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Sind Sie ein Leistungs- und Glücksverhinderer?

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Als ich einem guten Freund erzählte, dass ich ein neues Buch schreibe, fragte er mich natürlich gleich neugierig, worum es darin gehe. Ich sagte ihm, dass ich über Perfektionismus schreibe, etwa darüber, ob es vielleicht sinnvoll sein könnte, in manchen Situationen seinen Perfektionsdrang zu überdenken oder anzupassen. Darauf meinte er, dass dann Menschen wie er in dem Buch nicht besonders gut wegkämen. Dies ist aber ganz und gar nicht so. Denn mir geht es nicht darum auszudrücken, dass es nur Schwarz oder Weiß gibt, und den Perfektionisten in die schlechte Ecke zu stellen und den, der fünf auch mal gerade sein lässt, in die gute. Mir geht es vielmehr darum, dass beide, der Perfektionist und der Nicht-Perfektionist, ins Nachdenken geraten. Ich möchte dazu anzuregen, den Blickwinkel zu verändern und die Perspektive zu wechseln. Vielleicht können beide voneinander lernen. Es ist zielführend, wenn wir manchmal unser eigenes Verhalten beobachten und überdenken. Dies gilt für beide Seiten. Zum einen für die Menschen, die viel zu oberflächlich durchs Leben gehen, alles viel zu schnell, chaotisch und unordentlich machen und denen ein wenig mehr Perfektionsdrang zuweilen guttäte. Und zum anderen für diejenigen, die vor lauter neurotischem Perfektionismus die Welt nicht mehr erkennen und stets und überall nach Verbesserungsmöglichkeiten suchen, um auch noch die letzten Prozentchen aus etwas herauszuquetschen. Aus meiner Sicht handelt es sich bei beiden extremen Typen um Leistungs- und Glücksverhinderer.

Ja, der oben erwähnte Freund ist tatsächlich perfektionistisch veranlagt. Ja, er pflegt manchmal neurotisch perfektionistische Ansätze. Ja, er verstrickt sich oft in Details. Ja, er überprüft Dinge häufig viel zu oft. Ja, er braucht dadurch oftmals viel länger, als er brauchen müsste. Ja, er ist manchmal sehr penetrant. Nur: Ist dieses Verhalten grundsätzlich schlecht? Ist es immer und in jeder Situation falsch? Nein, ganz im Gegenteil, es gibt Situationen, da brauchen wir genau diese Penetranz.

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Es geht nicht darum, den Perfektionismus in den Himmel zu heben, aber auch nicht darum, ihn zu verteufeln. Es geht um die richtige Entscheidung in der richtigen Situation.

Wenn ich die Welt neu erobern wollte, wenn ich ein neues Produkt schnell neu einführen müsste, dann würde ich nicht gerade meinen Freund von oben um Hilfe bitten. Bis er gestartet wäre, wäre der Markt wahrscheinlich schon von der Konkurrenz besetzt. Bis er alle Möglichkeiten abgewogen und alle Gefahren ausgeschlossen hätte, wäre der Zug längst abgefahren. Im Vergleich zu ihm bin ich in vielen Situationen genau das Gegenteil: Allzu oft agiere ich zu schnell, zu ungenau und zu oberflächlich. In einigen Situationen wäre es von Vorteil, wenn ich detailgenauer vorgehen würde, mehr Augenmerk auf die Feinheiten legen würde. Ich bin eher ein Anpacker, ein Macher, ein Sprinter. Sicherlich wäre ich bei der Einführung eines neuen Produkts immer dann der Richtige, wenn etwas schnell und zuverlässig umgesetzt werden müsste. Wenn es aber darum geht, die Strukturen, die Pläne ordentlich und sauber bis ins Detail auszuarbeiten, wenn es also um Präzision und Details geht, dann wäre er der Richtige und ich eher fehl am Platz. Entscheidend jedoch ist: Beide Verhaltensweisen und Eigenschaftsausprägungen haben ihre Daseinsberechtigung. Im Grunde brauchen wir uns sogar gegenseitig. Er braucht jemanden, der antreibt und voranschreitet, der schnell ins Handeln kommt. Und ich brauche jemanden, der hinter mir aufräumt und die Detailarbeit übernimmt. Wir würden uns also hervorragend ergänzen.

Neurotische Perfektionisten sind oft nicht in der Lage, sich über Ergebnisse zu freuen, sie glauben immer, dass es noch besser geht, dass die eigene Leistung nicht ausreicht. Sie erkennen ihre eigene Arbeit nicht an. Sie empfinden keine positiven Emotionen, wenn ein Etappenziel erreicht wurde. Sie schaffen es einfach nicht, ein gutes Ergebnis zu akzeptieren. Dies gilt für sie selbst, aber auch für andere. Im Beispiel meines Freundes ist es nicht so: Er erkennt seine Leistung an, er freut sich über das Erreichte und kann sich über positive Ergebnisse freuen. Und er findet die Grenze, wann es dann mit der Genauigkeit auch mal genug ist (zumindest meistens).

Scheiß auf perfekt!

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