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Kontakt und dessen Vermeidung
ОглавлениеEng verbunden mit dem Aufb au einer therapeutischen Beziehung ist meine Fähigkeit als Gruppenleiter, dem jeweiligen Gruppenteilnehmer kontaktvoll zu begegnen. Kontaktfähigkeit hat in der Gestaltsprache eine andere Bedeutung als umgangssprachlich. Jemand, der gemeinhin als kontaktfreudig bezeichnet wird, kann aus Gestaltsicht durchaus als kontaktgestört bezeichnet werden. Gestalt definiert Kontakt als die Fähigkeit, in einer Situation oder Begegnung vollständig präsent zu sein mit allem, was uns ausmacht: unsere Empfindungen, Wahrnehmungen, Bedürfnisse und Anliegen, Körperlichkeit, Gefühle, innere Bilder, Gedanken und Ausdrucks- und Handlungsfähigkeit.
Innerhalb der Gruppe haben die Teilnehmer unzählige Möglichkeiten, bewusster wahrzunehmen, wie sie Kontakt aufnehmen oder vermeiden und mit anderen Möglichkeiten zu experimentieren. Als Gruppenleiter lasse ich ganz gezielt Kontaktfunktionen üben – entweder in der Interaktion zwischen zwei Teilnehmern oder als Übung in der Gesamtgruppe (vgl. im Anhang »Vorschläge für Experimente und Gruppenaktivitäten«).
Das Wort ›Übung‹ erweckt vielleicht den Eindruck, dass es sich um ein Training handelt. Lang genug geübt, kann es dann bald jeder. Das ist nicht der Sinn dieser Übungen. Im Gegenteil, es ist fast immer zu erwarten, dass dabei Widerstände auftreten. Oder auch, dass Teilnehmer etwas gekonnt haben, es ihnen aber sehr fremd ist und als Erfahrung nicht in den Alltag integriert, sondern als zu Gestaltgruppen zugehörig abgespalten wird. Auch hier ist eine nicht-wertende Bestandsaufnahme der Kontaktfunktionen zunächst ausreichend sowie ein Vertrautwerden mit dem eigenen Kontaktstil und eine Neugierde für dessen Vor- und Nachteile.