Читать книгу Grenzen - Sorin Mirel Constantin - Страница 13

Schmetterlinge

Оглавление

Durch die schmutzige Windschutzscheibe entdeckten sie plötzlich einen leuchtenden Schmetterling mitten auf der Landstraße, die nach Bukarest führte.

Ziemlich groß für einen Schmetterling! Und plötzlich streckt dieser riesige Schmetterling einen schwarz-weiß gestreiften Rüssel aus, bewegt ihn von unten nach oben und zurück. Langsamer fahren, noch langsamer! Der Schmetterling hat einen langen dunklen Schwanz, nein, es sieht aus als hätte er Füße, er hat Füße, er trägt sogar eine Mütze mit einem goldenen Stern auf der Stirn.

Ein Polizist mit einer leuchtenden über der blauen Uniform gestülpten Weste. Anhalten. Das Fenster auf der Fahrerseite geht langsam runter, er dreht an dem Hebel so vorsichtig, als wäre es verboten das Fenster schnell zu öffnen. Der Polizist, ein sehr junger Mann in seiner zu weiten Uniform, ein Kind, das jetzt Mann spielt. Mann in blauer Uniform mit einem schwarz-weiß gestreiften Knüppel in der Hand. Seine Bewegungen sind schleichend wie die eines Tieres, das seine Beute mit seinen Augen lähmt, bevor es zuschlägt. Er nähert sich, sieht sich den Wagen von allen Seiten sehr aufmerksam an. Ein souverän gespielter Kennerblick, der jedes Detail analysieren und katalogisieren kann. Ob sie rumänisch verstünden, fragt er in einem Ton, als stünde er in einem Verhörsaal vor einem gemeinen Verbrecher, der jetzt zum Geständnis gezwungen wird.

»Welches Zeichen haben wir hier am Kontrollposten?«

Alexandru entschuldigt sich, er habe nichts sehen können in dieser Dunkelheit. Sie sollten es besser wissen, sie verbringen schließlich ihre Zeit hier am Kontrollposten.

»Dokumente!«

Mit den Reisepässen von Anna und Alexandru in der Hand bewegt er sich mit seinen schleichenden, sicheren Bewegungen, wie in Zeitlupe gedreht, zur Front des Wagens. Er schaut sehr genau auf das Nummernschild, vergleicht die Daten mit denen im Reisepass angeblich eingetragenen Daten, einen Pass nach dem anderen. Er hat die Lektion gut gelernt, in den rumänischen Pässen wird das Kennzeichen in den Reisepass, wenn man überhaupt zu den Glücklichen gehört, die einen bekommen können, eingetragen. In den deutschen Pässen nicht.

»Hier am Kontrollposten darf man nur 30 km/h fahren. Sie sind viel zu schnell gefahren.«

Alexandru hätte gar nicht so schnell fahren können auf dieser holprigen Straße, wo man gar nicht wissen konnte, ob man noch tatsächlich auf der Straße war oder auf dem trockenen Acker, geschüttelt und gerüttelt, damit man sich sicher an die Straßen der Kindheit erinnert. Die Straßen, die so oft nirgends hinführten, wo man über alle Pfützen von Stein zu Stein springen musste, wenn man seine Schuhe und sein Gewissen sauber halten wollte.

Nein, er sei nicht schnell gefahren, man solle lieber die Straßen reparieren, als sich darum kümmern, ob Ausländer wüssten, welches Zeichen hier am Kontrollposten, mitten in der Nacht, aufgestellt sei.

Der Mann mit der zu weiten Uniform, sein Gesicht kann man kaum sehen – nur zwei Wieselaugen, die vergeblich versuchen, Angst in die Venen der Gefangenen zu spritzen –, ist ein Praktikant. Hinter ihm ein Polizeioffizier. Ein kurzes Zeichen, lass sie weiterfahren.

Der Praktikant kann das nicht stehen lassen, sie einfach so weiter fahren zu lassen. Er wirft mit einer lässig entschlossenen Handbewegung die Pässe unter die Fahrertür – in den Dreck mit euren ausländischen Pässen. Alexandru muss aussteigen, bückt sich, geht in die Knie, sammelt die schmutzigen ausländischen Pässe unter dem Auto auf. Der Moment ist eine Explosion von Schimpfwörtern, Anna ist fast lauter als der brüllende Motor des Wagens, der jetzt wie ein Formel 1 Wagen startet mit quietschenden Reifen auf der staubigen Straße. Jetzt werde ich schnell fahren. Zum Trotz.

Die Reise geht weiter durch die dunkle Nacht. Dunkel wie im Bauch einer schwarzen Kuh, keine Laternen, keine Sterne, nur die Scheinwerfer, die zwei Löcher in den schwarzen Stoff bohren. Auf einmal Straßenbahnschienen und am Rande der Straße eine Gestalt.

»Entschuldigung, ist es noch weit bis Bukarest?« »Sie sind in Bu… Bu… Bukarest!«, antwortet eine betrunkene Stimme.

Soll das die Hauptstadt sein? Sie können es nicht glauben, das Auto rollt weiter, langsam entlang der pechschwarzen Straße. Tatsächlich, links und rechts reihen sich Kolosse, eckig, grau, dunkel, kein beleuchtetes Fenster, nicht eines. Und so geht es bis an das andere Ende der Stadt, ans Ende der Hauptstadt dieses mythischen Landes des sagenumwobenen Titans der Karpaten.

Grenzen

Подняться наверх