Читать книгу Layni - Herrin der Wächter - Stefanie Worbs - Страница 13
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Layni
Sie ritten gemächlich, aber nicht langsam und hatten schon zwei Wochen später die große Ebene in Teneths Mitte erreicht. Von hier aus würde es einsam werden. Hier gab es kaum Siedlungen oder auch nur Nomadenstämme. Die Gegend war einfach zu abgeschieden und kaum einer wurde hier sesshaft.
„Wenn wir weiter so gut vorankommen, sind wir in zwei Tagen am Silas“, meinte Layni und lenkte ihr Pferd an Dáires Seite. „Hinter dem Fluss hört mein Hoheitsgebiet auf“, grinste sie ihn an und meinte damit, dass sie sich dann weniger gut auskannte. Im Westen war sie kaum gewesen, weil er einfach zu weit weg lag.
„Heißt das, ich übernehme von da an die Führung?“, fragte er frech zurück und lachte auf. „Wurde ja Zeit. Dafür, dass ich hier der Geldgeber bin.“
„Du hast die ganze Zeit schon das Sagen. Ich habe nur meine Meinung geäußert.“
„Die wir dann aber bitte auch befolgen sollten“, gab er ihr trocken zurück.
„Du hattest zu jeder Zeit die Wahl. Allerdings haben wir auch gesehen, wo uns deine Entscheidungen hingeführt haben.“
„Wie lange beabsichtigst du, mir das vorzuhalten?“, wollte er wissen und verzog das Gesicht. „Es war ein Fehler, ich habe ihn zugegeben und das Ersatzpferd steht in Aussicht.“
„Ich habe es aber immer noch nicht. Solange musst du die Spitzen ertragen.“ Sie grinste erneut, doch er schnaubte nur. „Lass uns hier rasten. Es wird bald dunkel und bis zum Silas gibt es kaum Möglichkeiten, geschützt zu schlafen.“ Layni deutete auf eine kleine Ansammlung Sträucher und Bäume in der Nähe.
Wenig später hatten sie ein Lager errichtet und Dáire versuchte sich erneut daran, ein Feuer zu machen. Mittlerweile hatte er raus, wie man die Stöcke stapeln musste, trotzdem würde er es heute sehr schwer haben, denn der Wind pfiff zu stark. Der Zunder wollte einfach kein Feuer fangen.
Resigniert ließ er sich zurückfallen und warf den Feuerstein frustriert in die kalte Kochstelle. „Mist verdammter.“
„Du fluchst? Wie ungewohnt“, feixte sie.
„Eine Sache, die ich durchaus kann“, hielt er fest, musste aber ebenfalls schmunzeln. „Schaffst du es?“, wollte er wissen und deutete auf das Holz vor sich.
„Ich kann’s versuchen.“ Layni stand auf und holte den Feuerstein aus dem Gehölz. Bereits nach den ersten paar Versuchen merkte sie aber, dass es keinen Sinn hatte. Der Wind blies die zarten Funken sofort wieder aus. Auch sie ließ sich zurücksinken. „Keine Chance. Diese Nacht wird kalt.“
„Haben wir noch Proviant? Jagen wird ja dann auch nichts nützen.“
„Haben wir. Etwas Brot und Trockenfleisch. Damit kommen wir hin. Wenn der Wind abflaut, können wir es ja wieder versuchen. Ich glaube aber nicht, dass ich bei einer Jagd viel Erfolg haben würde. In der Ebene gibt es kaum Tiere, die es lohnt, zu jagen, und für Vögel ist mein Bogen nicht geeignet.“
Dáire entglitten leicht die Gesichtszüge. „Was essen wir dann?“
Layni lachte. „Keine Sorge, wir verhungern schon nicht. Unser Essen reicht zweimal bis zum Silas. Dort gibt es mindestens Fisch und dahinter ist die Ebene nicht so karg wie hier.“
„Oh. Ja. Gut.“
„Geh schlafen“, wies sie ihn an und er gehorchte.
Lange war jedoch nicht Ruhe, denn schon kurze Zeit später rollte er sich herum und setzte sich wieder auf. „Es ist saukalt. Wie soll man da schlafen? Und laut ist es auch.“
Auch Layni zitterte leicht, weil der Wind die kalte Luft aus dem Norden brachte. Der Herbst würde bald in den Winter übergehen und schon jetzt spürte man dessen Vorboten.
„Wir werden erfrieren ohne Feuer“, brummte Dáire.
„Bei allen Göttern, du bist vielleicht eine Mimose. Das bisschen Wind.“
Sein Blick wurde grummelig. „Du magst es gewohnt sein, ungemütlich zu schlafen. Ich nicht. Entschuldige, dass nicht jeder mit so einem Straßenleben klarkommt“, ging er sie unerwartet an.
Für einen Moment war sie baff. „Straßenleben?“, fragte sie ungläubig. „Ich führe kein Straßenleben.“
„Was denn dann? Im Freien schlafen, keine Aussichten haben. Kaum Geld in der Tasche, für ordentliches Essen.“
„Jetzt mach mal halblang!“, bremste sie seinen Redeschwall aus. „Das Thema hatten wir schon.“
„Und ich verstehe immer weniger, wie du so leben kannst. Wir könnten in einem Gasthaus sitzen und Wein trinken und in einem Bett schlafen, das hundertmal weicher ist als der Boden hier.“
„Und wir würden dreimal so lang ans Ziel brauchen.“
„Na und?“
„Na und? Du magst alle Zeit der Welt haben. Ich nicht. Für mich zählt jeder Tag, denn jeder Tag ist ein Tag, an dem ich Geld verdienen kann. Je länger unsere Reise dauert, desto mehr Aufträge gehen mir flöten.“
„Aber ich bin der, der dich hier bezahlt! Wir sollten nach meinen Regeln reisen.“
„Das tun wir doch! Ich gebe nur Ideen dazu. Außerdem müssen wir unser Gepäck dann bald selbst tragen, wenn wir nur auf dich hören.“
„Hör endlich auf damit!“, rief er aus und warf seine Decke von den Schultern. „Kannst du es nicht gut sein lassen?! Wenn ich gewusst hätte, auf was ich mich einlasse, hätte ich ...“ Er verstummte, sah sie einen Augenblick an und wandte sich ab.
„Hättest du was?“
„Nichts.“
„Hättest du was?!“, fragte sie erneut und schärfer.
„Ich hätte ... gleich ... ich meine ... ich hätte darauf bestanden, dass wir den längeren Weg nehmen.“ Diese Ausrede war so lahm, selbst jemandem mit weniger Gespür für Lügen wäre es aufgefallen.
„Alles klar. Ab sofort bestimmst du voll und ganz. Ich halte mich komplett raus. Keine Tipps, keine Vorschläge. Alle Abmachungen bleiben bestehen. Von hier aus sind es meiner Rechnung nach noch ungefähr zwei Wochen. Was sagst du?“
Verwirrt starrte Dáire sie an. „Ich ... ähm ... keine Ahnung.“
„Gut. Zwei Wochen also. Jeden Tag, den wir drüber kommen, werde ich dir mit vier Drachen berechnen. Willigst du ein? Wenn nicht, begleite ich dich die nächsten zwei Wochen, werde am letzten Tag punktgenau meinen Sold verlangen und umdrehen. Egal, wo wir dann sind.“
„Was? Aber wir könnten noch mitten im Westen stecken.“
„Du hast die Wahl. Ich habe es rechtzeitig angekündigt. Ich kann auch gleich umdrehen. Dann gehört dein Packpferd mir und ich will das zweite Drittel von meinem Sold. Den Rest schenke ich dir.“
Sie sah ihn schlucken. „Nein.“
„Was nein?“
„Du bleibst.“
„Und weiter?“
„Wir reiten in den Westen und bis zum Meer. Wenn wir deine Zeit überschreiten, zahle ich die Aufwendung.“
„Schön.“ Damit rutschte Layni tiefer am Baumstamm herunter und zog die Decke höher gegen den Wind.
„Schön?“, fragte Dáire, doch sie sagte nichts mehr. „Lady Layni?“
„Ja?“
„Was war das gerade?“
„Wir haben unsere Fronten mal wieder geklärt.“
„Haben wir das?“
„Ja. Egal, was jetzt kommt, es ist dein Bier. Ich reite hinter dir und bringe die zur Strecke, die dich zur Strecke bringen wollen. Alles andere ist mir ab sofort scheißegal. Mein Pferd habe ich verloren. Also sind es ab jetzt deine Tiere, die du einbüßt. Alles, was ab jetzt zu Bruch geht oder sein Leben verliert, ist dein Verlust, nicht meiner.“
Dáire verzog das Gesicht, als verstünde er nicht, was jetzt anders war. Layni klärte ihn nicht auf. Er würde es sicher schon in den nächsten Tagen bemerken.
Die Nacht war eisig kalt und so brachen sie früher auf, als sie es vorgehabt hatten. Der Wind hatte nicht nachgelassen und ihnen nicht erlaubt ein Feuer zu machen. Jetzt ritten sie gegen einen kleinen Sturm an und kamen dadurch langsamer voran.
„Wir brauchen eine Bleibe“, rief Dáire gegen den Wind, doch Layni hörte ihn, denn sie ritt wie angekündigt hinter ihm. Sie würde ihn den Weg bestimmen lassen und war gespannt, welchen er wählte. Bis zum Silas gab es nur einen, nämlich ihren bisherigen. Nur ein kleiner Umweg war drin gewesen, als sie Heldas Nomadenstamm aufgesucht hatten. Hinter dem Silas würde es mehrere Wege geben. Layni hätte natürlich den gerade durch gewählt, doch ihr Herr und Meister vor ihr, war bequemer und verwöhnter. Er würde Schlangenlinien reiten, nur um in jedem Dorf haltzumachen.
Sie trieb ihr Pferd zu seinem und zog ihre Karte aus der Satteltasche. Wortlos reichte sie ihm das Papier und ließ sich wieder eine halbe Pferdelänge zurückfallen. Sein Blick war grimmig, weil er ihre Abneigung spüren musste, doch es war ihr egal. Er studierte die Karte und schien ein Ziel gefunden zu haben. Sie folgte ihm und erkannte den Weg sofort. Nicht der, den sie gewählt hätte, aber auch kein schlechter. Sie landeten in einem Hain, der am Ostufer des Silas lag. Hier machte der Fluss einen Bogen und die Strömung war nicht allzu schnell.
„Hier können wir rüber“, meinte Dáire und musterte das aufgewühlte Wasser. Sein Blick flog über die kleinen Wellen, die an verschiedenen Steinen im Fluss brachen. „Was denkst du?“
Layni hob die Schultern. „Was immer du sagst.“
Also stiegen sie ab und begannen, die Pferde durch das weniger tiefe Wasser zu führen. Hier und da war die Strömung jedoch stärker als erwartet und so passierte es beiden, dass sie fielen und auch ihre Pferde rutschten des Öfteren aus.
Am Ende kam die ganze Gruppe heil, aber bis auf die Haut durchnässt, am anderen Ufer an. Der kalte Wind ließ ihre Zähne klappern, doch Layni verkniff sich einen Spruch. Sie hätte die Nacht abgewartet und geschaut, wie das Wetter am nächsten Tag war. Sicher wären sie dann weniger nass geworden.
Dáire schien ihre Gedanken gelesen zu haben, denn er warf ihr nur einen Blick zu, band sein Pferd am nächsten Baum fest und verschwand wortlos im Wald. Layni nutzte seine Abwesenheit und schaffte es, ein Feuer zu machen. Zwar tobte der Wind hier ebenfalls, doch auf dieser Seite des Flusses gab es Steine, aus denen man einen guten Windschutz um die Flammen bauen konnte.
Bevor sie ihr Lager bereitete, wechselte sie ihre nassen Sachen gegen relativ trockene und hängte die nassen ans Feuer. Ihr Magen knurrte, also schnappte sie ihren Bogen und lief ein paar Schritte in den Wald, um nach Beute zu suchen. Bis auf den Wind in den Bäumen konnte sie jedoch nichts hören. Dann blieb sie doch abrupt stehen und lauschte, als eine Stimme zu ihr wehte. Leise schlich Layni weiter und folgte ihr. Sie erkannte Dáire und ihr klappte der Mund auf, als sie ihn fand.