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In der Echokammer des Perfektionismus
ОглавлениеDu kennst bereits den Unterschied zwischen natürlichem und neurotischem Perfektionismus. Wenn Perfektionismus neurotisch wird, ist er zweifellos Makel. Denn dann verhindert er, dass ein Mensch ein glückliches Leben führen kann, weil sich nie ein Gefühl der Zufriedenheit einstellen kann. Zu sehr ist er damit beschäftigt, an sich zu zweifeln und nach noch mehr Perfektion zu streben. Krampfhaft und verbissen will er es sich selbst und auch allen anderen recht machen, um noch mehr Anerkennung zu erhalten.
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Neurotischer Perfektionismus macht Menschen zu Gefangenen in der Echokammer ihres Perfektionismus. Ihre Weltsicht verengt sich, weil sie nur noch mit der Überlegung beschäftigt sind, wie sie etwas noch besser machen können.
Im Grunde ist der Perfektionist sicher ein liebenswerter Mensch, er glaubt nur nicht an sich selbst. Er hat den Eindruck, nicht liebenswert zu sein, und das führt zu einem Dilemma. Er ist so fest davon überzeugt, dass er sich die Anerkennung und Liebe von anderen erst verdienen muss, dass er nicht bemerkt, wenn er diese Anerkennung und Lieben schon längst erfährt. In der Echokammer seines Perfektionismus stellt er sich vor, dass jene Anerkennung und Liebe allein mit seiner Leistungsfähigkeit in einem Zusammenhang steht. »Je perfekter ich bin, desto größer fällt die Zuneigung aus, die die Menschen mir entgegenbringen!«, so seine unumstößliche Überzeugung. Er fühlt sich nicht wirklich zugehörig und hat den Drang, das Gefühl der Ausgrenzung mit noch stärkerer Leistung bekämpfen zu müssen. Er befindet sich in einem Hamsterrad, aus dem er nicht entfliehen kann.