sie zukamen und sich anlächelten. Inzwischen war die Wettervorhersage eingetroffen und ein regelrechter Sturm brach los.
Es regnete in Strömen, Blitze zuckten vom wolkenverhangenen Himmel und der Wind pfiff ihnen um die Ohren. Schnell warfen sie sich ihre Regenmäntel über. Gregory und Aiden hatten natürlich nicht an so etwas gedacht und waren innert kürzester Zeit völlig durchnässt. Zu allem Elend konnten sie ihren Wagen nicht mehr finden in der Dunkelheit. Sie hatten mit all den anderen 35000 Leuten auf einem Feld geparkt und es war verdammt schwierig, den Wagen wiederzufinden in diesem Sturm.
Irgendwann während des planlosen Herumirrens kippte dann die Stimmung von romantisch verliebt zu genervt, müde und durchnässt. Letztendlich fanden sie den Wagen eher per Zufall als durch einen durchdachten Plan. Auf der Heimfahrt herrschte einstimmiges Schweigern, und da Gregory und Leyla zuerst ausstiegen, wusste Leyla auch nicht, was ihre Freundin so alles zu berichten hatte.
Zwischen Gregory und Leyla herrschte ein verlegenes Schweigen. Kurz bevor sie das Haus betraten, nahm Gregory sie bei der Hand und sah sie an. Er räusperte sich, es schien ihm unangenehm zu sein. „Ich möchte, dass du weisst, dass ich dich wirklich mag, Leyla. Aber du musst verstehen, dass ich nicht gut für dich bin. Mit mir zusammen zu sein ist viel zu gefährlich für dich. Ich möchte dich nicht in Gefahr bringen und ich muss mich jetzt vor allem auf meine Aufgabe konzentrieren. Ich denke, es ist besser für uns, wenn wir nicht zusammen sind, so schmerzhaft es für mich auch ist.“ Leyla glaubte ihren Ohren nicht zu trauen. „Schmerzhaft für dich?
Ich hätte niemals gedacht, dass ich so etwas einmal zu dir sagen würde, aber du bist der grösste verdammte Vollidiot, den ich jemals kennengelernt habe, Gregory. Hättest du nicht vielleicht daran denken können, bevor du mich geküsst hast und mir den Kopf so verdreht hast, dass ich nicht mehr weiss, was oben und unten ist.“
Sie liess ihn stehen und stürmte wütend vor ihm ins Haus die Treppe hoch, ohne zurückzuschauen.
Er blieb wie ein Trottel zurück, ein dämliches Grinsen auf dem Gesicht. Er hatte ihr den Kopf verdreht. Trotz allem stimmte ihn dieser Gedanke froh.