Читать книгу CRAZY CONFUSED WORLD- Die Tage der fliegenden Bockwurst - Susan March - Страница 9
3. START
ОглавлениеDie Klappe des Kofferraumes öffnete sich und diverse Einkaufskörbe sollten durch Ben darin Platz finden. Wichtige Utensilien, die Marie in Kürze unbedingt benötigen würde.
Allerdings nur sie allein!
Das stand bereits fest.
Für ihn!
Während sich Marie und Junior Richtung Auto bewegten, war es von eminenter Wichtigkeit die bereits darin verstaute Tasche mit dem Angelzeug sorgsam mit einer Decke zu tarnen.
Ein letzter Kontrollblick durch die Heckscheibe des mittlerweile verschlossenen Rückraumes nach vorn, während die beiden Platz nahmen.
„Hallo!“, schallte es von drüben.
Ben, noch ein Ben, der Nachbar, welcher gerade die Zeitung mit der einen Hand aus dem Postkasten zog und in der anderen noch einen Kaffee balancierte.
„Morgen!“, antwortete Ben zurück. „Na, nicht ein bisschen luftig angezogen? Wieder mal! Ist noch etwas frisch für diese Jahreszeit!“ und deutete auf den unteren Teil von Ben. Dieser hatte lediglich Boxershorts an. Der Rest bestand aus einem Unterhemd und einem geöffneten Morgenmantel, welcher im seichten Wind flatterte. Shorts und Hemd hatten eine militärgrüne Farbe, und auf seinem Kopf trug er einen Basecap. In einem Mundwinkel war der kleine Stumpen einer Zigarre zu finden, mit der er beständig die Gegend bedampfte. Der alte, lächelnde Ben winkte über das zarte Grün der Rabatten und über den Zaun.
„Ach, Quatsch, bin abgehärtet! Du weißt doch!
Jeden Morgen ein Bad in der Regentonne hinterm Haus, auch wenn es Winter ist. Das hilft! Übrigens! Gestern habe ich die ersten Seesaiblinge herausgezogen. Die Kerle sind verdammt hungrig nach dem langen Winter. Wir sollten mal wieder zusammen angeln gehen!“
Ben war, trotz seines Alters, immer noch durchtrainiert und schon früher ein verdammt harter Hund gewesen.
Er hatte an ein paar Wüstenkriegen teilgenommen und war ab und zu der Meinung, dass ein paar Amokläufer hinter dem nächsten Briefkasten lauerten. Gleich im Dutzend. Demzufolge traute er niemanden und konnte auch keinem Ding etwas abgewinnen, was nicht in einem Umkreis von fünfzig Meilen zusammengelötet, geschweißt oder genietet wurde. Entsprechend viel auch seine Meinung über ausländische Wagen aus. Was nicht klapperte, war nicht am Leben und schon gar nicht amerikanisch! Bisher Grund genug gewesen auf die teutonische Monsterkarre verächtlich herabzuschauen, die plötzlich irgendwann direkt aus seinen Albträumen in der nachbarlichen Einfahrt erschienen war und ein gutes Stück dieses Kontinents mit dessen Anwesenheit verpestete.
Und vor allem den Stolz des alten Ben auf das Gröbste verletzte!
„Grüß mir mein altes Diner schön!“, gab der fast glatzköpfige, faltige Ben mit auf den Weg, der dem Ben im Wagen trotzdem nicht unähnlich sah.
Das musste etwas mit dem Arbeitsplatz zu tun haben.
Schon das Geräusch der schließenden Türen, der Duft des „neuen“ Autos und der Motor, welcher auf Knopfdruck das Herz von Ben mit wohliger Wärme füllte.
Marie winkte dem Zigarre rauchenden Ben lächelnd und zischte über die Mundwinkel ihrem Ben in einem einzigen, langgezogenen Atemzug zu.
„Dusolltestihmmalsagen,-dassersonichtaufdiestraßekann...!“
„Was soll ich machen, Süße?
Wenn es ihm so gefällt?
Du liegst doch auch immer hinten am Pool und hast deinen kleinen Fummel an!“
Zu behaupten, dass Marie nicht so richtig zufrieden mit dieser typischen bequemlichen Ignoranz ihres Mannes war, wäre die pure Untertreibung gewesen. Deshalb war eine Pause notwendig. Eine Pause, in welcher sie sich nun vornahm, endlich andere Seiten aufzuziehen. Und eine Pause, die sich so in die Länge zog und durch ihre eigene Länge, so komisch sich das auch anhörte, immer länger wurde. Also sozusagen länger und länger. Und ihrem Hausneandertaler dadurch die Möglichkeit gab, sich auf die Ankunft des modernen Menschen und seiner überlegenen Intelligenz halbwegs vorzubereiten. Was ihm natürlich nichts nutzen würde.
Schließlich fing sie strafend an zu bohren.
„Hinten liegt noch dein Angelzeug drin?!?“
„Ist noch vom letzten Mal gebunkert!“, blockte er ab.
„Ich denke die Saison hat erst begonnen?!“, untersuchte sie weiter.
„Natürlich! Ist noch .... vom vergangenen Jahr!“, argumentierte Ben, während der Wagen über die kleine Steinbrücke am Bach fuhr und das Willkommensschild der Stadt passierte. „Terjew“ stand mit weißen, großen Lettern auf grünem Untergrund. Daneben, auf dem Schild, ein paar fast kitschig schöne Berge mit Wald und See.
„Aber letztes Jahr...“, begann sie nun schon die finale Phase einzuleiten,“...hatten wir den Wagen doch noch gar nicht...“ und sah dabei beiläufig aus dem Fenster, auf die mittlerweile aufgetauchten Häuschen am Straßenrand.
Diese Frau hatte wirklich eine Art überall rumzuschnüffeln und alles zur rechten Zeit wieder auszupacken. Gedankennotiz...bei Gelegenheit, werde ich ihre sämtlichen Schränke durchwühlen, und wenn ich nichts finde, juble ich ihr was unter. Zur Hölle, das mach ich! Ich tu's! Vielleicht einen zerknitterten Zettel, mit einer Telefonnummer! Am besten von dem Typ mit den schiefen Zähnen und den dicken Nasenhaaren, dem sie in der Stadt im Einkaufsmarkt immer aus dem Weg ging. Dem Leiter der Verkaufsstelle. Die Telefonnummer prangerte ja draußen in übergroßer Schrift über dem Eingang.Ben führte die Hand vor den Mund und untersuchte mit den Augen abwechselnd das Innere des Autodaches und die vorbeiziehende Umgebung. „Ach ja stimmt, ........habe ich verwechselt! Die Ausrüstung habe ich reingelegt, damit sie sich klimatisieren kann! Wichtig bei einer Angelausrüstung! Sehr wichtig!!!“ „Und ich dachte du willst heute angeln fahren, an unserem gemeinsamen freien Tag, Ben?“ Mittlerweile wurde der Rathausplatz angefahren, ein wunderschönes, marmorverkleidetes Gebäude mit einem zentralen Eingang und einer breiten Steintreppe, umsäumt von kleinen Häuschen, allesamt Klinker- und Steinbauten mit flachgeneigten Dächern. Geschäfte und ein zentraler Park, in welchem sich ein Zeitungsstand befand. „Äh, Angeln! Niemals! Würde mir im Traum nicht einfallen! Höchstens es würde so eine Art Notfall eintreten, so eine Art Angelnotfall! So wie letzte Saison! Du weißt doch, der plötzliche Telefonanruf! Bei dem Wettkampf, als überraschend jemand ausgefallen war!“ „Ja du Süßer...!“, wendete sie sich ihrem Mann zu und zog mit einer vertrauten Derbheit an dessen Ohr, sodass dieser ganz kurz in die Höhe stieg und das Gaspedal durch seinen Fuß über Gebühr beansprucht wurde. Der Motor heulte auf und der Wagen machte kurz einen Satz nach vorn. Und das vor dem Einfahrtsbereich der Schule. Alle drei Insassen sahen die gelbe Rückseite des stehenden Schulbusses auf sich zuschnellen, obwohl sich dieser eigentlich nicht bewegte. Und eine mäßig dicke Frau mit roten Haaren kam ungünstigerweise dazwischen, welche gerade die Straße in Richtung Schule überquerte. In letzter Sekunde trat Ben das Bremspedal durch und mit einem Quietschen kam der wildgewordene Wagen zum Stehen. Alle drei folgten den Gesetzen der Physik und wurden nach vorn in die Gurte gepresst. Als endlich Stillstand eingetreten war, wandte sich Marie nach hinten und fragte Junior besorgt, ob alles Okay war. Im selben Moment schüttelte die sichtlich aufgewühlte Frau vor dem Auto den Schreck ab und versuchte mit zugekniffenen Augen und vorgestrecktem Kopf, das Gesicht der Insassen zu erkennen. Sie realisierte Ben und zögert nicht die Ablenkung der beiden anderen für einen erfolgreichen Gegenangriff zu nutzen. Ihr ausgestreckter Mittelfinger wanderte zu ihrem Kussmund, um diesen danach dem rücksichtslosen Fahrer in voller Größe zu präsentieren. „Also....“, stammelte Ben, riss Augen und Mund auf und schüttelte den Kopf über diese Dreistigkeit wild hin und her. „Hast du das gesehen?“ „Pass doch auf!“, maßregelte Marie ungehalten. „Willst du uns umbringen?“ „Also....“, so Ben verlegen, „... du weißt doch, dass mir das ab und zu passiert, wenn ich aufgeregt bin!“ „Boahhh, pfui Dad!“, stellte Junior von hinten fest und wedelte übertrieben mit der Hand vor seiner Nase. „Lüfte das Auto!“, befahl sie schließlich und schob sich ihre schlanken Finger vor die Nasenlöcher. Während Marie Junior auspackte und zur Schultür brachte, erledigte Ben schnell das Wichtigste. Er umrundete den Wagen und scannte besorgt. Er legte den Weg um das Auto, über die Straße, Bordstein und rücksichtlos durch die extra gepflanzten Frühjahrsblüher der Rabatte in Rekordzeit zurück. In halb gebückter Haltung. „Okay! Alles okay! Das gute Stück ist noch in Ordnung! Ganz ruhig!“, beruhigte sich der aufgeregte Mann, der eine schlechte Quasimodo-Imitation bei seiner Kontrolle um das Gefährt abgab. „Also!“, tönte es aus einem längsseits fahrenden Polizeiwagen, dessen Sirene und Motor kurz bedrohlich aufheulten. „Sind wohl verrückt geworden, Sir?“ Ben zuckte zusammen und checkte den Fahrer. Der hatte ein breites Grinsen auf dem Gesicht und genoss die Konfusion des Erschreckten. Es war Jack. Ein Kumpel seit Sandkastenzeiten und immer als ominöser Anrufer zur Stelle, wenn wieder einmal ein Notfall hermusste. Ein Mann wie ein hochgewachsener Baum, der in der Highschool Football gespielt hatte. Entsprechend war er noch in Form und war überhaupt nicht mit Ben zu vergleichen. Lediglich sein kreisrunder Haarausfall wies darauf hin, dass er nicht mehr in einer Schulmannschaft mitmachen konnte. Dennoch waren sie die besten Freunde. Wenn Ben so etwas überhaupt hatte. „Na....“, lächelte der police officer,“der Frühling ist da und die Saison hat begonnen,... wird's heute einen Notfall geben?“ Er hatte sich von seinem Fahrersitz herübergebeugt und redete lauthals und derb durch das halb geöffnete Fenster. Und die umstehenden Eltern und Kinder konnten in der ersten Reihe mithören. „Weiß ich noch nicht! Nicht so laut Jack. Marie ist hier! Kann noch nicht sagen, wie ich es hinbekomme! Und ob es überhaupt klappt?!“ „Tja Ben, du musst Dich entscheiden! Die Forelle oder.....!“ „Was oder.....?“, fragte Ben verwirrt und etwas verärgert. „Oder die Bockwurst ..!“, antwortete Jack, und bevor Ben verstehen oder kontern konnte, war der Polizeiwagen auch schon weg. Man! Er musste sich wirklich zusammenreißen. Bei der letzten Grillparty musste ihm was rausgerutscht sein!... und Jack, als verdammte Tageszeitung auf zwei Beinen...! Naja, was sollte er auch anderes tun in so einem Nest, als den ganzen Tag Donuts essen und Klatsch und Tratsch aufzusaugen und rücksichtslos wieder breit zu streuen? !Ben erinnerte sich dunkel an einen Haufen leerer Bierflaschen, die in der sommerlichen Zusammenkunft in seinem Garten irgendwie neben seinem Barbecuegrill zum Stehen und später in einem wilden Haufen zum Liegen gekommen waren. Fast bergeweise, oberflächlich betrachtet. Eine wunderbare Sommernacht mit guten Freunden und eben auch Jack und dessen Frau Ruth. Das Fleisch schmeckte wunderbar. Die Salate waren lecker und die Soßen rundeten das Ganze ab! Obwohl es sich eher um die Reste von Soßen gehandelt hatte, die er an einem Freitag aus den fast leeren Behältern seines Diners gekratzt hatte. Um diese anschließend, und unter dem argwöhnischen Blick seiner Angestellten, umzufüllen und mitzunehmen. Gut! Diese standen dann wahrscheinlich zwei, drei Stunden in der prallen Sonne im Kofferraum seines Autos. Aber der Geschmack war am nächsten Tag noch einwandfrei. Vielleicht waren es auch sechs Stunden. So genau war das nicht mehr nachzuvollziehen. Jedenfalls, alles war also absolut perfekt gewesen, auf der Sommerparty und besonders schön war es für Jack und Ben. Wer allerdings die ganzen Bierflaschen geleert hatte, war ihm natürlich bis heute ein Rätsel. Fest stand, dass die beiden irgendwann unter eingeschränkten motorischen Fähigkeiten gelitten haben mussten. Ob von den Soßen, dem Bier oder von einer kombinierten Vergiftung, war nicht mehr nachzuvollziehen. Nicht nur, dass der ein oder andere Fehltritt auf die Flaschen zu unkoordinierten Bewegungen beim Laufen führte, nein, es musste wohl auch die ein oder andere Information fremdgegangen sein. Sagen wir mal mündliche Informationen, die sich Männer in ihrer ganzen Pracht und inniger, gegenseitiger Umarmung, torkelnd und mit besserwisserisch erhobenem Zeigefinger so ins Ohr flüsterten, wenn man gerade so ziemlich alles und vor allem die ganze Welt jetzt erst so richtig verstand. Und natürlich auch jedem umgehend erklären musste! Was man halt so erzählte, kurz bevor man sich gegenseitig gegen den besten Kumpel abstützte und feststellte, dass die Mitte eines Klapptisches in der Tat zwei umgefallene, erwachsene Männer aufnehmen konnte. Samt durch die Luft fliegende Tischdekoration!Marie und Ruth bewerteten das Ganze dann später als Ergebnis seiner ungezügelten Lebensweise und seiner gewissen menschlichen Art. Wobei sie und Ruth, wenn er sich richtig erinnerte, keine Hand gerührt hatten, um beiden aus der Verwicklung des demolierten, und natürlich vollkommen unterdimensionierten Mobiliars, zu befreien. Schrottzeug! Billiger Mist! Im Gegenteil! Die Frauen standen nur da, mit verschränkten Armen und diesem typischen, strafenden Blick. Das alles vor einem Haufen Gäste, die im Halbkreis schweigend um das ganze Geschehen standen und teilweise mit den Köpfen schüttelten. Ja, das war erschütternd! Eine derartige Hilflosigkeit auch noch vollkommen ungerechtfertigt abstrafen zu wollen. Mit ebenfalls vollkommen unrichtigen Vorstellungen! Wer hier was falsch und wer was richtig gemacht hatte, war damit eindeutig klar. Das war leicht zu verstehen!