Читать книгу Grenzen - Sorin Mirel Constantin - Страница 11

Der große Fluss

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Er hatte sich den ganzen Tag und fast die ganze Nacht über um nichts anderes gekümmert als um das Lenkrad und die Pedale des neuen Autos, das er fuhr, so schnell er konnte, so weit er konnte. Sie waren zeitig von Thessaloniki aufgebrochen zu einer Route, die sie noch nicht gefahren waren – quer über Bulgarien, staubig und grau, nichts in Erinnerung geblieben –, um so früh wie möglich an die Grenze zu kommen, um die Donau zu überqueren und dann auf eine andere Luft zu hoffen.

Der Grenzposten. Für einen Moment hatten sie den Eindruck mitten in einem Western zu sein, fast hörten sie Spiel mir das Lied vom Tod. Die Luft schwer und klebrig. Wie gefilmt durch einen milchigen Filter. Hitze, die dadurch sichtbar wird. Die paar Grenzsoldaten, verschwitzt, rauchend und um sich spuckend, bewegten sich langsam wie die Pistoleros vor einer Schießerei in einem Western, wo dann sehr schnell der eine oder der andere tot umfiel.

Keiner schien sie und ihr Auto zu bemerken, obwohl es keinen anderen Wagen da gab. Sollten sie es wagen, aus dem Auto auszusteigen und sich erkundigen, warum sie nicht ihre Pässe kontrollierten? Nein, du darfst sie nicht provozieren, sie könnten ja heftig reagieren, sie könnten uns vielleicht daran hindern, die Grenze zu passieren. Einen Grund würden sie schon finden.

Fast eine Stunde, sie wurden aber nicht ungeduldig, im Gegenteil, sie übten sich im Warten, höflich grinsend, als wäre das ihre eigentliche Aufgabe, dort an einem gottverlassenen Grenzübergang zu warten, bis einer der Grenzsoldaten, die ersten drei oder vier Knöpfe der Uniform offen, eine kleine gelbe Birne mit rosarotem Fruchtfleisch im Mund, zu ihnen schlendern würde.

»Ihre Dokumente!« Die Stimme klang wie ein eiskalter Wasserstrahl. Sie wussten, was folgen würde.

»Alles raus, das Kind auch!« Keine Widerrede. Ob sie das Olivenöl, die Kühltasche mit dem vielen Schweinefleisch, es waren acht Kilo, die zehn Kilo Mehl und die zehn Kilo Zucker wieder mitnehmen würden? Oder waren auch diese der Zoll zum Überqueren des legendären Flusses?

»Ja, wissen Sie, das alles ist für unsere Eltern, sie sind Rentner, denen geht es nicht so ...«

»Ja, ja, gut, gut«, der eiskalte Wasserstrahl im Nacken, wie eine scharfe Axt.

»Packen Sie nur alles aus, der Wagen muss leer werden.« Interessierte sie eigentlich nicht, was wir alles aus dem Wagen ausgepackten? Sie warfen kaum einen Blick darauf. Inzwischen waren es drei Grenzsoldaten, die den Wagen mit Unterbodenspiegeln inspizierten, die Polster der Sitze wurden fast rausgerissen.

»Motorhaube auf! Öffnen Sie den Luftfilter!«

Er hatte keine Ahnung, wo der Luftfilter war, er wusste aber, dass er keine Schraubenzieher dabeihatte, sie hätten ihm bei einer Panne sowieso nicht geholfen.

»Wie, keine Schraubenzieher?« Das Gesicht des Grenzsoldaten nahm menschliche Züge an, er stand da wie ein Schüler, der an der Tafel eine Übung lösen sollte, die er überhaupt nicht verstand. Er versuchte schnell wieder den eiskalten Ton zu finden.

»Wissen Sie, ich könnte die Produktion dieses Wagens sofort stoppen.« Da war Alexandru derjenige, der an der Tafel stand, verblüfft, nicht wissend, was er sagen sollte, ob er überhaupt etwas bemerken sollte.

»Diesem Wagen fehlt die vorschriftsmäßige Öffnung im Unterboden! Die Produktion wird gestoppt.« Alexandru verstand von diesen Worten nichts. Die Produktion dieses neuen Modells im riesengroßen Werk irgendwo bei Paris, zweieinhalbtausend Kilometer von diesem nach Schweiß und faulem Obst stinkenden Ort stoppen lassen? Sein Gesichtsausdruck gab dem Soldaten, oder war es ein Offizier, die Gewissheit, dass er sein Ziel erreicht hatte. Alexandru musste erkennen, wie wichtig dieser kleine Ort war, wie einflussreich Grenzsoldaten an einem rumänischen Grenzposten an dem großen Fluss sein konnten. Vor allem in dieser Zeit, in der der große und übermächtige Conducator sowieso überall auf der Welt eine entscheidende Rolle in der internationalen Politik spielte. Das hatte Alexandru vergessen, er hatte in den letzten vier Jahren, seit er das Land verlassen hatte, nichts mehr über den Titan der Karpaten gehört, nichts mehr hören wollen.

Grenzen

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