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3. Exkurs: Einsatz-Weiterverwendungsgesetz[402]

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Auslandseinsatzbedingte Schädigungen können über Abs. 2 und Abs. 3 hinausgehende Ansprüche nach dem EinsatzWVG auslösen. Dieses G soll verhindern, dass durch eine Schädigung im Auslandseinsatz betroffene Soldaten, für die auf dem Arbeitsmarkt keine Perspektive mehr besteht, gänzlich aus dem Berufsleben ausscheiden müssen. Hierzu erhalten Maßnahmen zur Eingliederung in das Erwerbsleben Vorrang vor einer sonst nach § 44 Abs. 3, § 55 Abs. 2 oder § 75 Abs. 1 Satz 2 Nr. 10 wegen des gesundheitlichen Zustandes gebotenen Beendigung eines Wehrdienstverhältnisses.

Wer als Soldat eine nicht nur geringfügige gesundheitliche Schädigung durch einen Einsatzunfall i.S.v. § 63c SVG erlitten hat, befindet sich als Einsatzgeschädigter (§ 1 Nr. 1 EinsatzWVG) kraft Gesetzes in einer sog. Schutzzeit. Das ist nach § 4 Abs. 1 EinsatzWVG die Zeit, in der medizinische Leistungen zur Behandlung der gesundheitlichen Schädigung oder Leistungen zur beruflichen Qualifizierung benötigt werden, um die Aufnahme der bisherigen beruflichen Tätigkeit, eine dauerhafte Weiterverwendung nach dem EinsatzWVG oder eine sonstige Eingliederung in das Arbeitsleben zu erreichen.

Während der Schutzzeit dürfen Einsatzgeschädigte wegen einer durch den Einsatzunfall bedingten Dienstunfähigkeit nur auf eigenen Antrag in den Ruhestand versetzt oder entlassen werden. Die Schutzzeit endet mit der Feststellung, dass die o.g. Ziele erreicht sind oder voraussichtlich nicht mehr erreicht werden können (§ 4 Abs. 3 Satz 1 EinsatzWVG), spätestens fünf Jahre[403] nach dem Beginn beruflicher Qualifizierungsmaßnahmen oder mit Ablauf des Monats, in dem die Einsatzgeschädigten das 65. Lebensjahr vollenden (§ 4 Abs. 3 Satz 2-4 EinsatzWVG).

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Im Hinblick darauf, dass BS durch die Regelung des § 3 Abs. 2 und die finanzielle Absicherung durch das SVG hinreichend geschützt sind, sieht das EinsatzWVG für alle anderen Wehrdienstverhältnisse, die sonst während der Schutzzeit durch Zeitablauf (nicht wegen Dienstunfähigkeit) enden würden oder aus diesem Grund zu beenden wären, den Eintritt in ein Wehrdienstverhältnis besonderer Art[404] vor, in dem Einsatzgeschädigte die Rechtsstellung eines SaZ haben (§ 6 Abs. 1 und 2 EinsatzWVG). Hat das Wehrdienstverhältnis bereits durch Zeitablauf geendet oder ist es aus diesem Grund beendet worden und ist die gesundheitliche Schädigung erst danach erkannt worden (Stichwort: posttraumatische Belastungsstörungen), besteht nach § 6 Abs. 5 und 6 EinsatzWVG unter bestimmten Voraussetzungen ein Anspruch auf Wiedereinstellung in ein Wehrdienstverhältnis besonderer Art zur Gewährleistung der Schutzzeitregelung, wie sie bei rechtzeitigem Erkennen der Schädigung zu gewähren gewesen wäre.

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Einsatzgeschädigte, deren Erwerbsfähigkeit infolge des Einsatzunfalls am Ende der Schutzzeit um mindestens 30 Prozent gemindert ist, haben – sofern sie keine für sie festgesetzte besondere oder allg. Altersgrenze erreicht oder überschritten haben – nach § 7 EinsatzWVG bedarfsunabhängig ungeachtet der in § 39 genannten Voraussetzungen Anspruch auf Berufung in das Dienstverhältnis eines BS[405], nachdem sie sich im unmittelbaren Anschluss an die Schutzzeit in einer Probezeit von sechs Monaten[406] bewährt haben. An Stelle der körperlichen Eignung nach § 37 Abs. 1 Nr. 3 muss lediglich Dienstfähigkeit[407] vorliegen (vgl. § 7 Abs. 1 Satz 4 EinsatzWVG).

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Wie bereits das Einsatzversorgungsgesetz[408], das die Einsatzversorgung nach dem SVG deutlich verbessert hat, ist das EinsatzWVG hins. des Gleichbehandlungsgrds. kritisch zu betrachten. Ein Inlandsdienstunfall mit gleichen oder sogar schwerwiegenderen Schädigungsfolgen wird wesentlich schlechter behandelt als eine im Ausland erlittene Schädigung. Dies gilt umso mehr, als nicht jede „besondere Auslandsverwendung“ nach § 63c SVG[409] von einer besonderen Gefährdungslage geprägt sein muss.[410] Wenn dann noch aus falsch verstandener Fürsorge eine großzügige Praxis der Anerkennung von Schädigungen als Einsatzunfall hinzutritt, kann auch der Aufopferungsgedanke (vgl. die Komm. zu § 3 Abs. 2, o. Rn. 114) diese Privilegierung nicht rechtfertigen. Eigentlicher Grund für die Verabschiedung des EinsatzWVG war die hinter der Versorgung der BS deutlich zurückbleibende Versorgung für die nach dem WPflG und dem Vierten Abschnitt des SG Wehrdienst leistenden Soldaten. Dieser Lücke des Einsatzversorgungsgesetzes hätte systemkonform und rechtl. unbedenklich durch eine Gleichbehandlung von Dienstunfällen im In- und Ausland sowie durch Ausdehnung der BS-Versorgung auf alle Soldaten Rechnung getragen werden können.

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Besonders krit. zu sehen ist auch die durch das EinsatzVVerbG auf polit. und gewerkschaftlichen Druck[411] bewirkte Absenkung des für eine Weiterverwendung notwendigen Grades der Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) in § 7 Abs. 1 Satz 1 EinsatzWVG auf gerade noch 30 Prozent. Ob angesichts dieses niedrigen Grades der MdE wirklich noch von „extremen Härtefällen“ gesprochen werden kann, in denen „ausnahmsweise dem Sozialstaatsprinzip höheres Gewicht [zuzumessen sei] als dem den Zugang zu öffentlichen Ämtern zugrunde liegenden Leistungsprinzip“[412], erscheint äußerst zw. Der Fraktionsantrag[413] begründet die Notwendigkeit zur Absenkung damit, gerade bei psychischen Erkrankungen existiere keine sog. Gliedertaxe, vielmehr müsse der Grad der Schädigung jew. individuell ermittelt werden, „wobei das Erreichen der 50 Prozent regelmäßig äußerst schwierig ist, da die Erwerbsminderung, anders als z.B. bei einem fehlenden Arm oder Bein, nicht von außen erkennbar“ sei. Diese eher ratlos machende Begr. (was soll hier anders sein als in sonstigen Fällen psychischer Erkrankungen in anderen Teilen des öff. Dienstes, z.B. bei Angehörigen der Feuerwehr, medizinischem Rettungspersonal, Polizeibeamten?) scheint den VertA bewogen zu haben, auf eine Begr. gänzlich zu verzichten[414] und sich statt dessen mit einem Prüfauftrag an die Exekutive zu den Folgen der Absenkung der MdE nach zwei Jahren zu begnügen. Dem Problem der Gleichbehandlung wird damit nur ausgewichen.

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