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a) Vorrang des Unionsrechts und unmittelbare Anwendbarkeit

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Unionsrecht und nationales Recht bilden zwei miteinander verbundene Rechtskreise. Das Verhältnis zwischen beiden wird grundsätzlich durch das Unionsrecht bestimmt, denn nur so lässt sich ein einheitlicher Vollzug des Unionsrechts durch die Mitgliedstaaten sicherstellen. Aufgrund des Vorrangs des Unionsrechts[26] geht es im Kollisionsfall entgegenstehenden nationalen Normen vor, sofern es unmittelbar anwendbar ist. Der Anwendungsvorrang des Unionsrechts führt nicht zur Nichtigkeit nationaler Bestimmungen (im Sinne eines Geltungsvorrangs), sondern zwingt (lediglich) dazu, sie insoweit nicht anzuwenden, als der Konflikt mit Unionsrecht besteht. Die aus dem Vorrang abgeleitete Nichtanwendungspflicht[27] trifft Gerichte wie Verwaltungsbehörden. Die unmittelbare Anwendbarkeit setzt voraus, dass die Norm rechtlich vollkommen und unbedingt ist, dh keines weiteren mitgliedstaatlichen Vollzugsakts bedarf. Bei den Grundfreiheiten ist die unmittelbare Wirkung immer gegeben[28], ebenso bei den Grundrechten der GRCh. Zu problematisieren ist sie bei den grundsätzlich nur staatengerichteten Richtlinien. Hier ist die unmittelbare Anwendbarkeit nur ausnahmsweise, bei nicht fristgemäßer bzw unzulänglicher Umsetzung gegeben (s. unten Rn 99).

Für den Einzelnen bedeutet dies, dass er sich gegenüber nationalen Stellen und vor Gericht auf die Bestimmungen des Unionsrechts berufen kann, sie ihm also subjektive Rechte gewähren[29]. Dies folgt für die Grundfreiheiten aus dem Verständnis der Grundfreiheiten als Eingriffsabwehrrechte (s. dazu unten Rn 50) und bedarf in der Fallbearbeitung keiner ausführlichen Begründung. Für die Grundfreiheiten hat sich der EuGH bereits 1963 ausdrücklich zum subjektivrechtlichen Ansatz bekannt. Obwohl sie sich vordergründig nur mit dem Zollrecht beschäftigte, markierte die Entscheidung van Gend & Loos[30] nicht nur eine Abkehr vom klassisch-völkerrechtlichen Verständnis des Gemeinschaftsrechts, sondern damit unmittelbar zusammenhängend die Entwicklung einer unionalen Konzeption des subjektiven öffentlichen Rechts. Bei den europäischen Grundrechten der GRCh ergibt sich ihre Rechtsverbindlichkeit aus Art. 6 Abs. 1 UAbs. 1 EUV und ihr Anwendungsbereich aus Art. 51 GRCh. Unproblematisch besteht sie bei europäischen Verordnungen.

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