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8. PFERDERENNEN

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Jack war nahezu am Ende seiner Kräfte. Er stand auf der Landstraße ortsauswärts an einem großen, weißen Findlingsstein und stütze sich an diesem ab.

Der Wald um ihn herum war herrlich. Er verströmte einen würzigen Duft von Nadeln und trug ein zartes Grün.

Doch Jack hatte das Gefühl, er könne froh sein, noch am Leben sein zu dürfen. Ein schneeweißes und peinlich genau gefaltetes Taschentuch aus seiner Hosentasche kam zum Vorschein, womit er sich japsend über sein gesamtes, schweißbedecktes Gesicht wischte.

Er öffnete hastig die obersten Hemdknöpfe seiner Polizeiuniform und ließ ein feingripptes Unterhemd erscheinen.

Du musst dich jetzt unbedingt zur Ruhe zwingen! Vergebens! Er zog die aus Papier improvisierten, vom Schweiß und Blut völlig durchnässten Ohrstöpsel heraus und warf sie wütend weg. Er stand auf der Landstraße, welche aus dem Ort führte und wollte eigentlich einem Notruf nachgehen. Jemand aus der Stadt hatte ihn angerufen. Irgendwo außerhalb sollte jemand mit dem Auto unsanft im Straßengraben gelandet sein, weil er einen Hirsch gerammt hatte. Aber nun sah es so aus, dass sein Polizeiwagen unerreichbar von ihm weg, ortsauswärts hinter einer Anhöhe stand. Und er kam nicht an diesen heran. Etwas hinderte ihn mit aller Macht daran. Er hatte wieder zu seiner Kraft zurückgefunden und begann durch schnelle Gehbewegungen wütend und hektisch mehrere Achten auf dem Pflaster zu beschreiben, und wedelte dabei mit den Armen. Die ganze Situation war irgendwie seiner eigenen Blödheit zuzurechnen oder seiner Unwissenheit. Darüber war er sich noch nicht richtig im Klaren. Jedenfalls konnte er nicht zum irgendwo im Nichts vollständig zum Stillstand gekommenen Wagen, der anscheinend auch keine Anstalten machte wieder von allein zurückzukehren. Und das kam so!


Der Ahnungslose fuhr in der Angelegenheit des Wildunfalles, wie schon erwähnt, die beidseitig mit dichten Wäldern gesäumte und bergige Landstraße entlang, als er unvermittelt das Gefühl hatte, in seinem Kopf würde jemand mit einer Stecknadel hineinstechen und sadistisch daran drehen. Er verlangsamte seine Fahrt und die Stecknadel wurde erst zu einer Stricknadel, dann einem Brieföffner und...

...bevor Jack die Größen weiterer Stech- und Hiebinstrumente sowie Haushaltsgegenstände ausprobieren konnte, hatte er geistesgegenwärtig das Bremspedal durchgetreten und drückte zwei Finger seiner Hand derb gegen die Schläfe. Seine Augen rollten unkontrolliert in verschiedene Richtungen.

Der Kiefer drückte sich nach unten und ließen den Mund ein perfektes Bilderbuchfischmaul darstellen. Mit Armen und Beinen trat er die Fahrertür auf und landete auf Knien vor seinem Wagen. Unvermittelt robbte er vom Auto Richtung Stadt weg und erfasste, dass der Schmerz mit zunehmender Entfernung vom Fahrzeug immer weiter abnahm.

Für einen ihn nicht nachvollziehbaren Zeitraum lag er nun da und stellte fest, dass es um diese Jahreszeit doch noch recht kühl auf der Straße war.

Er rappelte sich langsam auf.

Sehr langsam!

Er schaute in den Himmel und atmete erst einmal und dann noch einmal richtig durch.

„Jesus Christus“, sagte er zu sich und er war eigentlich nicht sehr gläubig.

Er musste unbedingt mal zum Doc. Oder untersuchen, was Ben so in seiner Barbecuesoße entsorgte! Er drehte sich überprüfend hin und her, um zu sehen, ob jemand dieses Schauspiel miterleben durfte. Nein!?! Okay! Er klopfte sich so gut es ging den Dreck der Straße ab und beschloss das Ganze für nicht geschehen zu erklären. Ein Tasten auf sein Haupt und die Feststellung, dass er den Hut auf dem Beifahrersitz vergessen hatte. Natürlich! Er lächelte erst unsicher und prustete dann über das Geschehene ein kleines, leichtes Lachen heraus und schüttelte mit dem Kopf. Mit langsam wiedergefunden Selbstbewusstsein und einer aufrechten Haltung, mit der einen Hand an seiner Waffe und der anderen am Gürtel, watschelte er zielstrebig Richtung Wagen. Jacks Startpunkt mit dem Findlingsstein, auf dem Weg zu seinem Gefährt, wurde somit einsam zurückgelassen.


Aber nicht lange!

Denn erst sein Schreigeräusch, dann sein Schatten und schließlich er selbst in Person kamen mit einem Affenzahn und den Händen an den Ohren wieder zum Findling zurückgeprescht.

Eine Weile verging.

Nachdem er sich wieder erholt hatte, musste er erst einmal nachdenken. Seiner kurzen körperlichen Regeneration folgte eine gedankliche Einkehr, bei welcher er nachdenklich den Kopf in der Hand wiegte. Dann kam ihm eine Idee. Er versuchte mit seinem Funkgerät Kontakt zu Jimbo herzustellen.

„Jimbo, kommen! Jimbo, kommen!“

„Ja......Jack, kommen!“, antwortete es knarrend aus dem Gerät.

Er drehte sich unsicher hin und her und fuhr langsam fort.

„Ja, ....es gibt hier ein paar Probleme!

Äh,....ich denke,.....dass es vielleicht besser wäre, wenn ..... .

Also ich bin hier am Whitestone und habe hier etwas festgestellt.....!“

„Brauchst du Hilfe, Jack, kommen!“

Jack betaste verlegen seinen Kopf.

Man!

Das war doch alles vollkommen lächerlich!

Was tat er eigentlich hier?

Wollte er nach Mami rufen?

„Nein! Nein, ...äh nein! Ich habe alles unter Kontrolle, ... denke ich! Also, ....bleibt in der Stadt, bis ich zurück bin und dann besprechen wir alles. Kommt am besten nicht her und......“

Dann pfiff das Funkgerät heftig.

Jack patschte abwechselnd mit seiner mächtigen Hand auf diesem herum und hielt es dann ans Ohr.

Das Ding war tot!

Er wartete eine Weile und versuchte es wieder.

Nichts!

Irgendwann müsste ein Auto kommen!

Tat es aber nicht.

Nachdenken muss ich! Unbedingt! Nun begann er die Straße quer mehrmals abzuschreiten und drehte schließlich mit einer Erleuchtung den Kopf Richtung Wagen. Aus seiner Brusttasche kam ein Knöllchenblock zum Vorschein und er riss erst ein und dann noch ein Blatt ab. Diese wurden schnell zerknüllt und er bohrte sie sich jeweils satt in die Ohren hinein, die dann in wilder Weise und antennenartig herausragten. Als Test hielt er erst seine schnippenden Finger neben die Ohren. Dann klatschte er noch einmal misstrauisch mit den Händen. Das war okay! Sehr gut!


Start!

Jack tastete erst langsam vor und hielt dabei seinen Kopf abwechselnd mit dem einen und dann dem anderen Ohr Richtung näherkommenden Wagen.

„Okay. Okay-okay! Bist jetzt.....ist.....alles o-k-a-y!“, sprach er sich selbst Mut zu.

Jack war jetzt noch ungefähr dreißig Fuß vom Auto entfernt und hatte ein leichtes Summen in den Ohren.

Schließlich hatte er die offenstehende Tür erreicht und blieb kurz stehen. Bis auf das leichte Geräusch keine Veränderung! Er nahm langsam hinterm Steuer Platz und schaute prüfend in den Rückspiegel, nach hinten auf die Landstraße. Dann begegnete er seinen Augen im Spiegel. Er startete den Motor und fuhr langsam weiter. Das leichte Störgeräusch in seinem Ohr verstärkte sich. Er schaute wieder in das Glas des Rückspiegels, welches nun mehr und mehr zu vibrieren begann. Jack zog die Stirn kraus und riss die Augen auf. Aber er beschloss diesmal durchzubrechen! Er gab selbstbewusst und auch draufgängerisch Gas, biss erst die Zähne zusammen, öffnete dann den Mund schmerzverzerrt und verengte die Augen zu schmalen Schlitzen. Der Lenker, die Pedale und selbst der Sitz gaben enorme Schwingungen von sich, die scheinbar alle wie auf Abrede in Jacks Körper ankamen und auch nur dort hineinwollten. Zuerst die Front- und dann auch die anderen Scheiben verabschiedeten sich mit mehrfachen Sprüngen und wurden alle zu einem undurchsichtigen Spinnennetz aus Rissen. Rück- und die Seitenspiegel gaben ihren Geist auf. Die Scheinwerfer platzten aus ihren Fassungen. Die Beleuchtung auf dem Dach des Wagens fetzte auseinander. Dann erstarb der Motor des Gefährts und es blieb unter Hoppelbewegungen endgültig stehen. Er kuppelte aus und wollte wieder starten. Zur Hölle! Was ist denn hier los? Jack stemmte die Autotür auf und schoss an die Rückseite des Autos um dort Deckung zu suchen und die Handflächen an die Ohren zu drücken. Der Wagen selbst hatte beschlossen ein Eigenleben zu entwickeln und fing langsam an die mittlerweile abschüssige Straße weiterzurollen. Das war eines der ziemlich letzten Bilder, welche sein Nutzer halbwegs bewusst von diesem wahrnahm. Er klammerte sich an die hintere Stoßstange und versuchte gebückt das nun wieder fahrende, viel zu massereiche Objekt an seiner aufnehmenden Fahrt zu hindern. Er ließ nicht locker und wurde schließlich hinterhergeschleift. Dann musste er trotz unbändigen Willens loslassen und das Gefährt pfiff mit einem scheinbar entwickelten Eigenleben ab. Der gleiche Wille zwang Jack dazu aufzuspringen und die Gegenrichtung in einer wahnsinnigen Geschwindigkeit einzuschlagen. Was der police officer leistete, war zusammengenommen übermenschlich!

Oder unmenschlich?

Auf jeden Fall außergewöhnlich!

Sein Blut schien zu kochen und sein Herz raste wie das eines Rennpferdes. Und er kam den an ihn gestellten Ansprüchen nach, in jeglicher Beziehung. Wer oder was auch immer diese Ansprüche an ihn stellte. In jedem englischem Royal Ascot-Pferderennen, hätte er spielend gewonnen und noch bequem ein Kaffee und Hotdog in Bens Diner mampfen können. Selbst bei gedopten Pferden!


Nun war der Ärmste, wie gesagt, wieder am Findlingsstein angelangt und hatte seine unbändige Wutattacke hinter sich gebracht.

Er schaute die Straße entlang.

Erst in Richtung des nun für ihn unsichtbaren Wagens und dann zur Stadt.

„Verdammt! Verdammt, verdammt, verdammt!“

Es waren so an die sieben Meilen bis zu seinem Büro, und seine Füße fühlten sich....

Jack schaute nach unten auf seine Schuhe und seine Hose.

Beides hatte mittlerweile ziemlich gelitten.

Aber darüber hinaus hatte sich etwas verändert......

CRAZY CONFUSED WORLD- Die Tage der fliegenden Bockwurst

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