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Perfekte Lösungen ohne Perfektion

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Als ich vor einigen Jahren im Bereich Softwarevertrieb tätig war, wurde in einer Firma eine Schnittstelle zu einer Internetplattform benötigt. Der Kunde hatte auf der Plattform Daten erfasst, und diese Daten sollten automatisiert in unsere Software übernommen werden, damit diese nicht doppelt erfasst werden müssen. Eine solche Schnittstelle existierte bisher nicht, jede Eingabe musste mühselig in der Verwaltung erneut eingegeben werden. Auch Wettbewerber hatten diese Funktion nicht im Angebot. Aus dem Vertrieb habe ich diese Anforderung an die Entwicklung weitergegeben und um Einschätzung einer Umsetzung gebeten. Die Entwicklungsabteilung kam zu dem Ergebnis, dass es zwei Möglichkeiten zur Lösung gab. Die erste Lösung stellte eine recht einfache dar, die überdies schnell und kostengünstig umgesetzt werden konnte, ein einfaches Bildschirmauslesen. Sie wies allerdings den Nachteil auf, dass die Datenqualität nicht perfekt war. Es konnten nur nahezu alle Daten übertragen werden, jedoch eben nicht alle. Der Kunde musste Kleinigkeiten nacharbeiten.

Die zweite Lösung war um ein Vielfaches aufwendiger. Es handelte sich um eine offizielle Schnittstelle, die durch den Anbieter der Internetplattform zur Verfügung gestellt wurde. Mit dieser konnten die Daten als Datei an uns übermittelt werden. Diese Lösung war in der Umsetzung deutlich schwieriger, denn es waren umfangreiche Abstimmungen und Gespräche erforderlich. Dieser Weg hatte den Vorteil, dass die Datenqualität hervorragend war. Der Anwender musste fast nichts mehr ändern oder korrigieren, sodass dies für den Kunden die bequemere Variante darstellte.

Ich fasse zusammen: Die erste Variante wäre sehr schnell umsetzbar gewesen. Die zweite benötigte ein Vielfaches an Zeit. Die Entwicklungsabteilung war der Meinung, dass man es »richtig« machen müsse. Der Kunde entschied sich somit für die zweite Variante, für die perfektere. Die Entwicklung der Schnittstelle wurde fest eingeplant. Aufgrund des Aufwandes wurde die Entwicklung allerdings immer wieder verschoben, andere Dinge wurden vorgezogen. Das führte dazu, dass die Übernahme nach fast zwei Jahren immer noch nicht möglich war. Darum konnten nicht genügend neue Kunden gewonnen werden. Bestehende Kunden waren unzufrieden und sprangen ab.

Hätte sich der Kunde für den einfacheren Weg entschieden, wäre zwar die Qualität der Datenlieferung nicht so perfekt gewesen, das Unternehmen hätte aber neue Kunden gewinnen und die bestehenden zufriedenstellen können. Für den Kunden wäre es ein großer Fortschritt gewesen, zumindest den größten Teil der Daten übernehmen zu können. Die komfortablere – und quasi perfekte – Variante hätte der Kunde immer noch zu einem späteren Zeitpunkt erstellen können. Der Mehraufwand wäre überschaubar und angesichts des zu erwarteten Mehrwerts akzeptabel gewesen. Eine Win-win-Situation wäre entstanden, wenn man bereit gewesen wäre, sich der perfekt(er)en Lösung Schritt für Schritt anzunähern.

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Perfektion besteht nicht immer in der perfekten Lösung. Zuweilen ist der nicht ganz so perfekte Weg der bessere.

Scheiß auf perfekt!

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