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2. Lernen Sie Ihr Gehirn kennen!

Unterm Strich ist der innere Schweinehund ja nichts anderes als eine Metapher für die Programme, die in unserem Gehirn laufen. »Gehirn« ist Ihnen ein Begriff, oder? 1,3 Kilogramm Schwabbelmasse zwischen unseren Ohren. Jeder hat eines, ob man es glaubt oder nicht. Apropos »glauben«: Das Gehirn ist auch das Organ, mit dem wir glauben, dass wir denken. Obwohl es meist genau andersherum ist: Das Gehirn denkt uns! Und zwar vollautomatisch, ohne dass wir es bewusst wahrnehmen. Ja sogar ohne dass wir daran glauben müssten. Wie das?

Das Günter-Gehirn: unser Autopilot

Stellen wir uns Gehirne mal vereinfachend wie Zentralcomputer vor. Alles, was wir denken oder tun, findet erst mal im Gehirn statt – in Form von elektrischen und biochemischen Impulsen und Schaltkreisen, in den unterschiedlichsten Strukturen. Damit wir hier jetzt aber keinen Kurs über E-Technik, Informatik und Neurowissenschaften machen müssen, gestatten Sie mir sicher folgende Vereinfachung: Unser Gehirn besitzt zwei Betriebssysteme – wie etwa Apple Macintosh oder Microsoft Windows. Und auf denen laufen unzählige Programme – wie zum Beispiel Word, Excel oder Keynote. Beziehungsweise wie das Programm »Günter«.


Das eine Betriebssystem unseres Gehirns will uns im Leben voranbringen – es ist unser Antrieb nach vorne: Es sorgt dafür, dass wir lernen, uns weiterentwickeln, Risiken eingehen, Neues ausprobieren, uns durchsetzen, uns Fortschritte zutrauen, uns gut unterhalten und insgesamt unseren eigenen Weg gehen. Nennen wir dieses Betriebssystem mal System »Abenteuer«. Günter will die Welt entdecken und erobern.

Das andere Betriebssystem hingegen tickt völlig anders – es wirkt oft wie eine Bremse. Denn es will in erster Linie, dass bei uns alles möglichst sicher ist und wir in Ruhe und Ordnung leben. Risiken scheut es genauso sehr wie Anstrengungen oder Abenteuer. Wozu sollen diese auch gut sein? Besser das Bekannte bewahren als das Unbekannte ausprobieren. Klare Sache: Dieses Betriebssystem will eher verwalten statt gestalten. Es will den Weg gehen, der schon da ist – und keinen neuen schaffen. Nennen wir es mal das Betriebssystem »Sicherheit«, »Verwaltung«, »Routine«.

Sie merken: Das mit den beiden Betriebssystemen ist wie bei Apple Macintosh und Microsoft Windows. Das eine ist cooler und progressiver, das andere aber hat den größeren Marktanteil. Denn Günter läuft besonders häufig auf Betriebssystem Nummer zwei. Und das äußert sich meist in zwei Ausprägungen – in Routinen und in Gleichgewichtszuständen.

Routinen – immer das Gleiche tun

Betrachten wir zunächst die Routinen. Im Kern funktionieren sie nämlich so: Was wir uns einmal angewöhnt haben, fällt uns leicht. Aber nicht, weil es von vornherein leicht wäre, sondern weil wir aus einer Handlung mit der Zeit Routine gemacht haben – und dann wiederholen wir nur noch, was wir schon können. Ein Beispiel: Haben Sie vielleicht die Routine, regelmäßig Sport zu machen, so zwei-, dreimal die Woche? Falls ja, Gratulation. Dann müssen Sie dafür nicht mehr extra Ihren inneren Schweinehund überwinden. Oder höchstens nur mal zu Beginn Ihres Sportprogramms, um in Schwung zu kommen. Ansonsten aber geht es problemlos, Sport ist Ihnen ein Bedürfnis, oder? Klar, warum: Sport ist für Sie Routine! Und Sie tun eigentlich nur, was Sie einmal gelernt haben und nun gewöhnt sind.

Oder aber haben Sie etwa die Routine, regelmäßig keinen Sport zu machen? Dann fällt Ihnen das genauso leicht wie dem Sportler das Sporteln! Sie müssen Ihren inneren Schweinehund nicht überwinden, um keinen Sport zu machen. Er unterstützt Sie dabei freiwillig. Gut, vielleicht kommen Sie manchmal abends nach Hause und fragen sich mutig: »Was tun? Heute wieder Couch oder mal die Sportschuhe?« Doch dann kommt sofort Günter daher und sagt: »Ist doch klar: Couch, so wie immer!«


Sie ahnen längst, wie das mit den Routinen funktioniert. Wie schon gesagt, sind sie im Kern reine Übungssache: Lesen und schreiben ist Routine. Im Auto kuppeln ist Routine. Rauchen oder nicht Rauchen ist Routine. Probleme lösen ist Routine. Und vor Problemen davonlaufen auch. Es kommt eben darauf an, was wir uns (Günter) beigebracht haben. Haben wir im Gehirn mal ein Programm installiert, läuft es. Und zwar dauerhaft und problemlos – solange wir es nicht durch ein neues ersetzen. Und zwar, weil unser Sicherheitsbetriebssystem befiehlt: »Mach’s genau so wie immer! Kannst dabei keinen Fehler machen, weißt ja schon, wie es richtig geht. Passt alles.«

Gleichgewichtszustände – bequem stabil bleiben

Eine andere Ausprägung unseres Betriebssystems »Sicherheit« sind Gleichgewichtszustände. Beispiel Sport: Nicht das Joggen an sich ist ja anstrengend (wenn man es langsam genug macht, um dabei Luft zu bekommen), sondern mit dem Joggen anzufangen. Denn es ist ein Gleichgewichtszustand, nicht zu joggen. Und es ist ein Gleichgewichtszustand, zu joggen. Schwierig ist nur der Wechsel vom einen zum anderen. Wer hingegen einmal in Schwung kommt, der läuft.

Übrigens: Menschen, die nicht verstehen, wie Motivation funktioniert, meinen ja häufig, man müsse erst mal auf die Motivation warten, um eine Handlung zu starten. Das ist Grütze. Denn es funktioniert auch genau andersherum: Erst mal anfangen, dann kommt irgendwann die Motivation hinterher. Kennen wir alle noch aus der Schule: Wer hatte schon Lust auf die Hausaufgaben? Wenn wir sie aber angefangen hatten, haben wir sie auch irgendwie fertig gemacht. Die Motivation kam also hinterher. Und heute ist es noch genauso: Haben Sie Lust darauf, die Küche aufzuräumen? Oder einen unangenehmen Kunden anzurufen? Natürlich nicht. Aber fangen wir damit an, kommt währenddessen Günter und sagt: »Jetzt mach’s auch fertig!« Weil der innere Schweinehund jetzt in einem anderen Gleichgewichtszustand ist. Er ist aktiv geworden und will es auch bleiben.

Wie also kommen wir in den Gleichgewichtszustand der Aktivität? Zum Beispiel morgens im Bett: Es geht dabei gar nicht ums Wach- und Aufsein an sich. Das Wach- und Aufsein ist nicht das Anstrengende. Das Anstrengende ist der Wechsel vom einen Gleichgewichtszustand in den andern! Gemütlich im Bett liegen, kuscheln und träumen, ist ein Gleichgewichtszustand. Günter sagt: »Och, hast gut geschlafen. Bist gut entspannt. Da draußen ist Montag.« Wir bleiben liegen, weil wir mit dem Aufstehen eine unangenehme Verbindung assoziieren: Kälte, Stress, der blöde Chef. Unangenehme Verbindungen aber möchte der innere Schweinehund nicht haben, deswegen sagt er: »Bleib im Bett liegen!« Doch: Wachsein, Unterwegssein und etwas aktiv zu tun ist auch ein Gleichgewichtszustand. Und zwar einer, der Spaß machen kann!


In Schwung kommen dank Druck oder Sog

Also was bringt uns zum Aufstehen? Meist ja zwei Szenarien: Druck oder Sog. Klar: Der Sog ist viel angenehmer. Wenn man etwas vorhat, was einen gewissermaßen aus dem Bett zieht. Wenn man zum Beispiel mitten in einem spannenden Projekt steckt, in den Urlaub fliegt oder frisch verliebt ist. Dann sagt Günter gleich nach dem Wachwerden: »Los, steh endlich auf!« Betriebssystem Abenteuer – erinnern Sie sich?

Viel häufiger aber treibt uns der Druck aus dem Bett: Druck von außen oder Druck von innen. Beispiel: Haben Sie schon einmal zehn Minuten verschlafen? Der Radiowecker dudelt vor sich hin und Sie bauen die Nachrichten und die Musik in Ihren Traum mit ein: Der Stau auf der A8 geht durch Ihr Wohnzimmer, und in der Küche sitzt Madonna am Tisch und singt. Plötzlich werden wir wach und Günter sagt: »Ätsch, der Tag hat schon angefangen!« Und urplötzlich haben wir ein Katastrophenszenario im Kopf, das Günter wild ausschmückt: »Wenn du jetzt nicht aufstehst, gibt es Ärger: Stau im Bad, Stau in der Küche, Stau auf der Straße. Zu spät beim Job, Stress mit den Kollegen und Kunden, die Beförderung kannst du vergessen. Hartz IV, du landest in der Gosse!« Und schwupp – schon stehen wir auf! Und zwar ohne Probleme. Meist verlassen wir das Haus jetzt sogar noch fünf Minuten vor unserer üblichen Zeit. Adrenalin sei Dank.

Das heißt, der Druck von außen macht zwar keinen Spaß, aber er wirkt. Natürlich gibt es auch einen Druck von innen. Am frühen Morgen ist das die volle Blase. Und im Laufe des Tages die vielen Zwänge und Nöte, die uns ungeliebte Dinge anfangen lassen, obwohl wir eigentlich nicht wollen. Druck sei Dank: »Du musst! Du musst! Du musst jetzt einfach!« Und dann tun wir, was wir müssen. Was bleibt uns anderes übrig?

Das Günter-Prinzip

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