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Fünf Meilen hinter Benson Trail erreichte Palmer die Abfahrt vom Highway auf den Camino Cerro Chato. Von hier waren es noch drei Meilen bis zu seinem Land. Auf dem Platz vor dem Camino hielt er an.

Das Scheinwerferlicht seines Trucks beleuchtete einen weißen viertürigen Mercury Grand Marquis. Kein Fahrzeug, das er zuvor hier schon einmal gesehen hatte. Abgesehen von dem Marquis war der Platz leer.

Er nahm die Taschenlampe aus der Mittelkonsole und stieg aus.

Er leuchtete auf das Kennzeichen. Der Marquis kam aus ... uh, The Beaver State. Oregon. Sehr ungewöhnlich. Von der Westküste bis nach New Mexico waren es über zweitausend Kilometer, eine weite Strecke mit dem Auto, selbst hier im Land der unendlichen Weiten. In New Mexico sah er daher häufig Kennzeichen aus Texas, Colorado, Arizona, aber nur sehr selten welche von der Westküste.

Palmer leuchtete in das Wageninnere. Auf die Vordersitze, auf die Rücksitze, in den Fußraum. Keine Tasche, keine Kleidung, keinerlei Gegenstände, wie sie sich im Laufe der Zeit für gewöhnlich ansammeln. Noch nicht einmal eine dieser Schachteln, in die Fastfoodbuden ihre Sandwiches und Burger verpackten. Und das war wirklich bemerkenswert, denn seine amerikanischen Landsleute aßen ständig in ihren Autos. Das einzige, was er sah, waren zwei große Pappbecher.

Er probierte die Tür. Zu seiner Überraschung ließ sie sich öffnen.

Er leuchtete wieder ins Innere, suchte, fand aber nichts. Nur die Becher. Jeder ein halber Liter groß. In dem einen war noch ein Rest dunkler Flüssigkeit. Er roch daran. Kaffee.

Er ging um den Wagen herum. Der Marquis war unauffällig lackiert und hatte nur die Basisausstattung, keine Extras. Ein Leihwagen? Palmer suchte und fand auf der Frontscheibe einen Plastikstreifen mit Strichcode und einen zweiten Plastikstreifen am Fenster der hinteren Beifahrertür. Kein Zweifel, der Marquis war ein Leihwagen. Von Ford in Kanada gebaut, vermutlich in mehreren Etappen irgendwann von einem der großen Autoverleiher aus Portland oder Eugene oder Salem nach Santa Fe oder Albuquerque gekommen. Und jetzt nach Benson Trail.

Gefahren von jemandem, der nun auf ihn wartete.

Palmer stieg wieder in seinen Truck und lenkte ihn über den ratternden Cattleguard in den Camino.

Der Camino Cerro Chato ist eine Dirt Road, hatte die Immobilienmaklerin aus Benson Trail gesagt. Palmer hatte daher eine einfache, planierte Schotterstraße erwartet, aber beim ersten Befahren vor vielen Monaten gesehen, dass der Weg weder planiert, noch mit Schotter befestigt sondern nichts weiter war als ein ausgetrocknetes Flussbett. So uneben und steinig, wie die Natur es in Jahrhunderten erschaffen hatte.

So etwas nennen wir hier Dirt Road, hatte die Immobilienmaklerin gesagt.

Wer hier wohnte, besaß einen Truck mit hohem Radstand und Allradgetriebe, und nur wer einen Truck mit hohem Radstand und Allradgetriebe besaß, wagte es, hier durchzufahren. Jeder andere ließ sein Fahrzeug stehen und wurde abgeholt oder ging zu Fuß. Der Fahrer des Marquis war ebenso schlau gewesen.

Die Maklerin hatte ihm gesagt, die Anwohner wollten den Camino in diesem Zustand belassen, weil das Einbrecher fernhalten würde. Denn die könnten mit dem Diebesgut auf ihren Fahrzeugen schlicht nicht schnell genug fliehen. Palmer hatte eine andere Theorie. Wer so weit draußen wohnte, hatte keine Angst vor Einbrechern, sondern der wollte seine Ruhe. So wie er. Der Zustand des Camino half da enorm.

Hinter dem Cattleguard schaltete er die Scheinwerfer aus. Um ihn herum wurde es dunkel. Fast schwarz. Weit am Horizont ein dünner, glänzender Streifen. Santa Fe.

Palmer kannte jedes Loch, jeden Felsblock, jede Biegung auf den nächsten drei Meilen. Er brauchte kein Licht.

Der Truck wackelte und schwankte und quietschte zwanzig lange Minuten, dann wurde seine Vorsicht belohnt.

Er hielt an und stellte den Motor ab und kurbelte das Seitenfenster der Beifahrertür herunter. Kalte Luft strömte herein. Er nahm das Fernglas aus dem Handschuhfach und betrachtete den Trailer, der ihm als Zuhause diente.

Licht leuchtete mehrere Meter weit durch die Fenster und die geöffnete Tür.

Er beobachtete zwei Minuten. Drei. Fünf. Keine Bewegung vor dem Trailer, keine darin.

Sein Telefon vibrierte.

Er sah auf das Display und drückte die Taste.

„Hellström, was gibts?“

„Hallo Palmer. Wie gehts? Alles in Ordnung bei Ihnen?“

„Was gibts?“

„Uh ... schlechter Zeitpunkt?“

„Was gibts, Hellström?“

Hellström sagte, „Ein Job.“

Palmer atmete aus. Natürlich ein Job.

„Wir haben eine Situation“, sagte Hellström.

„Habt ihr das nicht ständig?“

„Nicht eine solche, nein.“ Hellström sagte, „Black Notice.“

Black Notice.

Nicht identifizierte Tote.

„Kambodscha. Grenze zu Laos.“

„Will ich gar nicht wissen, Hellström.“

„Wir brauchen Sie.“

„Ich bin beschäftigt.“

Gunnar Hellström war es, der ihn rekrutiert hatte, vor dreizehn Jahren. Für besondere Jobs bei Interpol. Illegale Jobs. Und weil illegal, auch inoffiziell. Genau genommen, nicht einmal inoffiziell. Denn nur zwei Leute bei Interpol wussten von diesen Jobs und wussten von Palmer: Hellström und seine Chefin. Die Richterin. Hellström nannte sie immer nur die Richterin, weil sie zuvor, nun ja, Richterin war. Aber nicht irgendwo, sondern beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte. Ihren Namen kannte Palmer nicht.

Und beide, hatte Hellström ihm damals klar gemacht, würden, wenn es jemals soweit käme, schwören, ebenfalls nichts von den Jobs und nichts von Palmer zu wissen.

Aber er würde Gutes tun, hatte Hellström ihm versichert. Er würde denen helfen, die ohne ihn keine Hilfe bekämen. Von niemandem. Auch nicht von Interpol.

Seine Jobs, hatte Hellström dann gesagt, wären zwar immer illegal. Aber sie wären immer, immer gerecht.

Palmer hatte nicht gezögert und zugesagt.

Seine Jobs bekam er seitdem von Hellström. Sein Geld auch. Woher Hellström das nahm, hatte er nie verraten.

„Ich weiß, Sie wollten Zeit für sich, Palmer, ich weiß das. Und die habe ich Ihnen auch gegeben. Ohne zu zögern, wenn Sie sich erinnern. Sie hatten sich die Pause redlich verdient. Aber jetzt brauchen wir Sie.“

„Wie geht es der Richterin?“

„Gut. Sie lässt ausrichten, wir brauchen Sie.“

„Wir hatten uns auf einen Monat geeinigt.“

„Genau. Der ist bald vorbei.“

„Ja. In drei Wochen.“

Hellström war in Ordnung. Zuverlässig. Ehrlich. Nur manchmal ein wenig nervig. Wenn er etwas von Palmer wollte, fiel es ihm schwer, ein Nein zu akzeptieren.

„Das Loch in Ihrer Brust müsste bereits so ziemlich verheilt sein, hab ich Recht? Und Ihnen wird langsam langweilig, hab ich auch Recht? In Ihrer Wüste da unten haben Sie ja nicht viel Abwechslung. Eine Woche ist da wie anderswo ein ganzer Monat.“

„Sehr witzig, Hellström, aber ich meine es ernst. Da ist etwas, was ich erledigen muss.“

„Palmer, ebenfalls im Ernst. Diese Black Notice? Die Sache ist schlimm, und zwar richtig schlimm.

„Die Black Notice, ist das offiziell?“

Er hörte Hellström seufzen.

„Sie wissen, wie das ist. Nicht offiziell. Daran hat sich nichts geändert. Black Notice also nur zwischen Ihnen und uns.“ Hellström sagte, „Die Richterin ist nicht bereit, diese Sache zu ignorieren. Wir brauchen Sie also, Palmer. Dringend. Zeit ist von entscheidender Bedeutung. Ihr Flieger geht morgen.“

„Morgen?“

„Morgen. Singapur.“

Palmer war still.

„Palmer?“

„Wieso Singapur?“

„Es war ein Massaker“, sagte Hellström. „Und es gibt einen Zeugen. Der Zeuge wurde zuletzt in Singapur gesehen. Wir müssen ihn finden, bevor sie ihn verschwinden lassen.“

„Bevor wer ihn verschwinden lässt?“

„Wenn wir das wüssten. Wer immer dahinter steckt. Vielleicht die Chinesen. Der Zeuge wurde zuletzt mit einem Geheimdienstler der Chinesen gesehen. Einem Ex-Geheimdienstler. Finden wir den, finden wir auch den Zeugen.“

„Mark Li“, sagte Palmer.

Jetzt war Hellström still.

Palmer gab ihm Zeit. Er beobachtete weiter seinen Trailer. Keine Bewegung davor, keine darin. Unter ihm hörte er das Knacken des sich abkühlenden Auspuffs.

Hellström sagte, „So heißt der Geheimdienstler. Mark Li. Woher wissen Sie?“

Palmer erzählte von Azone.

„Mark Li ein Terrorist?“, sagte Hellström. „Schöne Geschichte, die sich die Amerikaner da ausgedacht haben, Terrorismus zieht heute ja immer. Aber leider bullshit. Wir haben keinerlei Erkenntnisse über Li im Zusammenhang mit Terrorismus. Keine.“

„Bullshit, ja. Aber ich hatte das Gefühl, Azone glaubt tatsächlich daran.“

„Und Sie?“

„Ich nicht.“

„Trotzdem wollen Sie für diese Azone nach Singapur fliegen.“

„Für mich, Hellström, nicht für Azone und nicht für Homeland Security. Was genau soll vertuscht werden?“

„Das Massaker“, sagte Hellström. „Zwölf junge Frauen, neun Kinder, entführt aus Dörfern rechts und links entlang der Grenze zwischen Kambodscha und Laos. Bei dem Massaker starben sie alle. Sie und ihre Entführer. Wir haben diese Informationen erst seit einigen Stunden, der Hintergrund ist uns daher noch völlig unklar. Auf jeden Fall, wer auch immer für das Massaker verantwortlich ist, er wurde beobachtet. Von wem, wissen wir nicht genau. Aber er schaffte es bis nach Singapur, traf sich mit Li und beide verschwanden. Welche Beziehung zwischen Li und diesem Zeugen – so nenne ich ihn jetzt mal, einen Zeugen – welche Beziehung zwischen Li und ihm besteht, daran arbeiten wir noch. Genau wie an seiner Identität. Einzig über Li haben wir ein kleines Dossier. Früher hochrangiger Geheimdienstler für die Chinesen, seit zehn Jahren Professor in Singapur, keine Verbindungen zum Internationalen Terrorismus. Was ich nicht verstehe“, sagte er dann, „was die Amerikaner damit zu tun haben. Und was die Amerikaner von Ihnen wollen, Palmer, verstehe ich auch nicht. Wissen die Amerikaner, dass Sie für uns arbeiten?“

„Das will ich nicht hoffen, Hellström.“

„Wenn, dann nicht von uns. Hat diese Azone nicht gesagt, warum gerade Sie? Sie muss etwas gesagt haben.“

„Azone, die Amerikaner, sie glauben, dass ich ihnen helfen kann, Li zu finden.“

„Li zu finden? Aber, warum gerade Sie? Homeland Security hat Tausende Leute.“

„Li und ich, wir haben eine kleine gemeinsame Vergangenheit. Azone weiß davon.“

„Sie und Li? Aus Ihrer Zeit in Hong Kong?“

„Ja.“

„Aber dieser Li ist deutlich älter als Sie. Welche gemeinsame Vergangenheit könnten Sie beide wohl haben?“

„Li war eine Art Mentor für mich, als ich noch ein Kind war. Für eine kurze Zeit. Die Amerikaner glauben, dass ich damals Li sehr gut kennen gelernt habe. So gut, dass ich ihn auch heute noch schneller finden kann als ihre eigenen Leute.“

„Als Sie noch ein Kind waren? Das ist verdammt lange her, Palmer. Und deshalb sollen Sie Li schneller finden? Ist doch lächerlich.“

„Nein“, sagte Palmer. „Das ist es nicht.“

Als er mit Hellström fertig war, wählte er den Area Code für Manhattan in New York City und eine siebenstellige Nummer.

Es klingelte ein Mal. Zwei Mal.

Durch das Fernglas beobachtete er seinen Trailer. Keine Bewegung davor, keine darin.

Es klingelte zum dritten Mal, dann hob sie ab.

Er sagte, „Hi Doc.“

„Palmer?“

„Wie geht es Ihnen, Doc?“

„Gut. Mir geht es gut. Danke. Palmer, schön, von Ihnen zu hören. Ich vermute, Sie haben Neuigkeiten.“

„Ihrer Schwester geht es bald wieder besser“, sagte er. „Ihrem Schwager nicht so bald.“

Er hörte Doc ausatmen.

„Was haben Sie mit ihm angestellt?“

„Er hatte seine Waffe vergessen.“

„Er ist ein Arschloch“, sagte Doc.

„Ich weiß“, sagte Palmer.

„Was ... Was haben Sie mit ihm angestellt?“

War das Sorge in ihrer Stimme? Doc sollte beruhigt sein, nicht besorgt.

Palmer schwieg.

Sie sagte, „Egal. Ich werde meine Schwester anrufen. Jetzt gleich. Sie wird sich freuen und erleichtert sein. Palmer, danke.“

Frauen nahmen ihre prügelnden Männer erstaunlich oft in Schutz, Palmer war sich daher nicht so sicher, dass sich Docs Schwester freuen würde. Er sagte, „Vielleicht weiß sie es schon, es ist bereits ein paar Tage her. Doc, ich brauche eine Antwort.“

„Antwort?“

Palmer beobachtete weiter seinen Trailer. Keine Bewegung davor, keine darin. Keine Geräusche. Der Auspuff war kalt.

„In New York wurde ich beobachtet.“

„Beobachtet?“

„Und jetzt habe ich Besuch in meinem Trailer.“

„Beobachtet von wem? Und welcher Besuch?“

„Wer wusste noch von unserem Gespräch?“, sagte er. „Über Ihre Schwester, meine ich. Wer wusste noch davon?“

Doc war einen Moment still, als wäre sie erstaunt über seine Frage. Oder musste sie über ihre Antwort nachdenken, weil sie nichts Falsches sagen wollte?

„Niemand wusste davon“, sagte sie dann. „Nicht von mir.“

„Ihre Schwester?“

„Nein, meine Schwester weiß nichts von Ihnen. Ich habe ihr nichts gesagt. Ich habe mit niemandem darüber gesprochen, mir keine Notizen gemacht, nichts. Wie Sie es verlangt haben.“ Nach einem Moment, „Ich hoffe, Sie glauben mir.“

Der Trailer, keine Bewegung davor, keine darin.

Er legte das Fernglas in den Schoß.

„Wir hatten nie Probleme miteinander, Doc, und jetzt? Der erste Kontakt nach langer Zeit und ich werde beobachtet an einem Ort, von dem niemand wusste, dass ich dort sein würde. Außer Ihnen. Und ich bekomme ungebetenen Besuch, obwohl ich nie Besuch bekomme. Ungebeten oder gebeten.“

„Ich habe mit niemandem darüber gesprochen. Niemand weiß von unserem Gespräch.“

Palmer war still.

„Ich habe mit niemandem gesprochen, Palmer.“

„Okay.“

Doc sagte, „Wenn Sie schon mal in New York waren, hätten Sie bei mir vorbeischauen können. Ich hätte Sie zu einem Kaffee eingeladen oder so.“

Palmer sagte, „Zu einem Kaffee?“ und überlegte, was sie mit Oder so meinte.

Sie sagte, „Eine kleine Jubiläumsfeier, sozusagen.“

„Jubiläumsfeier?“

„Sie habens vergessen.“

„Was vergessen?“

„Nächsten Monat werden es zehn Jahre. Vor zehn Jahren haben wir uns das erste Mal getroffen, und bis heute das einzige Mal. Manila, in dem Straßenrestaurant.“ Sie sagte, „Ich dachte, wir hätten das feiern können.“

Feiern?

Er war wegen eines Jobs in Manila gewesen und saß bereits im Taxi auf dem Weg zum Flughafen, als Hellström anrief und von Doc erzählte, der Ärztin, Leiterin einer Hilfsorganisation im Süden der Philippinen. Die verzweifelt war wegen eines jungen Mädchens mit Namen Helen.

Doc hatte erzählt, gefasst und ruhig zunächst. „Im Süden regiert der Clan der Ampatuans. Ihnen gehört alles. Das Land, die Geschäfte, die Menschen, einfach alles. Sie werden von der Regierung und der Polizei geschützt. Wer ihnen nicht gehorcht, der wird gelyncht, auf offener Straße, so dass jeder es sehen kann. Als Warnung. Frauen werden verschleppt und missbraucht, als Sklaven gehalten und manchmal einfach getötet. Aber sie werden nicht erschossen, nein, sie werden aufgeschlitzt. Philippinische Männer lieben ihre Messer.“

Dann war ihre Stimme leise und zittrig geworden, und er hatte Tränen in ihren Augen gesehen.

„Und jetzt ist ein Mädchen verschwunden. Helen. Ihr Name ist Helen. Sie ist siebzehn. Ich darf sie nicht suchen lassen, ich darf ihr nicht helfen, unsere Organisation verbietet solche Aktionen, verbietet jegliches aktives Vorgehen. Aber ich kann nicht zulassen, dass Helen auf grausame Weise missbraucht wird und stirbt. Ich kann das doch nicht einfach zulassen, Mister Palmer, oder? Das kann ich doch nicht.“

Palmer war der Richtige für den Job, aber in jenem Moment haben sie beide nicht gewusst, dass es bereits zu spät war. Einen halben Tag früher, ein paar Stunden früher hätten vielleicht ausgereicht.

Er war in den Süden geflogen und hatte mit seiner Suche begonnen. Bereits in derselben Nacht fand er Helen, in einer Hütte aus Blech und Holz außerhalb von Cotabato City, nackt auf einer Unterlage aus schmutziger Pappe, die sie als Bett benutzt hatte. Aufgeschlitzt. Blutig. Als er die Fliegen wegscheuchte, konnte er ihre Organe sehen. Herz, Leber, Magen.

Er hatte sie nicht vergessen, die junge Helen, ihr Körper geöffnet wie bei einem Tier, das ausgenommen werden soll. Und liegengelassen als Warnung an andere.

Er hatte sie zugedeckt mit einem zweiten Stück Pappe, es gab sonst nichts in der Hütte, und war losgegangen. Hatte an Türen geklopft und in Bars gefragt und Typen geschüttelt, den Rest der Nacht bis zum frühen Morgen. Dann hatte er sie gefunden. Drei Männer. Der Polizeichef des Distrikts und zwei seiner Leute.

Das war zehn Jahre her. Was gab es da zu feiern?

Er nahm das Fernglas und richtete es auf seinen Trailer. Keine Bewegung davor, keine darin.

Sie sagte, „Ist auch nicht so wichtg, wir können auch ein anderes Mal feiern. Was werden Sie jetzt tun?“

Er antwortete nicht.

„Okay, dumme Frage.“ Sie zögerte. „Ich hoffe, Sie glauben mir“, sagte sie.

In zehn Jahren hatte sie ihn nie gefragt, ob sie ihm glaubte.

Und jetzt zwei Mal hintereinander.

„Palmer?“

Er legte auf.

Ich habe mit niemandem darüber gesprochen. Niemand weiß von unserem Gespräch.

Vielleicht. Aber jemand hatte ihn in New York gefunden.

Und heute Mittag in Santa Fe.

Und jetzt hier.

Palmer :Black Notice

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