Читать книгу CRAZY CONFUSED WORLD- Die Tage der fliegenden Bockwurst - Susan March - Страница 19

13. SCHULE

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„Miss Bernson hat vergessen, wie das Alphabet geht!“, empfing Ben Junior seine Mutter Marie lauthals vor dem kleinen Schulgebäude. Diese steuerte zielstrebig auf die Gruppe von Kindern zu, die sich vor dem Eingang aufhielt. Eigentlich waren es alle Schüler und Kinder, bis hin zu dem Lehrerkollegium, welches überwiegend aus Frauen bestand.

„Ich hab gar nichts vergessen!“, kreischte Annie hysterisch aus dem Zwergenhaufen heraus.

Die Direktorin, Misses Franzis, erklärte jedem mit einem herzerwärmenden und aufrichtigen Lächeln der eintreffenden Eltern, wie die Lage war.

„Es tut uns sehr leid, aber aufgrund des Stromausfalles sind wir nicht in der Lage den Schulbetrieb am heutigen Tage aufrechtzuerhalten! Um so besser, dass sich ein Großteil von Ihnen hier von allein eingefunden hat.

Wir hoffen, dass Morgen wieder alles in Ordnung ist.

Außerdem ist allen Frauen in der Schule kurzzeitig schlecht geworden und wir hoffen auch hier inständig, dass es sich nicht zu einer Art >Epidemie< ausbreiten wird!“

Mittlerweile war Ben niedergeschlagen herangeschlurft und hatte Position hinter Marie bezogen. Einige der Eltern musterten den immer noch klitschnassen und mit Ketchup befleckten Kerl mit seiner Angeltasche und nahmen ihre Kinder schützend zwischen sich.

„Mir ist nicht schlecht geworden, so wie den anderen Frauen!“, warf Annie vorlaut und stolz wieder ein.

„Das erklärt natürlich einiges!“, zischte Ben durch die Zähne hindurch.

Annie konnte nicht mehr an sich halten. Sie stürmte mit einem Wortschwall an Beschimpfungen und wilden Gesten auf Ben zu und jagte ihn um den Haufen von Kindern, Eltern, Marie und Misses Franzis herum. Die rasende Furie musste durch die Direktorin und einen Kollegen zur Räson gebracht werden. Ben selbst suchte hinter Marie Deckung und reizte Annie zusätzlich durch, nur für diese sichtbare, Handgesten und Grimassen. Dabei fand er auch Zeit für einen kleinen aber feinen Mittelfinger mit Luftkuss.


„Nichts zu machen!“, sagte Jeff Junior, der ständig mit dem Blaumann herumrennende Mechaniker aus der Werkstatt Jeff & Sohn, aus dem Ortsinnern. Er rollte sich unter dem Schulbus hervor und man konnte nun gut seine ganze unnatürliche Blässe und die rot unterlaufenen Augen erkennen. Aus diesem Grund waren die meisten der Meinung, dass er keinen einzigen Tropfen Blut mehr in sich haben könnte. Das ganze Gegenteil von diesem war der farbige Schulbusfahrer Tom, der sich nun die Mütze in den Nacken schob. Er drehte sich Richtung Schuleingang und rief, „Es bleibt dabei Misses Franzis! Jeff sagt das Ding läuft nicht!“

Der helfende Engel in verschmutzter, öliger Arbeitskleidung stand auf und steckte den Kopf unter die Motorhaube seines Abschleppwagens.

„Ach!“, fluchte er.

„Wenn ich nur wüsste, was für ein Scheiß das ist!?“

Die gesamte Straße stand mehr oder weniger mit Autos voll, die nicht starten oder weiterfahren wollten, weil anscheinend eine unsichtbare Macht den Geist aus ihnen herausgesaugt hatte. Ab und zu wurde der Fachmann von Leuten umringt und angesprochen, deren Fahrzeuge das Schicksal der Totenstarre ereilt hatte. Dieser konnte immer nur mit dem Kopf schütteln, mit den Schultern zucken und auf sein eigenes, störrisches Gefährt hinweisen. Dann drehten die potenziellen aber nicht bedienbaren Kunden ab und fluchten irgendetwas in sich hinein.

„Aber sie können mir ihre Nummer hierlassen!“, ergänzte Jeff, nachdem ihm die Visitenkarten, selbst die Tinte im Stift und Papier ausgegangen waren.


„Nein Misses Franzis. Unser Auto...“, Marie hielt inne und drehte die Augen unmerklich in Richtung des hinter ihr stehenden Bens, „...unser Auto ist leider auch nicht mehr fahrtüchtig. Deshalb können wir nicht in unser Haus zurückkehren. Ich denke es wäre das Beste, wenn wir uns zu unserem Diner begeben und dort nach dem rechten schauen.

Im Übrigen sind alle recht herzlich eingeladen, denen es ähnlich wie uns ergangen ist! In unserem Restaurant dürfte fürs Erste genug Platz sein und wir hätten auch die Möglichkeit die Leute etwas zu versorgen!“

Marie fühlte sich zunehmend besser und begann schnippisch zu lächeln. Währenddessen ging die Glühbirne im Schädel ihres Mannes jetzt langsam wieder an und er konnte die ersten Inhalte wieder sortieren.

Hey! ,begann er abermals verfroren zu werden und dachte in sich hinein. Das ist schlau! Nein falsch, zuerst scheint es dumm, dass sie die halbe Stadt einlädt, mir die Haare vom Kopf zu fressen! Aber wenn das so bleibt, muss erst mal jeder essen. Und ich kann meinen alten Herd auch mit Propan betreiben! Und die werden mir die Bude einrennen, jetzt wo die Konkurrenz weg ist! Die ersten zehn Hotdogs sind umsonst und den Rest passen wir preislich an!Er sah vor seinem geistigen Auge vom Himmel regnende Geldscheine, sich selbst mit nach oben ausgestreckten Händen, nach dem wohltuenden Segen greifend und den Bockwurstkrabbelkäfer, der vergeblich versucht hatte aus dem Autosandwich zu entkommen. Bleib, wo du bist, so bist du genau richtig! Sein Lächeln wurde jetzt plötzlich immer breiter auf seinem Gesicht und er schwieg jetzt nur noch zufrieden in sich hinein.


Es war eine Armada, welche die Welt noch nicht gesehen hatte. Verbände fast aller freien Nationen hatten sich unter dem Kommando der UNO vereint und rückten auf einen Kontinent zu. Als wenn es galt ihn neu zu erobern und in Besitz zu nehmen. Und fast genauso war es. Die ersten Erkundungstrupps und Drohnen hatten es bestätigt. Scheinbar völlig leer und frei von Menschen, die fähig waren ihn zu nutzen oder zu verwalten. Dafür hatten die ersten übertragenen Bilder und Expeditionen unbeschreibliche Szenen von Verwüstungen aufgezeigt und ein biblisches Chaos offenbart. Und das Ganze in einem solchem Ausmaß, dass man die nun folgenden Landungstrupps nicht über die derzeitige Situation informiert hatte, sondern ihnen nur das Nötigste mitgab, um die ersten Landungspunkte zu sichern. Und nun wartete die Landmasse nur noch darauf, neu mit der Zivilisation Bekanntschaft zu machen. Jetzt würden sich Tausende, ja sogar Hunderttausende davon überzeugen können. Von fast allen Seiten gleichzeitig, auf jeden Fall zuerst an den Großstädten und Städten. Dann würde man sich weiter in das Landesinnere vorarbeiten. Aber bis dahin galt es noch einen unendlichen Kraftakt zu bewältigen, an dessen Anfang sie sich jetzt noch befanden. Unzählige Hubschrauber, darüber in größerer Höhe Flugzeuge, aus welchen in gesicherten Zonen zahllose Fallschirmspringer austraten. Flugzeugträger vor den Küsten, Kreuzer, Lazarettschiffe, zivile Versorgungsschiffe und sogar U- Boote, die vor den Stränden vor Anker lagen oder patrouillierten. Und es wurden täglich mehr und mehr, die sich zwischen den zahllosen Schiffswracks in Position gebracht hatten. Mittlerweile nur noch Hüllen toter Tanker, Containerschiffe, Trawler, Ausflugsdampfer, Kreuzfahrtschiffe, unzähliger Seegelbote, Schnellboote, kurz alles, was einmal auf dem Wasser war, lag zerschmettert auf Grund und streckte seine letzten Reste scharfkantig heraus oder verengte bedrohlich die Küstenzugänge. Dazwischen brennende Öllachen, die in Verbindung mit den darunter treibenden Leichen einen beißenden Gestank entwickelten und alles eindeckten.

Auf breiter Front traten nun Schwimmpanzer aus der salzigen Gischt des blauen Wassers, die es heil durch dieses tödliche Gewirr geschafft hatten, und würden sich aus dem Meer und schließlich die Küsten hinaufwälzen. Sie alle hatten hier nur ein Ziel.

Melbourne!

Eine der großen Städte, denen man sich als Erstes näherte und den Kontinent somit von Süden her in die Zange nehmen wollte. Canberra, Sydney und Brisbane folgten zeitgleich. Angeführt wurden die meisten Fahrzeuge von einem Kommandowagen, der einen englischen General aufsitzen hatte und den Union Jack im Wind flattern ließ.

Die Ankunft war nicht unbemerkt geblieben!

Natürlich nicht!

Die Menschen auf der Landmasse hatten die Luftgefährte erspäht und waren ihnen ins Landesinnere gefolgt.

General West, oder besser gesagt der obere Teil von ihm, schaute aus dem Führungswagen heraus, welcher noch ein paar hundert Fuß zur Küste zurücklegen musste.

„Gentlemen!

Was ist das?

Dieser Nebel!

Sind wir hier verdammt noch mal vor London oder vor Australien?“

Und er hatte recht. Der interne Nachrichtendienst und die Wetterfrösche hatten nichts von Nebel berichtet, welcher tatsächlich auch einer war. Aber nun war er hier, verdeckte großzügig die Küste und nahm sich selbstgefällig, was ihm gefiel.

„Kontakt in einhundert Fuß“, kam es aus dem Inneren des Schwimmpanzers.

Und in der Tat. Der Nebel lichtete sich und das Bild vor ihnen bekam langsam Kontrast. Zuerst war der flach auslaufende, weiße Sandstrand zu sehen. Dann folgte ein strahlend blauer Himmel, der sich gegen die erst noch dunkle Landmasse abhob und mit einer Reihe von Rauchsäulen der nahen Stadt gespickt war. Als der Schwimmpanzer anlandete, konnte es General West sehen. Es war bedrohlich und konnte nur einem kranken Traum entsprungen sein. Eine endlos lange Reihe von regungslosen und scheinbar versteinerten Menschen, die sich entlang der Küste aufgebaut hatten und die von den dröhnenden Geräuschen aus dem Meer angelockt wurden. Er musste schlucken und hatte Mühe die Fassung zu bewahren. Dann geschah es. Die Meute sammelte sich, um zielstrebig auf den Führungswagen und die weiteren Fahrzeuge zuzulaufen. Es bildeten sich gewaltige Ansammlungen, welche die Eintreffenden bedrängten, ohne dabei Rücksicht auf ihr eigenes Leben zu nehmen oder es anscheinend nicht besser wussten. Denn eine Lawine aus Metall schob sich auf breiter Front aus dem Ozean.

Einige bestiegen die gepanzerten Gefährte in wilder Raserei, ohne zu wissen, was sie eigentlich dort wollten.

West hob die Hände und versuchte erst durch sein Mikrofon und schließlich ohne dieses zu beruhigen und war anscheinend der Meinung, dass er die Sache so in den Griff bekäme. Es war ein irres Chaos, in welchem alle durcheinander schrien, und versuchten etwas zu erklären, was keiner der Ankömmlinge verstehen konnte. Während der Panzerwagen nur im Schneckentempo weiterkam, büßte West zuerst seine Mütze ein, dann sein Headset und letztendlich der Panzerwagen West. Dieser wurde in dem Trubel hinuntergezogen und fand sich blitzschnell in dem Pulk der gewaltigen und tobenden Masse aus menschlichem Fleisch wieder, die ihn in tödlicher Bedrohung vollständig einkreiste und gleichzeitig in alle Richtungen auseinanderreißen wollte.

Bevor er gänzlich niedergetrampelt werden konnte, war eine Reihe von bewaffneten Soldaten aus den anderen Landungsfahrzeugen herangenaht, die in die Luft schossen und die Menge zurückdrängten.

Oder es versuchten.

Es nutzte nichts!

Wer was darstellte und wollte, war nicht mehr in diesem Jahrmarkt des Wahnsinns und in dem aufgewühlten Sand zu erkennen.

>Die Ordnung<, ....oder der Wille der Menschen dazu, hatte sich vollständig aufgelöst.

Und bevor es zu Toten kam, trat das rettende Wort in den Vordergrund.

„Blmmsssm“ oder „Knnlllln“ oder was auch immer.

Jedenfalls war es der kleinste gemeinsame Nenner, auf den sich die tobende Masse aus Irrsinn einigen konnte, um zeitgleich den Kopf in den Himmel und auf ein Flugzeug zu richten, welches gerade über sie hinweggeflogen war. Aus diesem fielen nacheinander mächtige Pakete an Fallschirmen, die eindeutig Essensrationen beinhalten mussten. Als die Menge es erkannt hatte, tobte diese als gewaltiges Knäuel weg und ließ West und die überrannten Soldaten zurück. Und sie fühlten sich, als wenn sie gerade dem Tod entkommen waren.

Sie benötigten noch drei Atemzüge, bis sie sich wieder gefasst hatten und der vormals niedergetrampelte General gab die Anweisung.

„Essen!

Diese Menschen benötigen als Erstes Verpflegung!

Stellen Sie es durch! Wir müssen zuerst Nahrung abwerfen lassen!

Dann können wir die Menschen vorerst etwas steuern!“


Es war ungefähr zwei Stunden her gewesen, als West an Land gegangen war und am Strand die ersten Außenposten etablieren konnte. Man hatte an diversen Abschnitten der Küste begonnen abgezäunte Stützpunkte zu errichten und die ersten Schiffe waren im Hafen eingelaufen. Aus diesen ergossen sich gewaltige Ströme von Fahrzeugen, Soldaten und auch gut geschützt Wissenschaftler, die ständig bewacht wurden. Darunter eine asiatisch aussehende Expertin, die wie ihre Kollegen in schusssichere Westen eingezwängt waren und viel zu große Stahlhelme trugen.

Dass diese sich noch niemals in einem „Kampfgebiet“ dieses Ausmaßes aufhielten, konnte man an ihren unsicheren Bewegungen erkennen. Bereitwillig ließen sie sich durch das Militär in dessen Mitte treiben, immer in der Angst Opfer des mittlerweile bekannt gewordenen Wahnsinns zu werden.

Der Tross der Fahrzeuge im Hafen, und an den Küsten, war ständig größer geworden und es war Zeit den Weg in die Stadt anzutreten.

Und West hatte mit seinen Maschinen als Erstes die dichtere Bebauung erreicht und begab sich nun in das Stadtinnere.

Die Glasfassaden waren Opfer ungezügelter Gewalt geworden. Alles nicht Niet- und nagelfeste war aus den Fenstern gefallen und verstreute sich auf sämtlichen Straßen. Parks waren umgepflügt, Bäume im Stück verbrannt und Springbrunnen zu viehischen Tränken umfunktioniert. Dazwischen Haufen lodernden Papiers und von Büchern, die als Wärmequelle der Nächte gedient hatten. Fäkalien und Reste von Essen mischten sich in einer ekelhaften Masse und ließen den Grund nicht mehr erkennen, auf dem sie fuhren.

West und jene, die ihm folgten, fuhren durch das absolute Chaos und den kaum noch nachweislichen Resten einer Zivilisation. Und die Menschen nahmen jetzt keinerlei Notiz von ihnen, weil sie mit abgeworfenen und wieder aufgelesenen Essensrationen beschäftigt waren. Oder sie begaben sich auf die Fahrzeuge zu, die ihnen Nahrung versprachen. Nur eine Parkbank am Rande der Straße, die West passierte, schien die Einzige, welche in der ganzen Stadt unversehrt war, und auf der ein unscheinbarer Mann mit überkreuzten Beinen saß, ein kleines gelbes Buch in der Hand hielt und so tat, als wenn er von allem unbeeindruckt, las.

Wests Convoy wälzte sich weiter vorwärts und er konnte den Leser gerade noch in den Augenwinkeln erkennen, der nun ebenfalls zu ihm herübersah.

„Anhalten!“, befahl er unverzüglich.

Doch sein Befehl fand kein Gehör.

„Anhalten!“, schrie er noch einmal intensiv nach unten in den Panzerwagen und hielt seine Hand an das Headset.

Der Wagen kam behäbig zum Stehen. Als West sich wieder auf die Parkbank orientiert hatte, war diese leer.

Das konnte nicht sein! War hier jemand bei Verstand geblieben? Und wo zur Hölle war er denn nun hin?

CRAZY CONFUSED WORLD- Die Tage der fliegenden Bockwurst

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