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2.2 Aktualität der Avantgarde

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In der Kunstwelt ist die Avantgarde noch immer aktuell. Davon zeugen beispielsweise die Ausstellungen Marcel Duchamp. La peinture, même im Jahr 2014/15 und Le Surréalisme et l’Objet im Jahr 2013/14 am Pariser Centre Pompidou. Die Documenta 13 im Jahr 2012 bezog sich gestalterisch explizit auf den Surrealismus, sodass einige Besucher sie kritisch als „Surrealismus für Zuspätgekommene“1 bezeichnet haben.

Seit der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts bis heute ist die Avantgarde auch in der Wissenschaft alles andere als erledigt. Zum „Jahrhundert der Avantgarden“2 oder „Zeitalter der Avantgarden“3 wurde das 20. Jahrhundert erklärt – eine schmeichelnde Bezeichnung, wenn man bedenkt, dass die Avantgarde nur etwa die Hälfte des letzten Jahrhunderts aktiv war. Dass die Avantgarde auch im wissenschaftlichen Diskurs noch hochaktuell ist, belegten in den letzten Jahren die Tagung „Avant-garde or Modernism: What remains of the Avant-garde Project?“4 am Freiburg Institute for Advanced Studies im Juni 2012 oder die seit dem Jahr 2008 alle zwei Jahre stattfindenden Konferenzen des European Network for Avant-Garde and Modernism Studies5 sowie das Kolloquium „Zwischen Kunst und Kommerz – zur Aktualität des Surrealismus“6 an der Universität Siegen im November 2007.

Vor allem aber hat sich der Avantgardebegriff in der Konsum- und Mediengesellschaft etabliert, wo er zur Vermarktungsstrategie geworden ist. So wirbt ein Hersteller von Hundegeschirr mit seinen „Avant Garde Dog Harnesses“ in vielfältigen Ausführungen. Ein Unternehmen für Sanitärtechnik verspricht „Erlebnis und Genuss für Anspruchsvolle“ in seiner „Avantgarde Massagewanne“. Ein Tester der Apple Watch für Die Zeit fragt: „Ist das Avantgarde oder nervt das nur?“7 Und als Antwort auf die Frage, wie Verlage ihre Autoren dazu bringen könnten, ihre Werke im Sinne des „transmedialen Storytellings“ an den app-versierten Leser zu bringen, antwortet ein Texttheoretiker: „Indem man sagt, das ist Avantgarde!“8

Eine „Entgrenzung“9 des Avantgardebegriffs vom künstlerischen ins kommerzielle Feld hat stattgefunden. Der Begriff ist von Kunst und Wissenschaft in alle anderen Lebensbereiche übergetreten, wo er eine inflationäre Anwendung findet und das bezeichnet, was technisch, ästhetisch oder funktionell als besonders avanciert, modern, neu und innovativ gelten soll. Die Trennung zwischen Avantgarde und Kitsch (sofern diese je bestanden hat, was bezweifelt werden darf), wie sie noch Clement Greenberg10 vorgenommen hat, wurde endgültig aufgehoben. Die Avantgarde ist in der „Ästhetisierung der Lebenswelt“11 zum Status Quo geworden, Neuheit und Avanciertheit, die einst nur punktuell aufblitzten, sind mittlerweile im Zuge des heute waltenden „Kreativitätsimperativ[s]“12, nach dem jeder kreativ sein soll und muss, zur Normalität geworden.

Das poetische Theater Frankreichs im Zeichen des Surrealismus

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