Читать книгу CRAZY CONFUSED WORLD- Die Tage der fliegenden Bockwurst - Susan March - Страница 10

4. GRÜßE

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Marie kam im Stechschritt zurück und nahm wieder im Auto Platz.

„Ich soll dich schön grüßen“, stichelte sie.

Sie war jetzt plötzlich und sichtlich amüsiert, schüttelte ihr Haar nach hinten und schnallte sich an.

„Ach, von wem denn?“, spielte Ben den Ahnungslosen.

„Von deiner Ex! Grüße von deiner Ex, an dich!

Nur an dich, Ben!“

Zweifellos meinte sie damit die hektische Person, welche soeben fast zum Opfer seines Fahrstils geworden wäre.

Eine gewisse Annie Bernson. Eben ein Teil von dem, was >vorher< geschehen war und wie gesagt ruhen sollte.

„Das nächste Mal würde sie deinen Mordversuch nicht so auf die leichte Schulter nehmen, sondern sich sofort fallen lassen, wie einen nassen Sack.

Und dann warten, bis ihr Anwalt käme!

Der würde dich dann nackig machen, und zwar so richtig!“

Auch Ben fühlte sich plötzlich großartig und genehmigte sich ebenfalls einen Schluck guter Laune.

„Ach...?“, nahm er dennoch übertrieben erstaunt zur Kenntnis. „Zumindest in der ersten Sache, hat Sie ja genug Erfahrung, das hättest du ihr sagen können! Und für das Letzte hätte ich eine andere Person im Auge! Vorzugsweise für eine B......!“

Marie beeilte sich ihre Ohren zwischen ihrer kleinen Handtasche und ihren Händen einzuklemmen und intensiv in ein Kreischschreigeräusch auszubrechen, bevor Ben weiter ausholen konnte. Als diese sich beruhigt hatte, musste sie feststellen, dass die Sache mit dem „Umtöten“ an Annie doch lieber jemand anderes vornehmen sollte.

Am besten am kommenden Mochtag! Ja, Mochtag!„Umtöten“ und „Mochtag“, waren beides Word-Kreationen aus den Mündern von Marie und Ben. Während die Kombination „Umtöten“ von ihm relativ leicht zu erklären war, hatte es der „Mochtag“ von ihr wesentlich schwerer. Es war nämlich ein zusätzlicher Wochentag, welcher gar nicht bis niemals auftrat. Demzufolge konnte an diesem Tag auch wirklich alles passieren. Alle möglichen und unmöglichen Termine konnte man, und vor allem sie, auf den „Mochtag“ legen. Das war überhaupt kein Problem! Wenn zum Beispiel Marie und Ben eine äußerst schwierige Verhandlung hatten, worüber auch immer, versuchte Marie diesen Termin am besten immer auf den „Mochtag“ zu legen. Das ging natürlich nicht. Auch wenn der „Mochtag“ aus irgendwelchen Gründen dann doch einmal plötzlich teilweise eintrat, war er meist auch schon immer ganz schnell vorbei, oder Ben hatte diesen verpasst. Sie war dann immer so freundlich auf beides hinzuweisen und er hatte dann konsequent das Nachsehen.


„Guten Morgen!“, herrschte Annie die Klasse an.

„Guten Morgen Miss Bernson“, antwortete diese brav und synchron im Chor zurück. Der Ort des Geschehens war eine für den Intellekt seiner ständigen Nutzer farblich angepasster Klassenraum.

Und zwar aller Nutzer.

„Heute werden wir uns mit den Buchstaben beschäftigen und die Ersten lernen und auch schreiben“, erklärte Annie lauthals.

„Wie nennt man diese Buchstaben?“, fragte sie und war fest davon überzeugt, wieder einmal einen der Erstklässler zu erwischen und aus dessen kindlicher Dummheit und Unwissenheit in das Licht zu führen.

Ihr Licht! Das Licht der Annie Bernson!Aber! Bernson-Bernson, B-E-R-N-S-O-N!!! Bei diesem Namen aus den Mündern der vielen kleinen Zwerge musste sie sich beherrschen, um nicht dutzendweise irgendwelche Hufeisen zu verbiegen. Dennoch, ihre Güte war grenzenlos! Insbesondere dann, wenn einige der Kinder oder vielleicht auch nur eines zufälligerweise der Sohn eines unterentwickelten und zurückgebliebenen Affen war. Aber sie würde erdulden und zweifellos so fast göttlich unvoreingenommen sein, wie immer. Deswegen wandelte sie zwischen den Reihen ihrer kleinen Zuhörer und kam, nach einer für sie angemessen scheinenden Zeit, zentral im Raum zum Stehen. Ihr Blick lenkte sich mit leicht verdrehten Augen an die Decke. Ohne damit jemanden anzuschauen und nach einer wieder ungewöhnlich langen Pause, in welcher sie sich nun plötzlich zur Tafel drehte, rief sie auf. „Ben Junior!!!“ Während dieser pflichtbewusst vom Stuhl aufstand, wartete Annie ohne diesen zu fixieren auf die Antwort! „Nun?“ „Das ist das Alphabet! Misses Bernson!“ Annie atmete hörbar ein und aus. Misses?! „Setzen! Ben Junior!“ „Als Nächstes, schlagt ihr eure Hefte auf und nehmt eure Stifte. Wenn ich euch die ersten Buchstaben gezeigt habe, schreibe ich diese vor und ihr schreibt diese nach!“ Wie ihnen befohlen zogen alle eiligst ihre Schreibutensilien heraus. „Was ist mit dir!?“, fragte sie. Annie bückte sich und erbeutete rüde, aus der offenen Tasche des kleinen José, ein Comic. „Das ist ein Comic!“, antwortete dieser in vollkommener, kindlicher Naivität. „Das ist mir nicht entgangen! Offensichtlich wissen du und deine Eltern nicht, dass diese ...Dinger...in der Schule verboten sind!“ José schüttelte langsam den Kopf und mit weit aufgerissenen Augen. „Du wirst heute einen Brief mit zu deinen Eltern nachhause mitnehmen!“, entschied Annie. „Damit sie verstehen, dass du diese nicht wieder mitbringen darfst!“ „Meine Eltern?“, flüsterte José leise in sich hinein. „Aber..., aber...“, stammelte dieser heraus, „...das habe ich doch von Ben!“ Annie Bernson ließ das mit spitzen Fingern aufgenommene Objekt der Verdammnis auf den Tisch von José sinken und drehte in Zeitlupe ihren Kopf in Richtung des üblen Verursachers. Jemand der, wie sie zugeben musste, in genau der richtigen Zeit in Aktion trat, welche sie in eine mittelschwere Katastrophe umdefinieren konnte. Und jemand der sie nicht kannte, hätte fast so etwas wie eine Art Lächeln, ein Leuchten in Ihren Augen erkennen können. „B-eeeeee-nnnnnn!!!“


Noch mal! Frühstück? Erledigt! Knirps in die Schule? Erledigt! Kurz noch mal auf Arbeit, Wochenendeinkauf, Familie wieder einsammeln und zuhause abliefern, Angelzeug und Angelstuhl und dann abends abfeiern!Während das Auto Richtung Großmarkt fuhr, hatte Ben noch einmal für sich gedanklich rekapituliert. Gut, Angeln und die abendliche Zweisamkeit mit Marie könnten sich eventuell irgendwie voneinander ausschließen! Vor allem wegen des etwas unharmonischen Starts heute. Jack könnte also recht haben! Entweder das Eine oder das Andere! Irgendwie bekomme ich bestimmt beides hin! Irgendwie? Vielleicht im Bad einschließen oder das Auto reparieren und dann einfach einmal eine Stunde rüber an den See. Durch das Fenster rauskrabbeln und am Regenfallrohr hinunter! Dass er dabei die Türen hinter sich verschlossen hätte und laute Musik jeden Sprechverkehr unmöglich machen würde, hielte er dabei nicht für sonderlich auffällig, oder undurchführbar. Man könnte auch einfach nur die Angel reinhalten und ab und zu mal vorbeischauen, beim Zigarettenholen! Verdammt!Plötzlich, wünschte er sich Raucher zu sein. Nein, Probleme, Probleme, Probleme! Das wird echt schwer! Damit könnte der Tag vielleicht doch nicht so scheißegut werden, wie er heute Morgen im Bad noch angenommen hatte. Aber schließlich hätte er ja fast Annie über den Haufen geschoben und alles hätte sogar wie ein Unfall ausgesehen! Das ist natürlich nicht zu überbieten! Ein hochgezogener Mundwinkel unterstützte seine im Hirn materialisierte Vorstellung von Weihnachten und Ostern an einem Tag. Wenn er bedachte, dass Annie, diese Frau, seinen Jungen unterrichten sollte, bedauerte er ihn aufrichtig. „Da muss er durch...“, waren seine Worte, die er beim Ausatmen nur minimalst für sich artikulierte. „Wer muss wo durch?“, erforschte Marie. Verdammt, diese Frau ist doch der absolute Kontrollfreak! Was kann man eigentlich geheim halten! Nichts! Niemand! Marie hatte es schon fertiggebracht und privateste Selbstgespräche eines erwachsenen Mannes in aller Ruhe zu belauschen, um diese dann anschließend Schritt für Schritt auseinanderzunehmen. Vorzugsweise wenn er im Bad war und mit imaginären, noch nicht gefangenen Fischen sprach.


Am Großmarkt angekommen, war es dann Gott sei Dank endlich so weit.

Eheweib aus dem Auto herausgedrückt und ab ging die Post!Die auf dem weiten Asphalt des Parkplatzes und zwischen einer Menge von Autos zurückgelassene Frau, konnte nur noch dem sich schnell entfernenden Fluchtwagen hinterherschreien. Dabei wedelte eine ihrer Hände in der Luft, als sie gegen die mit Autoabgasen geschwängerte Umgebung ankämpfte, währenddessen sie sich mit der anderen an das klammerte, was für sie aus dem Kofferraum in Windeseile irgendwie herausgepurzelt war. „Denk dran, eine halbe Stunde!“, erinnerte sie. „Jaja!“ Der Wagen hatte wieder gequietscht, aber diesmal von den durchdrehenden Rädern. Wieder zurück zum Rathausplatz, wo Bens kleines Diner war. Ein Ort, an welchem er von der Pike auf gelernt hatte. Als sein alter Chef in den Ruhestand ging, nutzte er die Chance und sprang auf den Dinerzug auf. Während der alte Besitzer, sein Nachbar Ben, auf die guten alten Traditionen hielt, hatte sein Nachfolger einen anderen Weg eingeschlagen. Herkömmliches gutes amerikanisches Essen mit einem Schuss von Weltoffenheit. Hier einen Caffè Latte und dort eine Limonade aus sonst woher. Für diesen Ort und seine Leute reichte es vollkommen, um ihnen ein gewisses Gefühl zu vermitteln. Was für ein Gefühl auch immer! Obwohl seine gespielte Weltoffenheit auch Grenzen kannte. Insbesondere wenn er ungebetene Gegenspieler in seinem Geschäft bekam. Die alte Einrichtung hatte er damals größtenteils ausgemustert und aus den umliegenden Restaurants die Tische und Stühle angeschleppt. Trotz der Proteste seines Vorgängers und körperlicher Gewaltandrohungen desselben. So entstand in seinem Diner ein buntes Sammelsurium, aber immer eine komplette Sitzgelegenheit. Darum fand dann jeder was für sich, womit er sich identifizieren konnte und das Diner war auch immer gut ausgelastet. Als außerordentlich vorteilhaft schätzte Ben ein, dass sich ein paar hundert Fuß gegenüber seiner beruflichen Wirkungsstätte, der Angelladen befand. Demzufolge hielt er auf dem Weg zum Diner auch dort und würde doch noch einmal einen Blick in die Auslage des Shops werfen. Den Wagen stellte er in einer passenden Parkbucht ab. Er überprüfte noch einmal den Abstand zum nächsten Auto, der Fahrbahn, den Bäumen, Windrichtung und eventuelle Flugruten von Vögeln und deren potenziellen Bombenlasten. Nach lediglich zweieinhalb lächerlichen Runden, um den Wagen, konnte er dann den Weg über die Straße zum Angelshop antreten. Mit den Händen in den Taschen näherte er sich der breiten Glasfront und der dahinter befindlichen Auslage. Er war sich sicher das etwas darin würdig war, von ihm beachtet zu werden. Vielleicht sogar zum Geburtstag oder zu Weihnachten von Marie als Geschenk an ihn zu dienen. Ja! Das Universum hatte seine Ordnung!

CRAZY CONFUSED WORLD- Die Tage der fliegenden Bockwurst

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