Читать книгу Palmer :Shanghai Expats - Stephan Lake - Страница 15
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Оглавление„Ja, Vince, was gibts?“
Er hörte Dannenberg sagen, „Ich folge ihr gerade.“
„Der Kruger?“
„Ja, Paul, der Kruger. Wem sonst?“
„Meine Güte, Vince.“ Paul Stiller seufzte. Mit Vince verband ihn eine langjährige Freundschaft, und Stiller hatte eine hohe Meinung von ihm. Vince war groß und stark wie ein Ochse und ging in jeden Kampf mit der Gewalt eines Taifuns, Stiller hatte es selbst oft genug gesehen und mehr als einmal davon profitiert. Aber wenn es ums Geschäft ging, meine Güte, dann war Vince überfordert.
Stiller sagte, „Und? Gibts was Neues?“
„Gibt es. Sie ist nicht alleine.“
„Ah, diese verdammte Kruger. Wieder irgendwelche Expats, die sie aushorchen will?“
„Das wäre nichts Neues. Nein, dieses Mal nur einer. Expat, ganz sicher; ob irgendeiner, weiß ich noch nicht. Warte.“
Nach einem Moment sah Stiller das Zeichen auf seinem Display und öffnete das Foto. Zugleich hörte er Dannenberg sagen, „Sie kamen gerade gemeinsam aus dem JD. Der Kerl auf dem Foto, der ist Deutscher. Zumindest spricht er Deutsch.“
Stiller sagte, „Nie gesehen. Was glaubst du? Verstärkung aus der Heimat?“
„Vom Dienst? Nein, glaube ich nicht. Der kommt mir nicht wie ein Profi vor.“
„Also Zivilist? Willst du sagen, unsere kleine, süße Agentin hat sich einen Kerl aufgerissen?“
„Nicht unmöglich. Seit sie hier ist, hatte sie noch kein Date, und sie wird auch ihre Bedürfnisse haben. Aber ich glaube auch nicht, dass er ein Date ist. Die beiden lachen nicht miteinander, turteln nicht. So, wie sie da gehen, könnten sie eher ... Geschäftspartner sein, so kommt mir das vor.“
„Geschäftspartner, mmh. Aber auf jeden Fall Zivilist?“
„Denke ich, ja. Zivilist, aber nicht irgendein Kerl. Ich habe den Eindruck ...“
„Was?“
„Nur ein Gefühl. Nicht BND, auch nicht BKA, das wüssten wir. Aber er könnte Ex sein. Als sie rauskamen, da hat er als erstes die Straße gescannt, alle Leute. Auch mich. Zweimal.“
„Hat die Kruger dich gesehen?“
„Ich hab aufgepasst, keine Chance. Aber der Kerl hält die Straße hinter sich im Auge. Und gestern Abend hat er sich mit Peters und Wegner angelegt, wegen der Kopp. Der Chinese hat ihn dann gewarnt, ins Jacks Daniel zurückzugehen.“
„Aber er war heute wieder da?“
„Ja.“
„Was heißt angelegt?“
„So hat Peters gesagt.“
„Peters, ist das der Lange oder der Dicke?“
„Der Lange.“
„Dann rede noch mal mit denen. Frag sie, was genau passiert ist. Und die sollen keine Märchen erzählen, klar? Und sag dem Chinesen-“
„Der ist bereits unterwegs. Wir sollten das nicht auf die leichte Schulter nehmen, Paul. Wir wissen nicht, wer das ist.“
„Gut, ich werd sehen, was ich herausfinden kann. Vince, du hast recht, wir müssen etwas wegen der Kruger unternehmen.“
„Ja.“
„Ich sehs ein. Die wird langsam zu einem echten Ärgernis.“
„Langsam? Die ist – ah, Fuck, du wirst nicht glauben, wo die beiden gerade eingebogen sind.“
„Sag schon.“
„Stufe zwei. Yongfu Lu.“
Stiller sagte, „Sie geht mit ihm zum Konsulat?“
„Ja.“
„Verdammte Kopp. Gehen sie rein?“
„Warte.“
Stiller wartete, dann hörte er Vince sagen, „Nein, sie sind davor stehen geblieben. Sie stehen ... Jetzt gehen sie weiter.“
„Gut.“ Stiller hörte lautes Motorengeräusch und sagte, „Der Chinese kommt. Ich höre seinen Truck.“
„Ja. Ich mache Schluss. Ich melde mich später. Und Paul? Überlege es dir nicht wieder anders. Wir müssen etwas unternehmen. Jetzt.“
Paul Stiller legte sein Telefon auf den Schreibtisch und lehnte sich zurück. Sein Sessel reagierte mit einem hydraulischen Summen und senkte sich nach hinten. Er legte die Füße auf den Schreibtisch und rieb sein Ohr und dachte über das nach, was ihm Vince erzählt hatte. Nicht Stufe eins – höchste Gefahr – aber auch nicht mehr alles sicher. Verdammte Kruger.
Stiller musste trotzdem lächeln. Stufe zwei. Der alte Code der BKA–Sicherungsgruppe. Oder, wie sie es ihm auf der Akademie beigebracht haben, Die Stufen eins bis drei sind kein Code, Jungs, das sind die Gefährdungsstufen von Politikern gemäß der Polizeidienstvorschrift 129. Merkt euch das.
Vince als Personenschützer der Konsulin war noch Teil der Gruppe, aber Vince war ja auch noch jünger. Er, Stiller, war vor einigen Jahren ausgeschieden, als sie ihn nach Berlin schicken wollten. Berlin. Was gab es denn da zu beschützen?
Jetzt, er hatte es einmal ausgerechnet, verdiente er das Zwanzigfache seines letzten Gehalts. Das war schon eine Hausnummer. Und eine große Genugtuung. Er konnte sich alles leisten, was er wollte.
Und er würde sich das nicht von einem kurzgewachsenen Mädel vom BND kaputtmachen lassen.
Vince hatte recht, es musste etwas geschehen. Aber die Kruger einschüchtern, wie Vince vorgeschlagen hatte? Er hatte zu Vince gesagt, Was für ein Gedanke. Die würden doch sofort einen ganzen Trupp Agenten nach Shanghai schicken und jeden Stein umdrehen.
Warum kaufen wir dann die BND–Agentin nicht? Wir haben das Geld.
Und wenn sie sich nicht kaufen lässt?
Jeder hat seinen Preis.
Würdest du dich kaufen lassen, Vince? Sagen wir eine Million, nur um eine Sekunde auf die andere Seite zu gucken?
Und Vince hatte geschwiegen, wie er erwartet hatte.
Dann hatte Vince gesagt, er würde nicht wegen einer vom BND seinen Job riskieren, und ganz bestimmt würde er nicht ins Gefängnis gehen, nicht in Deutschland und erst recht nicht in Chinesenland. Niemand geht ins Gefängnis, hatte er gesagt, aber Vince hatte nur aus dem Fenster geguckt und sich mit der Faust auf die Schulter geklopft, dieser Koloss.
Nein, nicht einschüchtern und nicht kaufen. Die Kruger musste verschwinden. Ganz offiziell.
Stiller rief seine Sekretärin herein und sagte, „Hol mir mal die Konsulin ans Telefon.“
Stattdessen kam seine Sekretärin langsam um den Schreibtisch herum und legte die Arme um seinen Hals und schob seine Füße vom Tisch und setzte sich auf seinen Schoß, ihre Bluse und alles was darin war dicht vor seinem Gesicht. „Sofort?“
„Ja, sofort, Gwen. Bitte. Danke. Wenn jemand reinkommt, mein Gott.“
Gwen war seit fast drei Jahren seine Sekretärin, und sie war absolut verlässlich und rund an den richtigen Stellen und alles, aber Mann, sie hatte verdammt nochmal kein bisschen Gespür dafür, wann er es ernst meinte und wann nicht.
Er starrte auf Gwens Hintern, als sie hinausging und dann die Tür zuzog ohne sich umzudrehen. Nur Sekunden später klingelte sein Telefon.
„Ja?“
„Hier ist das Büro von Generalkonsulin Doktor von der Eltz. Ich verbinde.“
Stiller hörte klassische Musik, dann, „Mein lieber Stiller, wie geht es Ihnen?“
„Frau Konsulin, danke, dass Sie für mich Zeit haben.“
„Für Sie doch immer, Stiller. Was kann ich für Sie tun?“
Und Paul Stiller sagte der Konsulin, was sie für ihn tun konnte.