Читать книгу Palmer :Black Notice - Stephan Lake - Страница 15
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ОглавлениеAls Kristina zu ihrem Leihwagen kam, sah sie Hernandez im Schatten auf dem Boden liegen.
War er bewusstlos? Oder war er etwa ...?
Sie zog den Revolver aus dem Stiefel, endlich, das blöde Ding hatte sie gedrückt, und ging hin zu ihm und tippte ihm den Lauf gegen die Stirn.
Uh-unh, nicht tot. Er stöhnte.
Machte wohl ein Nickerchen, der Rocker.
Er öffnete die Augen und sah sie. Agent fucking Azone. Und in diesem lächerlichen Fummel. Genau wie diese ... uh, wie hieß die noch? ... Na, die von früher? Wie hieß die nochmal ...? Als würde sie jeden Augenblick anfangen zu singen und zu tanzen. Lächerlich. Albern. Die Hand mit dem Revolver, locker an der Seite, änderte daran nichts.
Und jetzt fing sie auch noch an zu reden.
„Sie sollten Palmer meine Nachricht überbringen, Sie blöder Idiot. Sie sollten ihm verdeutlichen, dass mir ein Treffen mit ihm wichtig ist.“
Doris Day. Ja, genau wie diese kitschige Doris Day sah die Azone aus.
Er richtete sich auf und lehnte seinen Rücken gegen die spröde Holzwand des Roadhouse. Er spreizte die Beine, sonst würde er wieder zur Seite kippen. Und überlegte. Was hat sie gesagt? Ach ja. Er spuckte Blut aus und antwortete. Er sprach langsam, verstand aber seine eigenen Worte nicht.
Fuck.
Sein Alter hat sich genauso angehört in den letzten Monaten seines beschissenen Lebens. Zahnlos, dauernd besoffen. Geld hat er ihm geklaut, seinem Sohn, und Weed, ständig, obwohl er jedes Mal dafür Prügel bezogen hat. Und dann hat er sich bei den Nachbarn ausgeheult, dieser Scheißtyp. Und die Nachbarn? Eine rothaarige Schlampe, mit der sein Alter rumgemacht hat, hinter dem Haus, im Schuppen, er hatte die beiden oft genug beobachtet, und ihr lahmer Kerl, der immer nur vor dem Kasten gelegen hat? Haben nur gelacht, besoffen und bekifft wie die selbst waren. Aber er hatte kein schlechtes Gewissen wegen seinem Alten, shit, er hat selbst oft genug Prügel von ihm bezogen, als er noch kleiner war. Aber irgendwann war er größer, schwerer, wurde ein Coyote und ein Boxer und ... bam. Lights out. Go fuck yourself, Daddy.
„Stattdessen legen Sie sich mit ihm an. Was haben Sie sich denn dabei gedacht? Ah, vergessen Sie's, natürlich haben Sie sich gar nichts dabei gedacht, Hernandez, wie sollen Sie auch mit Ihrem sogenannten Gehirn.“
Er bewegte die Zunge den Gaumen entlang, langsam, vorsichtig. Die Zunge war geschwollen, die Spitze abgebissen, das spürte er. Beide Schneidezähne waren draußen, beide, tiefe Wunden im Zahnfleisch, die immer noch bluteten, das spürte er auch. Fuck you very much, Palmer. Dazu hämmerte sein Kopf wie nach einer dieser Nächte mit zu viel Bier und zu vielen Pillen. Oder zu wenigen Pillen, je nachdem.
Er hob die verletzte Hand und hielt sie vor sein Gesicht. Die Haut aufgerissen bis auf die Knochen, die Finger vollständig taub. Und trotzdem hämmerte das Blut darin. You're fuckin' shittin' me.
„Sie hats ja ganz schön erwischt. Gut so. Sie sehen aus, als wäre ein Truck über Sie gerollt. Ich muss verrückt gewesen sein, Sie zu engagieren. Völlig verrückt.“
Fuck me. Vorsichtig legte er die Hand auf seinen Oberschenkel, spuckte noch einmal Blut aus und holte Luft und versuchte, lauter zu sprechen und deutlicher, und es gelang ihm.
„Wir sollten Palmer Druck machen und ihn hierher bringen, Lady. Genau das haben wir getan.“
Ja, er hörte sich besser an. Vielleicht konnte er sogar aufsteh- ... ah, shit, no way, José. Sein Knie war sogar noch mehr geschwollen als am Vormittag. Es brannte und biss, als ob ein Nagel drin steckte. Aufstehen ... uh-unh, not a chance.
Und er hatte noch nicht mal eine blöde Versicherung.
„Palmer Druck machen, Druck. Nicht mit ihm eine Schlägerei anfangen. Der ist auf der Straße groß geworden, Typen wie Sie verspeist der ... ah. Suchen Sie sich schnellstens eine andere Einnahmequelle. Irgendwas mit Drogen vielleicht, damit scheinen Sie sich ja auszukennen.“
Und jetzt auch noch blöde Belehrungen.
„Geben Sie mir das Geld und verschwinden Sie, Azone. Verschwinden Sie.“
Er hatte noch ein paar Amphetamine in der Tasche, die würde er gerne schlucken. Die würden ihm gut tun. Die Schmerzen betäuben und diesen armseligen Tag aus seinem Gedächtnis verschwinden lassen. Aber sein Mund war wieder voller Blut und sein Hals ausgetrocknet.
Er spuckte das Blut aus.
Und die verdammten Tabletten waren in seiner rechten Hosentasche. Wie sollte er mit seiner kaputten Hand in die enge Hosentasche kommen? Aussichtslos, absolut aussichtslos. Und mit links?
Er drehte den Oberkörper, versuchte mit der linken Hand in die rechte Hosentasche zu greifen, aber sobald er den Arm streckte fühlte er wieder diesen stechenden Schmerz in der Schulter. Und sein Bauch war auch im Weg.
Ah, fuck, what a fucking fuckday.
„Haben Sie was gesagt, Hernandez?“
„Nein. Ja. Fuck you.“
„Sie wollten es unbedingt wissen, Hernandez, nicht? Ob Sie besser sind. Sie blöder Idiot.“
„Hören Sie endlich auf, okay? Bezahlen Sie uns und verschwinden Sie.“
Azone sagte, „Wo sind die beiden anderen?“
Hernandez nickte auf die Motorräder. „Weg.“
Ihm war übel. Die paar Biere konnten das nicht sein, das bisschen Weed auch nicht. Nein, das Blut, das er geschluckt hat, das wars. Ah shit ... nicht, solange diese Person noch da war. Reiß dich zusammen, Mann, du bist ein verdammter Coyote.
Azone warf ihm einen Umschlag in den Schoß.
Er öffnete den Umschlag mit seiner unverletzten Hand. Langsam.
„Fünftausend?“
„Wie verabredet.“
„Ich denke, wir haben mehr verdient. Es war schwieriger, als wir dachten. Davon können wir kaum die scheiß Ärzte bezahlen.“
„Sie hätten sich das ersparen können, Hernandez. Was passiert ist, ist allein Ihre Schuld.“
Sie hätten sich das ersparen können. Genau, wie dieser verdammte Palmer. Haben die sich abgesprochen, oder was?
„Meine Schuld? Sie haben mir nicht gesagt, was dieser Palmer für einer ist. Zu was der in der Lage ist. Dass der Knochen bricht.“
„Und Sie haben mir nicht gesagt, dass Sie ein armseliger Waschlappen sind. Genau wie diese beiden Brüder. Coyotes, ich lach mich tot.“
„Gut, dann haben wir das ja geklärt.“ Ah, es kam ihm schon wieder hoch. Reiß dich bloß zusammen, Mann, reiß dich zusammen. „Wenn Sie schon nicht mehr bezahlen, dann geben Sie mir wenigstens meine Tabletten. In meiner Hosentasche, hier.“ Er deutete auf seine Hose.
„Sie glauben doch nicht im Ernst, dass ich Sie anfasse, Hernandez.“
Er schloss die Augen. Er wollte sie nicht mehr sehen. Er wollte nichts mehr sehen.
„Dann verschwinden Sie endlich, Azone. Sie in Ihrem lächerlichen Kostüm, nehmen Sie Ihre aufgeblasenen Titten und hauen Sie ab.“
Ah, shit, er konnte es nicht mehr zurückhalten.
Kristina stieg in ihren Wagen, legte den Revolver ins Handschuhfach und fuhr los. Der Lichtkegel huschte über den Rocker und sie sah, wie Hernandez sich zum zweiten Mal übergab.
Welch ein Waschlappen.
Kurz hinter Benson Trail nahm sie ihr Telefon und drückte die Schnellwahltaste und gab ihre Informationen durch. Sie berichtete auch von der Arbeit der Coyotes und empfahl, zukünftig auf die Hilfe der Rocker zu verzichten.
Sie atmete durch, zufrieden. Palmer hatte ihr Angebot abgelehnt, aber okay, das hatte sie nicht wirklich überrascht. Trotzdem, sie vermutete, dass sein Interesse geweckt war. Und mehr hatte sie sich nicht erhofft.
Allerdings war sein Verhältnis zu Mark Li anders, als sie gedacht hatte. Distanzierter. Er hatte ihn immer nur beim Nachnamen genannt. Darüber war sie überrascht.
Sie steckte das Telefon wieder ein. Sie wusste, dass sie mit diesem Anruf dreitausend Kilometer östlich in einem Büro im Nebraska Avenue Complex in Washington D.C. zwei Stockwerke über ihrem eigenen Büro die Maschinerie in Gang gesetzt hatte.
Ja, sie war zufrieden mit sich. Alles in allem ist es gut gelaufen. Obwohl er nicht auf ihre Flirtversuche eingegangen war. Kein verstohlener Blick in ihren Ausschnitt, keiner auf ihre Beine. Nicht viele Männer hielten ihr stand, wenn sie es darauf anlegte. Von wegen aufgeblasene Titten.
Sie fand ihn sympathisch. Attraktiv. Warum also gerade er?
Verdammt.
Sie ließ das Fenster herunter, drückte das Gaspedal durch, hörte den Motor aufheulen. Sie wollte so schnell wie möglich zurück nach Santa Fe, in ihr Motelzimmer. Diesen dämlichen Fummel ausziehen. Eiskalt duschen. Dann vielleicht noch ein Drink.
Verdammt.