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aa) Ernennung und Verwendung
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Das Leistungsprinzip ist nach Abs. 1 anzuwenden auf Ernennungs- und Verwendungsentscheidungen.
Nach der Rspr. der VG[222] dienen beamtenrechtl. Vorschriften über Personalauslese und Beförderung vornehmlich dem öff. Interesse an einer bestmöglichen Stellenbesetzung im öff. Dienst. Sie berücksichtigen daneben aber auch das berechtigte Interesse des Bewerbers an einem angemessenen beruflichen Fortkommen und begründen einen Anspruch auf rechtsfehlerfreie Anwendung der gesetzl. Vorschriften. Bei beamtenrechtl. Konkurrentenstreitigkeiten um Beförderungsämter folgt aus Art. 33 Abs. 2 GG ein Bewerbungsverfahrensanspruch. Er gibt Bewerbern um ein öff. Amt ein grundrechtsgleiches Recht auf leistungsgerechte Einbeziehung – nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung – in die Bewerberauswahl. Die Bewerbung darf nur aus Gründen abgelehnt werden, die durch Art. 33 Abs. 2 GG gedeckt sind.
§ 3 Abs. 1 übernimmt die Grds. des Art. 33 Abs. 2 GG in das Dienstverhältnis der Soldaten und erstreckt sie über Ernennungen hinaus auf Verwendungsentscheidungen. Für soldatenrechtl. Konkurrenzverhältnisse ist deshalb ein dem Beamtenrecht entspr. Bewerbungsverfahrensanspruch anerkannt.[223] Truppendienstl. mil. Ernennungs- und Verwendungsentscheidungen stehen einer wehrdienstgerichtl. Kontrolle zugunsten der unterlegenen Bewerber offen. Solche von den Wehrdienstgerichten zu entscheidenden truppendienstl. Streitigkeiten (Konkurrentenklagen[224]) sind von der Rspr. zugelassen.[225]
Die Erweiterung der Reichweite des Leistungsgrds. über Ernennungen hinaus auf Verwendungsentscheidungen berücksichtigt, dass in der Praxis der Bw die Entscheidung über die höherwertige Verwendung die nachfolgende Entscheidung über eine der Dotierung des Dienstpostens entspr. Beförderung in ein höheres Statusamt wesentlich vorprägt. Deshalb ist ein Eignungs- und Leistungsvergleich am Maßstab von § 3 Abs. 1 nur dann vorzunehmen, wenn über die Bewerbung mehrerer Soldaten um eine für sie jew. höherwertige Verwendung zu entscheiden ist („Förderungsbewerber“). Ein Eignungs- und Leistungsvergleich ist nicht geboten, wenn der von einem Bewerber innegehabte und der von ihm angestrebte Dienstposten besoldungsmäßig gleich bewertet sind („Versetzungsbewerber“).[226]
Maßgeblich für die gerichtl. Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist bei der Anfechtung einer Auswahlentscheidung, die mit dem Verpflichtungsantrag verbunden wird, über die Besetzung des Dienstpostens neu zu entscheiden, der Zeitpunkt des Erlasses der letzten Behördenentscheidung.[227]
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Der Begriff der Ernennung ist identisch mit dem in § 4 Abs. 1 verwendeten Terminus. Insoweit wird auf die Komm. zu § 4 Rn. 7 ff. verwiesen. Förderliche Maßnahmen im Wege von Ernennungen, bei denen der Leistungsgrds. des Abs. 1 (bei Bewerbern des Art. 33 Abs. 2 GG[228]) berücksichtigt werden muss, sind demnach insbes. die Begr. von Wehrdienstverhältnissen eines BS oder SaZ (Berufung, vgl. § 4 Abs. 1 Nr. 1)[229] und jede Beförderung (§ 4 Abs. 1 Nr. 3).[230]
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Der Begriff der Verwendung ist nicht gesetzl. definiert. Das BVerwG[231] bezeichnet als „konkrete“[232] Verwendung „die Einweisung des Soldaten in einen bestimmten soldatischen Pflichtenkreis“ (besser wird hier von einem Aufgaben- oder Tätigkeitskreis gesprochen, da Pflichtenkreis auf den Pflichtenkatalog der §§ 7 ff. hindeutet, was nicht gemeint ist). Letztlich ist die soldatische Verwendung die auf die besonderen Bedürfnisse der SK zugeschnittene Variante zum beamtenrechtl. Begriff des Amtes im konkret-funktionellen Sinne[233], ohne mit diesem deckungsgleich zu sein.
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Die Übertragung des vielschichtigen beamtenrechtl. Amtsbegriffs[234] auf den Bereich der Soldaten wäre mit der für die Einsatzfähigkeit der SK notwendigen personellen Flexibilität und der bei dienstl. Bedürfnis unerlässlichen Ausnutzung der vollen Verwendungsbreite eines Soldaten, gemessen an seiner Eignung und Befähigung, nicht zu vereinbaren. Deshalb gibt es nur in Teilen Überschneidungen mit dem Beamtenrecht:
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Unter dem beamtenrechtl. Amt im statusrechtl. Sinne ist die Rechtsstellung des Beamten zu verstehen, die durch die Zugehörigkeit zu einer Laufbahn und Laufbahngruppe, durch die besoldungsrechtl. Einstufung und die Amtsbezeichnung gekennzeichnet ist.[235] Die Ämter im statusrechtl. Sinne ergeben sich aus den dem BBesG als Anl. beigefügten Besoldungsordnungen (Beispiel: das statusrechtl. Amt eines Hauptsekretärs, Anl. I zum BBesG, Besoldungsordnung A, BesGr A 8). Durch die Einordnung in die entspr. BesGr werden Inhalt, Bedeutung und Wertigkeit des Amtes zum Ausdruck gebracht.
Für den soldatischen Bereich (BS und SaZ) wird eine dem statusrechtl. Amt in Teilen vergleichbare rechtl. Stellung[236] durch den Begriff des Dienstgrades geprägt.[237] Aus dem Dienstgrad sind die Zugehörigkeit zu einer Laufbahngruppe und (grds.[238]) die besoldungsrechtl. Einstufung ableitbar. Anders als bei Beamten, denen aus ihrem Status grds.[239] ein Anspruch auf eine amtsangemessene Tätigkeit zusteht[240], kann der Soldat i.d.R. einer Ausweitung seiner Tätigkeit nicht unter Hinw. auf statusrechtl. Vorgaben entgegentreten. Eine nicht dienstgradgerechte Verwendung[241] findet ihre Grenze erst in der Unzumutbarkeit.[242]
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Mit dem beamtenrechtl. Amt im funktionellen (auch funktionalen) Sinne werden zwei Amtsbegriffe zusammengefasst: Ein Amt im abstrakt-funktionellen Sinn kennzeichnet einen der Rechtsstellung des Beamten entspr. Aufgabenkreis in einer Behörde. Es wird dem Beamten mit der Zuweisung zu einer bestimmten Behörde übertragen (z.B. Aufgabenkreis eines Regierungsdirektors im BMVg) und ändert sich bei der Versetzung zu einer anderen Behörde. Das Amt im konkret-funktionellen Sinn ist ein dem Beamten nach dem Organisations- und Geschäftsverteilungsplan der Behörde speziell übertragener Aufgabenbereich (Dienstposten).[243]
Die Übertragung eines anderen Amtes im konkret-funktionellen Sinn, also die Zuweisung eines anderen geschäftsplanmäßigen Aufgabenbereichs (Dienstpostens) innerhalb einer Behörde, ist die Umsetzung.[244] Sie ändert das Amt im abstrakt-funktionellen Sinn nicht.
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Soldaten wird kein Amt im funktionellen Sinne verliehen. Der Dienstherr hilft sich bei der Zuweisung von Aufgaben an Soldaten mit der Verwendung. Dabei hat auch der Begriff der Verwendung einen abstrakten und einen konkreten Gehalt. Das BVerwG[245] hat hierzu klargestellt, dass der BMVg kraft seiner OrgGewalt die Verwendungsmöglichkeiten allg. festsetzen und „dabei in Aufgabenkatalogen bestimmte soldatische Pflichtenkreise festlegen“ könne. Daraus ergäben sich bestimmte, der Rechtsstellung des Soldaten entspr. „abstrakte Aufgabenkreise“ im Rahmen der Org der Bw[246], die „dem abstrakten Amt im funktionellen Sinne im Beamtenrecht“ entsprächen. Über „die konkrete Verwendung, d.h. die Einweisung des Soldaten in einen bestimmten soldatischen Pflichtenkreis“, entscheide der zuständige Vorg. nach Maßgabe des dienstl. Bedürfnisses nach seinem Ermessen. Aus diesen beiden Facetten ergibt sich folglich die Begriffsbestimmung der Verwendung.[247]
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Während bei der Abforderung von Leistungen gegenüber Beamten deren Amt vorrangig ist,[248] steht beim Einsatz von Soldaten die Erfüllung des mil. Auftrags im Vordergrund. Das BVerwG[249] hat betont, wie bei der im Beamtenrecht entspr. Zuweisung eines bestimmten Dienstpostens (Amt im konkret-funktionellen Sinn) sei der Dienstherr nicht gänzlich frei, welche Funktionen er dem Aufgabenbereich des Soldaten zuordne. Das Gericht erkennt an, dass eine auf ständige Einsatzbereitschaft ausgerichtete hochtechnisierte Armee personelle Flexibilität verlange. Sie sei unerlässlich für die Einsatzfähigkeit der Truppe. Daraus sei die Befugnis der Personalführung zu folgern, die Verwendungsbreite eines Soldaten voll auszunutzen und ihn im Rahmen der dienstl. Bedürfnisse dort einzusetzen, wo er entspr. seiner Eignung und Befähigung optimale Leistungen verspreche. Die Grenze des Ermessens sei erst überschritten, wenn die Verwendung dem Soldaten unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls bei objektiver Beurteilung nicht mehr zumutbar und daher willkürlich sei.[250] Zu den Umständen des Einzelfalls gehören – so das BVerwG[251] – die vom BMVg aufgrund seiner OrgGewalt durch Erlasse festgelegten Aufgabenkreise der Soldaten. Diese bestehen nicht nur aus den Umschreibungen in der SollOrg[252]. Diese ist nur eine planerische Grundlage für Stärke, Gliederung und Ausrüstung der Bw und eine Grundlage für die Haushaltsanforderungen und Stellenpläne. Gleichwohl stellt die SollOrg einen Anhaltspunkt für den Einsatz des Soldaten auf einem bestimmten Dienstposten dar. Der Personalführung, insbes. dem BMVg, steht es im Rahmen seiner OrgGewalt frei, die Verwendungsbreite einzelner Soldaten aufgrund ihrer besonderen Ausbildung zu vergrößern. Letztlich muss dies im Rahmen dienstl. Erfordernisse der zuständige mil. Vorg. nach pflichtgemäßem Ermessen anordnen können.[253]