Читать книгу Layni - Herrin der Wächter - Stefanie Worbs - Страница 11

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Dáire versperrte Layni den Weg und sah erschrocken aus. „Nein, bitte. Begleite mich.“ Er klang, als wäre sie dabei, ihm etwas wegzunehmen, ohne das er nicht leben konnte. „Bitte bleib. Es tut mir wirklich leid. Du hast recht, ich war stur. Ich hab wirklich nicht gedacht, dass so was passieren kann. Ich wollte nur den schnellsten Weg nehmen. Ich ersetze dir das Pferd natürlich und es wird auch ein Besseres werden. Du kannst es dir auch aussuchen. Bis dahin nimm meins. Bitte geh nicht.“

Seine Augen flehten sie regelrecht an, ihm zu verzeihen, und seine Haltung wirkte fast unterwürfig. Sie verengte argwöhnisch die Augen und wollte an ihm vorbeigehen, doch er ließ sie nicht.

„Bitte, Lady Layni. Ich verspreche, ab jetzt auf deinen Rat zu hören. Deine Heimat. Du kennst dich hier aus. Ich werde dir folgen. Bitte bleib und komm mit in den Westen.“

„Was willst du von mir?“, fragte sie und hielt seinen Blick fest. „Warum ich? Es gibt unzählige andere, aber du bettelst, dass ich dich begleite.“

„Ich ...“ Er verstummte. „Es ist ...“, stotterte er weiter. „Mein Auftrag. Meine Herrin erwartet, dass ich ihn erfülle.“

„Und dazu bin ausgerechnet ich notwendig?“

„Ja. Der Auftrag ist wichtig. Nicht nur für sie, auch für mich.“

„Warum?“

„Mein Lohn ist eine Lehrerstelle. Eine, die ich schon immer haben wollte. Nur wenn ich diesen Auftrag erfülle, bekomme ich sie. Er ist so was wie meine Bewährungsprobe. Ich muss erfolgreich sein und nur du kannst mir dabei helfen.“

„Ich verstehe noch immer nicht, warum ausgerechnet ich allein dazu in der Lage sein soll.“

„Weil du eben du bist.“

„Aber es gibt unzählige Söldner oder Leibwachen.“

„Aber keine zweite Lady Layni.“

Sie seufzte und senkte den Blick. „Du kannst dein Pferd behalten.“ Dáire wollte gerade Einwände erheben, als sie ihn mit einer Geste davon abhielt. „Das Packpferd ist robuster und besser geeignet, sollte es zu einem Angriff kommen.“ Sie setzte es in Anführungszeichen, weil sie nicht glaubte, dass es passierte. „Es ist zwar auch verletzt, aber das kann ich behandeln. Wir werden die nächsten beiden Tage trotzdem laufen müssen. Mindestens.“

Dáire atmete erleichtert aus. „Danke. Du hast keine Ahnung, wie sehr du mir hilfst.“

„Wir brauchen trotzdem ein drittes Pferd.“

„Natürlich. Du kannst dir eines aussuchen, wenn du das da nicht mehr reiten willst. Egal, was für eins.“

„Wir werden sehen.“ Layni wandte sich wieder um und ging zum Feuer zurück. Dáire folgte ihr und hob das Säckchen mit dem Geld auf, das sie ihm vor die Füße geworfen hatte. Sie nahm es ihm wortlos ab. „Essen gibt’s trotzdem nicht. Ich bin zu müde. Wie sieht’s bei dir aus?“

„Es geht. Schlaf du zuerst.“

Sie nickte, ließ sich nieder und schloss die Augen.

Die zwei Tage vergingen schleppend, nicht nur, weil sie laufen mussten. Layni war noch immer nicht gut auf Dáire zu sprechen und so schwiegen sie die meiste Zeit. Am dritten Tag versuchte sie es mit reiten und endlich ging es wieder schneller voran. Ihr Ziel war eine Nomadenfamilie, die derzeit günstigerweise auf ihrem Weg lagerte. Layni wusste, dass ihre Mitglieder sich immer in einem gewissen Umkreis aufhielten. Ihnen gehörte das Land hier und sie nutzten es zur Viehzucht. Unter anderem auch für Pferde. Sie hoffte, ein brauchbares zu bekommen.

Schon von Weitem sah sie eine große Herde Rinder grasen, die von mehreren Hütehunden umkreist wurde. „Können wir hier haltmachen?“ Layni wandte sich zu Dáire um. Er ritt schon geraume Zeit hinter ihr und schien in Gedanken versunken zu sein. „Botschafter!“, rief sie und holte ihn aus seiner Grübelei.

„Ja, Lady Layni?“

„Können wir hier haltmachen? Diese Nomaden züchten Pferde, vielleicht ist was dabei.“

„Natürlich. Reite voran, ich folge dir.“

Sie erreichten eine Gruppe von Zelten und wurden von zwei Frauen und mehreren Kindern empfangen. Die Kleinen sprangen um ihre Pferde herum und lachten, weil sie Layni erkannten.

„Layni“, begrüßte Helda sie. Die Frau war die Gattin des Oberhauptes der Nomaden und hatte Layni schon öfter Obdach gewährt.

„Hallo, Helda. Wie geht es euch?“, fragte sie und saß ab.

„Zurzeit sehr gut. Wir haben viel Nachwuchs auf der Weide und unter uns.“ Sie strich sachte über ihren Bauch, der eine eindeutige Wölbung zeigte.

„Herzlichen Glückwunsch zu beidem“, grinste Layni.

„Was verschafft uns die Ehre?“, wollte nun Helda wissen und warf Dáire einen Blick zu.

„Geleitschutz für den da“, erklärte Layni knapp und deutete mit dem Daumen auf ihre Begleitung. „Es geht in den Westen ans Meer.“

„Oh, so weit? Ein ganz schöner Weg.“

„Stimmt. Deshalb besuche ich euch auch. Ich brauche ein Pferd.“

Helda presste die Lippen aufeinander und Layni wusste warum. Es war nicht das erste Tier, das sie hier kaufte, und es waren zu viele in zu kurzer Zeit gewesen.

„Mein Mann wird das nicht gern hören“, sagte die Nomadenfrau, ohne zu fragen, was mit dem letzten Pferd passiert war. „Wir haben gute Tiere und er verkauft auch nur an gute Halter. Das Letzte hast du nur noch bekommen, weil du eine Freundin bist.“

„Ich weiß. Ich ...“

„Es war meine Schuld“, unterbrach Dáire sie. „Sie hat es meinetwegen verloren. Ich kaufe das Neue.“ Er war herangetreten und stand jetzt neben Layni. „Dáire“, stellte er sich vor und hob die Hand für Helda.

Sie nahm sie argwöhnisch. „Ich bin auf die Geschichte gespannt. Bitte bleibt zum Essen“, lud sie beide ein. Layni warf Dáire einen fragenden Blick zu und er nickte.

Die beiden halfen bei der Zubereitung und saßen bei Sonnenuntergang um das Feuer herum. Layni hatte die Geschichte mit dem Pferd erzählt und Dáire dabei in Schutz genommen. Sie wollte nicht, dass Helda dachte, ihre Tiere gingen in ungeeignete Hände über. Die Nomadenfrau war immer noch nicht begeistert, doch sie versprach, mit ihrem Mann zu reden. Der würde allerdings erst am Morgen von der Herde zurückkehren und so entschieden Layni und ihr Begleiter, auch die Nacht hier zu verbringen.

Dáire war eindeutig nicht für ausdauernde Reisen gemacht, überlegte Layni, als sie den todmüden Mann gegenüber beobachtete. Er versuchte sichtlich, nicht wegzunicken, doch die Augen fielen ihm immer wieder zu. Sie warf ein Stöckchen nach ihm, um seine Aufmerksamkeit zu bekommen.

Er schaute mit vor Müdigkeit kleinen Augen auf. „Mhm?“

„Geh schlafen. Ich kann’s nicht gebrauchen, wenn mein wehrloser Schutzbefohlener auch noch müde und unaufmerksam ist.“

„Ich bin nicht müde.“

„Nein, gar nicht.“ Sie hielt seinen Blick fest und sagte dann sanfter: „Leg dich hin. Ernsthaft.“

„Du musst auch schlafen. Du hast seit gestern Mittag kein Auge zugemacht.“

„Ich bin es aber gewohnt. Du nicht. Bitte, leg dich hin.“

Er hob die Hand und stand auf. Etwas abseits hatten sie ihr Lager aufgeschlagen, wo er sich nun in seine Decken vergrub, tief durchatmete und vermutlich sofort einschlief.

„Er ist niedlich“, meinte Helda und schubste Layni seitlich an. „Und er hat sicher das richtige Alter. Wäre er nicht was für dich?“

„Nein. Er ist mein Auftraggeber.“

„Jetzt. Aber später nicht mehr.“

„Mhh“, brumme Layni.

Die Nomadenfrau riss die Augen auf und stieß ein ha aus. „Du magst ihn!“

„Nein. Ich mag ihn nicht. Er ist seltsam. Irgendwas stimmt nicht mit ihm.“

„Aber trotzdem findest du ihn süß. Irgendwie. Gib’s zu.“

Laynis Blick blieb bei dem kleinen Berg Decken, unter dem Dáire verborgen lag. „Ich kenne ihn nicht mal. Er ist komisch.“ Dennoch musste sie zugeben, dass er ihr in gewisser Weise zusagte.

„Aber er sieht gut aus und hat offensichtlich Geld.“

„Geld ist nicht wichtig.“ Doch dass er gut aussah, konnte Layni nicht leugnen. Schon bei ihrem ersten Treffen waren ihr die sturmgrauen Augen, das freche Grinsen und die verwegene, dunkle Kurzhaarfrisur, die immer perfekt zu legen schien, aufgefallen. Als sie ihn berührt hatte, hatte sie fühlen können, dass er mindestens auf seinen Körper achtete. Auch wenn er sicherlich kein Kämpfer war, hatte er eine durchaus trainierte Gestalt, die auf irgendeine Art Körpertraining hinwies.

Er achtete auf sich und sein Äußeres, ohne aufzutragen. Auch das gefiel ihr. Es zeigte, dass er um seine Ausstrahlung wusste, ohne diese zusätzlich hervorheben zu müssen. Er zog sicherlich die Blicke auf sich, jedoch nicht absichtlich. Seine Kleidung war immer tadellos, doch kein bisschen schnöselig. Er trug dunkle Sachen, keine auffälligen und knalligen Farben, wie es das reichere Volk für gewöhnlich tat. Er trug bis auf eine Halskette und einen Ring auch keinen Schmuck, um seinen Reichtum zur Schau zu stellen.

Sein Pferd war definitiv eines der besseren Zucht, doch auch dessen Ausstattung war schlicht. Genau wie Dáires sonstige Ausrüstung. Wo andere Botschafter einen Karren mit sich führten, hatte er nur ein paar Bündel mit Kleidung und Ausrüstung sowie zwei Satteltaschen für den Rest. Er war offensichtlich bescheiden, wusste aber ebenso, wann es notwendig war, Geld auszugeben. Allerdings verzichtete er mit Sicherheit auch nicht auf Wohlstand, nur weil er sparen wollte.

Wäre er nicht Laynis Auftraggeber und wäre da nicht dieses ungute Gefühl, hätte sie auch mehr Interesse zeigen können. Die Situation war aber nun mal, wie sie war, und vielleicht war es genau so richtig.

„Wie alt ist er denn genau?“, fragte Helda in Laynis Gedanken hinein.

„Keine Ahnung.“

„Ach ja, dein ich frage nichts, was ich nicht wissen muss - Ding“, seufzte die Frau. „So findest du keinen Mann.“

„Er ist mein Auftraggeber“, wiederholte Layni. „Keine Verhältnisse mit den Geldgebern.“

„Noch ist er es.“

„Helda, lass gut sein.“ Sie erhob sich. „Ich leg mich hin. Weckt mich, wenn Wachablösung ist“, bat sie und Helda nickte. Sie ging zu ihrem Lager, unweit dem von Dáire, ließ sich nieder und zog die Decke bis über die Nase.

„Sechsundzwanzig“, kam es leise aus dem Haufen Decken von Dáires Lager.

Unwillkürlich legte sich ein Grinsen auf ihre Züge und Layni schloss die Augen.

Heldas Mann weigerte sich strikt, Layni oder Dáire ein Pferd zu verkaufen. Die Tiere seien zu gut für so schlechte Halter, meinte er und machte Layni damit mehr als wütend. Natürlich verstand sie seine Einstellung, aber sie würden immerhin gut für das Pferd bezahlen und die Haltung war nie schlecht gewesen. Nur eben die Umstände und die bedauerte Layni ebenso. Doch Delt ließ nicht mit sich reden, also zogen die beiden ohne neues Reittier weiter.

„In der nächsten Stadt finden wir sicher einen Händler“, versuchte Dáire, Layni milde zu stimmen. „Die Abmachung steht ja noch.“

Sie nickte nur und trieb das Packpferd an, das sie nun wohl oder übel weiterreiten musste. Es war ja nicht unbedingt schlecht, aber eben auch kein Pferd für schnelle Manöver. Würde es zum Verteidigungsfall kommen, konnte sie also nicht von seinem Rücken aus agieren.

Hoffen wir einfach, dass es nicht dazu kommt, dachte Layni. Denn Gegnern mit Pferd war sie dann unterlegen.

Layni - Herrin der Wächter

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