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Aufbau einer therapeutischen Beziehung
ОглавлениеDie wichtigste Voraussetzung für Veränderung ist der Aufb au einer Beziehung zwischen mir und jedem einzelnen Gruppenteilnehmer und zwischen den Gruppenteilnehmern untereinander. Ein gelungener Aufb au von authentischen gleichberechtigten Beziehungen hat für sich bereits hohen therapeutischen Wert.
Was beinhaltet dieser Aufb au einer Beziehung? Meine Intention ist es, jedem Gruppenteilnehmer mit wachem Interesse und Neugier zu begegnen. Meine Bewertungen, diagnostische Vorannahmen, und Gefühlsreaktionen nehme ich zunächst wahr. Den Großteil davon speichere ich, wobei etwas davon natürlich in meine jeweilige Interaktion mit dem Gruppenteilnehmer mit einfließt.
Durch meine anfängliche Zurückhaltung und grundsätzliche Akzeptanz versuche ich eine Atmosphäre zu schaffen, in der sich Gruppenteilnehmer sicher genug fühlen, sich so zu entdecken und zu zeigen, wie sie sind. Wichtig ist mir, eine Gruppenkultur zu schaffen, in der Unterschiedlichkeit Platz hat, ja sogar kultiviert wird. In der es kein richtiges und falsches Verhalten gibt.
Dies ist natürlich ein paradoxes Vorhaben, da auch unser Bewerten und Beurteilen Teil unserer Menschlichkeit sind. Wir können nicht umhin, zu bewerten und zu urteilen. Dies sind lebensnotwendige Fähigkeiten auch für unsere sozialen Zusammenhalte und sie kommen in jeder Gruppe zum Tragen. Gruppen, in denen sich alle miteinander wohl fühlen, haben einen besseren Zusammenhalt als solche, in denen starke Spannungen und Abneigungen zwischen einzelnen Gruppenteilnehmern oder dem Gruppenleiter gegenüber bestehen.
Entscheidend ist meine Handhabung von Bewertungen. Kann ich sie zurückhalten, einklammern, in Neugier umwandeln? Kann ich sie therapeutisch als Feedback nutzen (vgl. Kapitel »Feedback geben«)? Wie kann ich andere Gruppenteilnehmer darin unterstützen, eine Form für ihre eigenen Bewertungen zu finden, die förderlich für einen Beziehungsaufb au zu anderen Gruppenteilnehmern sind?
Wichtig für den Aufb au einer Beziehung zu den einzelnen Gruppenteilnehmern ist für mich auch, mich so klar und transparent wie möglich und nötig zu zeigen. Meine anfänglichen Vorannahmen und Vermutungen über die Gruppenteilnehmer gilt es zunächst als solche bewusst wahrzunehmen. Im Laufe der Zeit werden sie dann entweder widerlegt oder bestätigt.
Der Aufb au einer tragfähigen therapeutischen Beziehung ist gelungen, wenn die Gruppenteilnehmer Vertrauen gewonnen haben, sich zur Gruppe zugehörig fühlen, sie ihnen wichtig geworden ist und von innen heraus ein Gefühl von gegenseitiger Verbindlichkeit gewachsen ist.
Der Aufb au einer tragfähigen therapeutischen Beziehung zu allen Gruppenteilnehmern ist oft ein langwieriger Prozess und meist gelingt er nicht zu jedem Gruppenteilnehmer.