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Wie Sie in Ihrem Roman zwei Szenen mittels Überblendung verbinden

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Räuberische Möwen, leckere Crêpes und perfekte Blenden im Roman

Schnitt-Techniken aus dem Film lassen sich auch im Roman anwenden. Sie erzielen damit erstaunliche Effekte. Friedrich Ani hat in seinem Roman »Süden« (Droemer 2011) mit einer Art Überblendung nicht nur zwei Szenen miteinander verbunden, die aus unterschiedlichen Perspektiven erzählt werden. Mit der Überblendung verbindet er die Szenen zugleich zeitlich und macht so wett, dass die zweite Szene chronologisch früher spielt.

Als er [Süden] die Augen aufschlug, sah er, wie am Fuß der Treppe eine Frau mit einem weißen Hut vom Crêpes-Stand, dessen Markise er erst jetzt bemerkte, wegging und dabei in den in Papier eingewickelten, zusammengeklappten Teigfladen biss. Aber nur ein einziges Mal.

In der nächsten Sekunde tauchte eine Möwe an der weißen Hutkrempe vorbei und schnappte sich den Pfannkuchen. Und während Papier und Serviette noch malerisch weiß im Wind flatterten, streckte die Frau fassungslos beide Arme zum Himmel, als bitte sie um Erbarmen. Die Möwen lachten und kreischten und jagten ihrer egoistischen Gefährtin hinterher.

[neues Kapitel]

Das hat doch Recht, das Vieh, dachte Zacherl sofort. Es nimmt sich, was es kriegen kann, und wenn der Grieskopf nicht aufpasst, ist er selber schuld und hat’s verdient.

Die Leute bemitleideten ihn mit Blicken und Worten, er lachte, zumindest sah sein Gesicht danach aus. Den ganzen Weg von seiner Wohnung vom Kirchenweg durch die Friedrichstraße bis zum Kassenhäuschen hatte er überlegt, wann er zum letzten Mal eine Crêpe gegessen hatte. (…)

»Köstlicher Anblick«, sagte er, nahm die mit Papier umwickelte Crêpe in beide Hände und wandte sich zum braungrauen, schäumenden Meer um. Er machte zwei Schritte auf die Promenade zu, anstatt sich an einen der Heizstrahler bei den Stehtischen oder unter die Backsteinarkaden zu stellen. Er hielt die Tüte vom Körper weg, als tropfe etwas heraus. Im nächsten Moment stand er mit leeren Händen da.

Er lachte. Zumindest glaubten das die Leute um ihn herum. Und auf eine gewisse Weise lachte er auch, aber nicht aus heiterer Verblüffung, er lachte, weil er in der Sekunde, in der der Vogel mit seinem großen gelben Schnabel nach dem Essen schnappte, begriffen hatte, dass seine Ahnung sich erfüllte.

Er hatte nichts mehr, und nichts mehr wartete auf ihn.

Durch diese Blende schneidet Ani das Schicksal der beiden Personen – Zacherl und Süden, der Zacherl sucht, inhaltlich also bereits mit ihm verbunden ist – auch formal zusammen. Und deutet zugleich die Möglichkeit an, dass Süden zur Rettung Zacherls zu spät kommen könnte.

Die Bedeutung des Bildes wird erklärt: Zacherl hatte nichts mehr, und nichts mehr wartete auf ihn. Durch die Überblendung mit der Süden-Szene ergibt sich die Frage: Hat auch Süden alles verloren? Nein, ihm wurde die Crêpe nicht gestohlen, er hat lediglich beobachtet, wie die Möwe sie einer Frau stibitzte. Und dennoch …

Die Blende hier hat den zusätzlichen Vorteil, dass der Übergang zu einer anderen Erzählperspektive klar ist und dennoch glatt verläuft. Überprüfen Sie Ihren eigenen Roman. Lassen sich Szenen darin, zum Nutzen der Geschichte, mit einer ähnlichen Blende zusammenfügen? Oder sind andere Filmtechniken effektiver?

Blog-Leser Kai berichtet von einer besonders gelungenen Verbindung zweier Szenen in Frank Schätzings Roman »Der Schwarm«. Der Leser folgt darin einem Geräusch, dem Klavierspiel einer Frau. Der Autor beschreibt, wie der Klang durch das Hotel wandert und hinauf durch die verschiedenen Schichten der Atmosphäre. Das Klavierspiel ist längst nicht mehr wahrzunehmen, der Autor aber beschreibt, welche Geräusche es in der jeweiligen Höhe noch gibt, und erreicht schließlich das All mit seiner völligen Abwesenheit jeden Lauts. Im stillen All umkreist ein Satellit die Erde mit ihren Geräuschen. Der Fokus wechselt zu den Menschen, die sich über den Satelliten etwas auf der Erde anschauen, zu einer neuen Szene.

[Meinen Dank an Kai für dieses starke Beispiel.]

Schneller-Bestseller-Trick: Nehmen Sie sich die Szene vor, an der Sie gerade arbeiten. Sehen Sie sich den Übergang von der vorhergehenden Szene zu der aktuellen an. Gibt es eine Verbindung? Ein Objekt, das in beiden vorkommt? Ein Wort, das bei der einen in einem der letzten Sätze, bei der anderen in einem der ersten Sätze steht? Ein gemeinsames Bild? Ein ähnlicher Geruch? Eine vergleichbare Stimmung? Arbeiten Sie etwas davon ein.

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