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2.5 Denkfiguren der Avantgarde

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Die Avantgardeforschung hat sich seit ihrer Entstehung stets weiterentwickelt. Ab der Mitte des 20. Jahrhunderts wurden Studien über die einzelnen Ismen der Avantgarde veröffentlicht (z.B. André Breton et les données fondamentales du surréalisme von Michel Carrouges, Histoire du surréalisme von Maurice Nadeau oder Déjà jadis von Georges Ribemont-Dessaignes), die oft auch von den Avantgardisten oder ihnen nahestehenden Personen selbst verfasst wurden und damit wissenschaftlich nicht ganz unproblematisch sind.

Nachdem die historische Avantgarde ab den 1960er Jahren aufgrund der Studentenproteste und dem Erfolg der Neo-Avantgarde ihr Comeback feierte, konnte sie nun aus dieser zeitlichen Distanz heraus neu beurteilt und verortet werden. Die 1960er und 1970er Jahre sind von der Suche „nach einer Theorie zur Erfassung des künstlerischen Wandels“1 gekennzeichnet, man wollte das Phänomen der Avantgarde auf eine Formel bringen. Die Forschung beschäftigt sich zu dieser Zeit mit Fragen der Begriffsbestimmung, der Charakterisierung und der Entwicklung allgemeingültiger Kriterien für die Avantgarde, außerdem interessiert ihre Beziehung zur Moderne, mit der sie entweder gleichgesetzt oder in Kontrast gestellt wird.

Mit dem Eintritt der westlichen Kunst und Gesellschaft in die Postmoderne ab den 1980er Jahren brach eine neue Epoche an. Nach dem Schock des Zweiten Weltkriegs erschienen Fortschrittsglaube und Absolutheitsanspruch von Moderne und Avantgarde plötzlich obsolet oder sogar gefährlich. Die postmoderne Avantgardekritik löst sich von der Idee, dass die unterschiedlichen avantgardistischen Strömungen mit einer Theorie erklärt oder durch einen Kriterienkatalog näher bestimmt werden können. Stattdessen ist eine Ausdifferenzierung der Forschung in neue Bereiche zu beobachten, sie nimmt sich der Avantgarde nicht mehr als Ganzes an, sondern interessiert sich für identitätspolitische Aspekte der Avantgarde, wie z.B. die Frau, den Nicht-Europäer oder den Greis. Der Fokus verschiebt sich also weg von einer allumfassenden Avantgardekonzeption, die die verschiedenen avantgardistischen Ismen als letztlich doch recht einheitliches Phänomen synthetisiert, hin zu einem Verständnis der Avantgarde als Ansammlung unterschiedlicher Strömungen ohne einheitliche Akteure, Merkmale und Intentionen.

Die Avantgardeforschung hat eine Fülle an Denkfiguren produziert, die im Folgenden skizziert werden sollen. Dabei schließen sich die Figuren nicht gegenseitig aus, häufig ergänzen sie sich oder beleuchten dieselbe Idee aus einer anderen Perspektive. Auch wenn jede Denkfigur auf unterschiedliche Aspekte der Avantgarde eingeht, so ist ihnen allen doch eine bestimmte Positionierung zu Zeit und Raum gemein.

Das poetische Theater Frankreichs im Zeichen des Surrealismus

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