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3. Verwaltungsrechtsschutz im Verbund

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Die Prüfung von Grundfreiheiten und Grundrechten obliegt in den meisten Fällen zunächst den Fachgerichten. Verwaltungsgerichte fungieren im öffentlichen Wirtschaftsrecht als zentrale Kontrollinstanz, die überall dort Rechtsschutz gewähren, wo öffentliches Wirtschaftsrecht durch deutsche Behörden vollzogen wird, selbst wenn deren Tätigkeit durch Unionsrecht geprägt ist[52]. Europäischer Rechtsschutz kommt für den Einzelnen in zwei Varianten in Betracht: Sofern ausnahmsweise europäische Behörden tätig werden (s. zur Bankenaufsicht durch die EZB Rn 191 ff)[53], aber auch gegenüber europäischen Verordnungen des Tertiärrechts (vgl Rn 91) ist die Nichtigkeitsklage nach Art. 263 Abs. 4 AEUV einschlägig (zu dieser näher Rn 92). Zugleich sind die Grenzen der Fachgerichtsbarkeit zu beachten, die in Vorlagepflichten münden. Die Vorlageverfahren nach Art. 267 AEUV zum EuGH dient der Klärung unionsrechtlicher Fragen[54], die prinzipale Normenkontrolle nach Art. 100 GG sichert das Verwerfungsmonopol des BVerfG hinsichtlich nachkonstitutioneller Vorschriften. Die Verfassungsbeschwerde kommt im öffentlichen Wirtschaftsrecht idR nur als Urteilsverfassungsbeschwerde gegen letztinstanzliche Urteile in Betracht[55]. Da die Verletzung der Vorlagepflicht auch gegen den Anspruch auf den gesetzlichen Richter (Art. 101 Abs. 1 S. 2 GG) verstößt, kommt es zu einer Verzahnung zwischen beiden Rechtskreisen.

Dabei gibt es für die Prüfungsreihenfolge beim Zusammentreffen unionsrechtlicher und verfassungsrechtlicher Bedenken nach Auffassung des BVerfG keine zwingende Reihenfolge[56]. Steht allerdings die Nichtanwendbarkeit der Norm im konkreten Fall fest, ist sie nicht mehr entscheidungserheblich iSv Art. 100 Abs. 1 S. 1 GG[57]. Immer häufiger setzt aber auch sonst die Beantwortung verfassungsrechtlicher Fragen die Klärung europarechtlicher Vorfragen voraus; sie ist dann auch Voraussetzung einer Vorlage an das BVerfG[58]. Zugleich sind die Fachgerichte verpflichtet, die unionsrechtlichen Vorgaben zu prüfen und ggf gemäß Art. 267 AEUV dem EuGH vorzulegen; die Nichtvorlage kann im Vertragsverletzungsverfahren geprüft[59], aber vor allem auch mit der Verfassungsbeschwerde geltend gemacht werden: die Verletzung der Vorlagepflicht bedeutet zugleich einen Verstoß gegen den gesetzlichen Richter iSv Art. 101 Abs. 1 S. 2 GG (ausführlich ▸ Klausurenkurs Fall Nr 2). Voraussetzung einer Verletzung des Anspruchs auf den gesetzlichen Richter ist jedoch, dass die Vorlage willkürlich unterblieb. Zwar hat das BVerfG[60] ausdrücklich anerkannt, dass hierbei auch unionale Maßstäbe eine Rolle spielten. Allerdings bleibe die Frage nach dem gesetzlichen Richter eine solche des nationalen Verfassungsrechts, die in allen Fällen der Vorlageverpflichtung nach gleichen Maßstäben geprüft werden und die Funktion des BVerfG beachten müsse. Vor diesem Hintergrund unterscheidet es drei Konstellationen[61]: Eine „grundsätzliche Verkennung der Vorlagepflicht“[62], ein bewusstes Abweichen von der EuGH-Rechtsprechung „zu entscheidungserheblichen Fragen“[63] und als wichtigste Fallgruppe die Überschreitung des gerichtlichen Beurteilungsspielraums bei Unvollständigkeit der Rechtsprechung[64].

§ 2 Der unions- und verfassungsrechtliche Ordnungsrahmen › II. Die Grundfreiheiten

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