Читать книгу CRAZY CONFUSED WORLD- Die Tage der fliegenden Bockwurst - Susan March - Страница 20
14. WAHLKAMPF
ОглавлениеEs musste Wahlkampf sein!
Eine große Menschenmenge aus Stadtbewohnern, Kindern, Rettungskräften, Polizisten, Ordnungskräften und so weiter, hatte sich vor dem Rathaus eingefunden. Oben auf dem Podest stand Marge mit Vorzimmerdame, Jimbo, jemand von der Feuerwehr und noch ein paar Typen vom Stadtrat. Jimbo, die kleine, untersetzte, vollbärtige Vertretung von Jack, versuchte vergebens sein Megafon in Gang zubringen und schüttelte dann in Richtung Bürgermeisterin den Kopf. Diese verstand sofort und suchte den Blickkontakt zu der Menschenmasse am Fuße der Treppe. Sie begann....
„Liebe Bewohner unserer kleinen, schönen Stadt. Am heutigen Tag ist uns eine Heimsuchung bisher noch nie da gewesenen Ausmaßes widerfahren. Wir konnten feststellen das zum Glück bis jetzt nur wenige Menschen verletzt und niemand getötet wurde. In den letzten Stunden haben sich keinerlei weitere Ereignisse ergeben. Wir werden im Rathaus eine Anlaufstelle des Katastrophenschutzes einrichten und bitten Freiwillige um Mithilfe bei der Organisation und Umsetzung! Vordringlich ist die Wiederherstellung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit. Wenn sie können, begeben sie sich nach Hause und helfen notfalls ihren Nachbarn. Jene, die von weiter oder der Stadtgrenze her sind, werden inständig gebeten, in den von uns eingerichteten Notunterkünften zu verbleiben. Nach Berichten des Büros des Sheriffs, ist es aufgrund des nahenden Abends und der von uns eingeschätzten Sicherheitslage nicht ratsam die Straßen ortsauswärts zu benutzen!“
Marge blickte unsicher in Richtung Jimbo und fuhr dann fort.
„Es ist unbedingt erforderlich, dass wir Ruhe bewahren. Solange keine Stromversorgung wiederhergestellt wurde, werden wir sie über Aushänge auf dem Laufenden halten. Wir sind ständig bemüht die Kommunikation wieder herzustellen und...“
„Heißt das, dass die Stadt noch nicht mit dem Gouverneur telefoniert hat....“, schrie jemand aus der Menschenmenge.
Marge holte tief Luft und führte fort......,
„....ja! Sie selbst wissen, dass anscheinend unser Telefon- und auch Funknetz beeinträchtigt ist. Aber wir sind um eine Kontaktaufnahme bemüht.
Der Regierung unseres Staates kann es nicht entgangen sein, was hier passiert ist und wir dürften bald mit Hilfe rechnen. Solange ist es wichtig zusammenzuhalten und vor allem zusammenzuarbeiten. Und in diesem Zusammenhang ist es mir eine Freude zu erwähnen, dass Ben und sein Diner hier am Platz als Anlaufpunkt für jene dienen, die zurzeit noch nicht in ihre Häuser zurückkönnen und mit warmen Speisen versorgt werden müssen.“
Die Menge applaudierte und pfiff begeistert.
Marge endete.
„Ich wiederhole noch einmal, dass wir hier auf die Sicherheitskräfte warten und solange versuchen, die Ordnung wiederherzustellen! Dann wird es uns gelingen die Situation zu meistern, genauso wie wir es im harten Winter zweiundachtzig und den Waldbränden vor sieben Jahren getan haben.“
Die Menge hatte wieder Hoffnung geschöpft, klatschte und rief Marge zustimmend zu. Diese wendete sich ab und trat mit den Stadträten ihren Weg durch die Straßen an.
Die Menschenansammlung löste sich auf und einige stürmten ihr hinterher. Ein Teil des Stabes und Jimbo verblieben auf dem Treppenpodest, beantworteten Fragen und versuchten zu beruhigen.
Ben rollte mit den Augen.
Diese Angelegenheit entwickelte sich immer mehr in eine für ihn ungewohnte Richtung! Marie hatte vor ein paar Stunden Einzug ins Diner gehalten und die Sache zusammen mit Kathrin in die Hand genommen.
Seitdem hatte sie ihn abgestellt, damit dieser wieder >Ordnung< herstellte.
Die Glasscherben wurden zusammen mit den Essens- und Geschirrresten aufgelesen und entsorgt. Die fensterlosen Öffnungen des Diners wurden mit Spanplatten und Pappkartons vernagelt. Ben und die restliche Mannschaft hatten den alten Gasherd hervorgezerrt und Jeff Junior schleppte jede Menge Propangasflaschen von der Tankstelle heran. Marie begann systematisch, mit Bens Angestellten, die Kühlkammer zu plündern und die lange Schlange von Menschen vor dem Diner abzuarbeiten. Ben hatte zähneknirschend zur Kenntnis genommen, dass die Hotdogs heute wirklich überaus gut gingen, die Kasse im Gegenzug dafür nach Maries Anweisung aber leer blieb. Es musste sich in der ganzen Stadt herumgesprochen haben. Eine Stadt, die nach dem Geschmack des Dinerbesitzers, nun viel zu viele Münder hatte, welche die Nachricht von der kostenlosen Verpflegung in Windeseile ausposaunten und gleich auch noch alles in sich hineinstopften! Die Krönung war Georg aus dem Werkzeugladen, der von dem bedauerlichen Vorfall mit dem Bockwurstwagen gehört hatte. Und das doch tatsächlich so ein Idiot lauthals über die bedauerlichen Ereignisse auf der Straße gelacht hätte. Er selbst hätte schon an den zweihundert Leuten Werkzeug für ihre Reparaturen herausgegeben und keinen einzigen Cent verlangt. Grund genug für Ben diesen gedanklich zum heiligen Samariter abzustempeln und damit zum gänzlichen Vollidioten. Denn von seinem Werkzeug würde er niemals etwas wiedersehen. Georg jedoch fühlte sich verpflichtet eine behelfsmäßige Thermoskanne vor Bens Nase zu halten, in welche dann auch prompt ein halbes Dutzend Würstchen passen sollten.
Obwohl Ben die Augen immer mehr zusammenkniff!
Bei jedem abtrünnigen Würstchen!
Und anfing, anschwellende Brummgeräusche des Unmutes aufzubauen!
Und Georg?
Er versprach, bald wiederzukommen. Um noch einmal der Frage nachgehen zu können, wer denn eigentlich der Knallkopf mit dem öffentlichen Lachkrampf gewesen sein mochte.
Auf jeden Fall schufteten alle im Diner bis zum Umfallen.
Ein paar die es wirklich hart getroffen hatte und nicht in ihre Behausungen zurück konnten, blieben in Bens kleinem Restaurant oder steuerten Schule und Rathaus an. Das waren jene, welche entweder ihre Häuser aufgrund der Entfernung ohne Auto nicht erreichen konnten oder solche, deren Hausdach nicht so stabil war, wie jenes von Marge und Asmus!
Die Leute am Platz, denen ebenfalls die Fensterscheiben abhandengekommen waren, sicherten ihre verbliebenen Fassadenöffnungen in gemeinschaftlicher Arbeit.
Marge kam irgendwann gegen Abend vorbei.
Sie und Marie umarmten einander wirklich herzlich, während Ben zur gleichen Zeit weniger als die dünne Luft auf der Spitze des Mount Everest für sie war. Die unerklärliche Sache mit der Angeltasche hing ihm wohl immer noch nach und der Fakt, dass das was Mal sein Auto war, Teile ihrer vormals so dekorativen Hauswand abgesprengt hatte.
Die Kinder der Stadt jedoch fanden das alles ganz toll und irgendwie schön unheimlich. An den Ecken des Parks brannten auf dem Bürgersteig Mülltonnen. Alles was an Bäumen den Einschlag nicht überleben würde und der heruntergeschmetterte Bruch, wurden mit der Hand gefällt oder klein gesägt und nährten unermüdlich das Feuer.
Während die Flammen hochloderten, stieg der Rauch in Säulen in den Himmel der kühler werdenden Nacht, über die Dächer und die Stadtgrenze hinweg und weit darüber hinaus....
Nachdem das kleine Restaurant für den heutigen Abend Ruhe gefunden hatte, trat Marie in die Tür des Diners und blickte zurück zu Ben, der noch die letzten Kerzen ausblies.
Dann setzte sie ihren Weg in die angebrochene Nacht fort und kehrte in das Haus von Marge und Asmus ein, in welchem Ben Junior schon durch Asmus ins Bett gebracht wurde. Dort hatte dieser ihm vor dem Einschlafen die tollsten Geschichten von kapitalen Welsen und wilden Hechten erzählt. Bestien mit mörderlichen Zähnen, einem riesigen Appetit und keiner Scheu Finger abzubeißen und ganze Hände abzuknabbern. Prädatoren des Süßwassers!
Ben steckte die Hände in die Taschen und trat an der Flugbockwurst vorbei, über die Straße in den Park hinein.
Oder, was davon übrig war.
Die einbetonierten, gusseisernen Bänke sahen dreckbeschmutzt aus, hatten aber alle überlebt und ein paar verliebte Teenager darauf Platz genommen. Auf einer Bank, saß ein altes Ehepaar auf einer mitgebrachten Decke, schaute schweigend, andächtig lächelnd und die Hände ineinander verschlungen in die Höhe. Die vom Einschlag leer gefegten Bäume, an denen kein Blatt mehr hing, ließen den Blick auf den wunderschönen Nachthimmel zu. Nachdem kein einziges elektrisches Licht und selbst die nun erloschenen Lagerfeuer nicht mehr störten, konnte man nur noch in Ehrfurcht nach oben sehen.
Es war kein Geräusch zu hören und oben sah man das Meer der Sterne und die quer über den Himmel verlaufende Milchstraße.
In Augenhöhe endeten diese in der Schwärze des nahen Horizontes. Ben hatte das Gefühl auf einem winzig kleinen Flecken dieses Universums zu verharren und das grandioseste Schauspiel des Kosmos vorgeführt zu bekommen. Und genauso war es. Das Auge konnte von hier unvorstellbare Dimensionen überstreichen ohne das der Betrachter von seinem, unbedeutenden Erdklumpen auch nur einen Schritt tun musste. Er schritt bis zum Haus, welches nun ein Parkdeck auf dem Dach hatte, für die neueste Generation der Luft-Boden-Fahrzeuge. Ben hielt kurz noch einmal inne um nach oben, zu den wunderschönen Lichtern des Firmaments zu schauen. Wie auch eben im Park sagte er kein Wort, um dann schließlich in der Tür zu verschwinden.