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I. Grundlagen

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Die wirtschaftliche Betätigung ist nicht nur von fundamentaler gesamtgesellschaftlicher Bedeutung, sondern auch die Lebensgrundlage für einen großen Teil der Bevölkerung. Schon deswegen ist sie der Gegenstand rechtlicher Regelungen. Gleichzeitig ist kaum ein Rechtsgebiet so sehr konkretisiertes Verfassungs- und Unionsrecht wie das öffentliche Wirtschaftsrecht. Auch wenn beide keine bestimmte Wirtschaftsordnung vorschreiben (s. bereits oben Rn 3 f), determinieren neben den Grundrechten vor allem europäische Grundfreiheiten die Auslegung und Anwendung wirtschaftsverwaltungsrechtlicher Normen. Hinzugetreten sind die europäischen Grundrechte. Unionale und nationale Maßstäbe sind dabei auf komplexe Art und Weise miteinander verzahnt. Immer häufiger treffen sie nicht mehr auf nationale Rechtsvorschriften, sondern auf harmonisiertes Recht. Schon vor 30 Jahren stammten angeblich ca. 80% der für die Wirtschaft bedeutsamen Normen aus Brüssel[1] und machte die Umsetzung europäischer Vorgaben die Hälfte der gesamten Gesetzgebungstätigkeit der Mitgliedstaaten aus[2]. Dabei bewegt sich das Binnenmarktrecht zwischen „zwei tektonischen Platten: einerseits den Marktfreiheiten und andererseits dem Bestreben der Mitgliedstaaten, Interessen nicht wirtschaftlicher Art selbst zu regeln“[3].

Nach Art. 288 AEUV erlassen die Gemeinschaftsorgane Verordnungen, Richtlinien, Entscheidungen und Empfehlungen, von denen Verordnungen und die zunächst häufiger anzutreffenden Richtlinien die Normen des Unionsrechts darstellen. Die Richtlinien verfolgten zunächst vor allem das Prinzip einer (materiellen) Rechtsharmonisierung und füllten so häufig die Lücken, die das Primärrecht durch die Nichtanwendbarkeit nationaler Vorschriften schuf. Heute beruht in Teilen des europäischen Wirtschaftsrechts, vor allem im richtliniengeprägten Regulierungsrecht, also insbes Telekommunikations-, Energie- und Kapitalmarktrecht, das gesamte Rechtsregime auf unionalen Vorgaben. Im Bereich der reglementierten Berufe ließ sich eine solche umfassende Rechtsharmonisierung nicht erreichen, so dass sich das Unionsrecht zunächst auf die Frage einer Anerkennung ausländischer Abschlüsse konzentrierte, bevor es zunehmend das Herkunftslandprinzip favorisierte. Diese Entwicklung manifestiert sich insbesondere in der Berufsanerkennungs- und der DienstleistungsRL, die vor allem das Handwerks- und das Gewerberecht massiv umgestaltet (vgl Rn 237 ff; Rn 477 f), aber in ihrer Relevanz für Inlandssachverhalte erst noch ausgelotet werden muss. Zusätzlich mahnte die Kommission seit längerem eine strengere Verhältnismäßigkeitsprüfung an. In ihrer Mitteilung vom 28.10.2015 sah die Kommission die Notwendigkeit, den Mitgliedstaaten zusätzlich ein Raster an die Hand zu geben, das sie bei der Überprüfung bestehender oder dem Erlass neuer Berufsreglementierungen anzuwenden hätten[4]. Hierauf hat der EU-Gesetzgeber mit der VerhältnismäßigkeitsRL (RL 2018/958/EU) reagiert, die von den Mitgliedstaaten bis zum 30.7.2020 in nationales Recht umzusetzen ist[5]. Sie erfasst sämtliche Rechts- und Verwaltungsvorschriften, die in den Anwendungsbereich der Berufsanerkennungsrichtlinie fallen und den Zugang oder die Ausübung eines Berufs beschränken (Art. 2 Abs. 1 VerhältnismäßigkeitsRL). Zugleich werden die zunehmend strengeren Anforderungen des EuGH an die von den Mitgliedstaaten anzuführenden Beweismittel aufgegriffen[6]. Zunehmend wird die Richtlinie auf europäischer Ebene durch Verordnungen abgelöst. Beispiele liefert insbes das Finanzmarkt(aufsichts)recht (vgl Rn 191 ff). Eine Harmonisierung der Rechtsanwendungspraxis ist auf der Grundlage unterschiedlicher nationaler Regelungsregime aber nur begrenzt zu verwirklichen. Daher spielt – nicht zuletzt in der Bankenunion – das Eigenverwaltungsrecht eine immer bedeutsamere Rolle. Mit der EZB übernimmt erstmals eine europäische Regulierungsagentur Aufgaben in einem Kernbereich des öffentlichen Wirtschaftsrechts.

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