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ACHTSAMKEIT

Morgenstück I

Schau in den Spiegel. Begrüße deine Lachfalten. Sie leiten dich fröhlich durch den Tag.

Ganz unter uns und wirklich ehrlich: Wie geht es Ihnen mit Ihrem Alter? Fühlen Sie sich wohl, zufrieden, dankbar, kuschelig eingebettet in Ihr Leben? Erwachen Sie an den meisten Morgen Ihres Lebens mit einem Lächeln und dem Gedanken: Hallo, junger Tag, was wollen wir beide heute anstellen, welche Wunder warten auf uns?

Oder gibt es da kleine Stimmen, die sich manchmal leiser, manchmal lauter zu Wort melden und flüstern: War das schon alles? Da muss doch noch mehr drin sein! Das kann nicht alles gewesen sein, ich hatte doch so viele Pläne, als ich jünger war!

Auf einer Skala von 0 bis 10, wobei 10 der höchste Wert ist, wie glücklich sind Sie mit Ihrem Leben?

Wenn wir ehrlich sind, die unbeschwertesten Jahre haben wir oft zu einer Zeit, in der uns diese Qualität noch gar nicht bewusst ist – als Kinder! Wir mussten uns damals um nichts Sorgen machen, für uns wurde gesorgt. Wir wurden bedingungslos geliebt, wir hatten ein Zuhause, zu essen, Kleidung und unendlich ZEIT!

Dann kam die Schule, wo die ersten Anforderungen an uns gestellt wurden, danach der Job, die große Liebe, eigene Kinder – Verpflichtungen emotionaler und finanzieller Natur, kaum noch Zeit für uns und irgendwann hält Mann/Frau inne …

Für Frauen kommt dieser Moment oft, wenn das letzte Kind auszieht, auch bekannt als „Empty-Nest-Syndrom“, bei Männern geht – wenn sie nicht gut vorbereitet darauf zusteuern – mit der Aussicht auf die immer näher rückende Rente eine Altersdepression einher. Hochglanzmagazine suggerieren mit Reklame für Superfood, verjüngenden Ayurveda-Kuren, Anti-Aging-Cremen oder plastischer Chirurgie, dass „Altern“ unattraktiv und zumindest optisch tunlichst zu vermeiden ist. Also Anti-Aging nach dem Motto: 50 ist das neue 30, 70 ist das neue 50.

Wenn wir mit dieser Haltung leben, leben wir in der Vergangenheit, denn wir sind nicht mehr 30 oder 50, sondern eben 54 oder 63 oder 76. Unser Verstand geht oft mit dieser Realität in Widerstand, in der Hoffnung, damit eine unangenehme Situation auflösen zu können. Das Ergebnis ist jedoch nur, dass wir damit dieser Unzufriedenheit zusätzliche Energie geben, wodurch sie nur weiterwächst.

Durchlässig sein wie ein Sieb ist ein Bild, mit dem wir in der Achtsamkeit oft arbeiten. Es bedeutet: aus dem Widerstand gehen. Auch Hingabe ist in diesem Zusammenhang eine passende Haltung – die Hingabe an das Sein, an die Zyklen des Lebens. Sich dem Leben hingeben bedeutet, Ja dazu zu sagen, wie es ist, Ja zum natürlichen Zyklus des Lebens, zu den vier Jahreszeiten, zum Werden und Vergehen mit all seinen Facetten.

Dabei gilt es, sich zwischendurch einmal Zeit und Muße zu nehmen, stehen zu bleiben und Rückschau zu halten, was wir in diesem Jahr bzw. im Laufe des Lebens „gesammelt“ haben.

Da ist viel zusammengekommen, viel haben wir erlebt. Nicht alles war nur Freude, auch Berg- und Talfahrten gab es, Schicksalsschläge haben uns durch- und manchmal auch wachgerüttelt. Die Frage ist, lassen wir uns durch Schicksalsschläge schlagen oder können wir akzeptieren, dass das Leben aus Polaritäten besteht, wie Yin und Yang, weiblich und männlich, wie Tag und Nacht – dass es auch Schatten braucht, um die Sonne bewusst wahrnehmen und wertschätzen zu können? Es ist ein Schwingen wie auf einer Schaukel als Kind und am besten schwingen wir mit, mit allem, was ist und noch kommen wird.

Mit zunehmendem Alter können wir die Fähigkeit entwickeln, Ereignisse aus unserer Lebenserfahrung heraus mit größerer Distanz und damit gelassener zu sehen. Sich selbst mit Verständnis und Liebe zu beobachten, kann befreiend sein.

In der Achtsamkeit finden wir Qualitäten wie Nicht-Beurteilen, Geduld, Vertrauen, Akzeptanz, Loslassen, Mitgefühl, Sanftmut, Großzügigkeit, liebende Güte und Dankbarkeit, die es im Leben zu kultivieren gilt. Finden Sie einige dieser Qualitäten in Ihrem Leben? Wenn ja, wo werden sie für Sie sichtbar, spürbar? Und wo spüren sie die Menschen in Ihrem Umfeld? Würden sie es genauso einschätzen?

Mindful aging – achtsam altern – bedeutet, im Hier und Jetzt zu sein mit allen seinen Facetten und bunten Herbstfarben. Es bedeutet, die körperlichen Veränderungen wahrzunehmen und sie zu akzeptieren, ohne sie zu bewerten, die Haare, die grau und dünner werden, die Haut, die da und dort Altersflecken bekommt und an Spannkraft verliert, das Gehirn, das sich mit dem Erlernen neuer Dinge manchmal schon schwerer tut, die körperliche Ausdauer, die geringer wird, die durchgemachten Nächte, die weniger werden und sich am nächsten Tag schlimmer bemerkbar machen als in jungen Jahren …

All das sind Zeichen des Alterns und früher oder später unvermeidbar. Diese gilt es zu akzeptieren als Teil von uns, sie sogar lieb zu gewinnen, als Anteile von uns, als Zeichen eines intensiv gelebten Lebens. Und gleichzeitig dürfen wir Ausschau halten nach allem, was noch da ist: Wo finden wir in unserem Leben die wärmenden, erfreulichen, die schönen Aspekte? Wo sind die Farben, die den Herbst so prächtig machen?

Und was kommt NEU dazu? Ist nicht das Alter bekannt dafür, dass sich in diesem Lebensabschnitt Weisheit entwickelt? Die Milde des Alters, der wissende und liebevolle Blick, der schon so viel gesehen hat und alles wahrnimmt, ohne zynisch geworden zu sein, vielmehr offen der Welt und dem Wunder des Lebens gegenüber.

Unsere Gedanken sind sehr kraftvoll. Ein unbedachtes Wort des Partners oder der Kinder, eine Stichelei der Kollegin, eine Kritik des Chefs genügen und unsere gute Laune ist dahin, der ganze Tag ist ruiniert. Nicht wegen der anderen, sondern wegen der Gedankenflut, die wir daraufhin in unserem Kopf zulassen. Ein Gedanke bringt den nächsten hervor und wir grübeln weiter, verrennen uns in Hypothesen, negativen Erinnerungen, Bewertungen, Urteilen. Je mehr wir nachdenken, desto schlimmer wird es meist. „Ein kleiner Moment der Traurigkeit, des Ärgers oder der Sorge kann uns eine schlechte Stimmung bringen und einen ganzen Tag – manchmal auch einen sehr, sehr viel längeren Zeitraum – seiner Farbigkeit berauben“, wie Mark Williams es so treffend in seinem Buch „Das Achtsamkeitstraining“ beschreibt.

Was bringt uns das Erlernen von Achtsamkeit?

Lassen Sie sich auf ein Experiment ein. Versuchen Sie für ein paar Wochen regelmäßig Achtsamkeit zu praktizieren. Wir erzählen Ihnen mehr darüber im Kapitel „Jetzt“.

Wichtig fürs Erste ist nur Folgendes: Seien Sie jedes Mal, wenn Sie eine Achtsamkeitsübung durchführen, sehr aufmerksam, wie Sie sich fühlen, bevor Sie die Übung beginnen und wie Sie sich fühlen, nachdem Sie die Übung beendet haben. Ziehen Sie Bilanz. Jedes Mal. Machen Sie keine „blinde“ Übung, sondern achten Sie darauf, wie sie wirkt und was Ihnen guttut.

Wer innehält, erhält von innen Halt

Allerdings nicht unmittelbar, denn zunächst hat man weniger Halt, denn vieles kommt hoch. Mit Achtsamkeit oder Meditation zu beginnen bedeutet, in die Stille zu gehen, kein Handy, kein Computer, kein Radio, kein TV, keine Zeitung, keine Unterhaltung. Das gilt es einmal auszuhalten, sich selbst auszuhalten, zumindest für einige Minuten.

Viele Menschen unterliegen dem Irrglauben, wenn man Achtsamkeit oder Meditation praktiziert, denkt man an nichts. Genau das Gegenteil ist der Fall, zumindest am Anfang. Sich hinsetzen und auf den Atem zu achten, bedeutet zuerst einmal wahrzunehmen, wie VIELE Gedanken da sind. Wie viele Stimmen da in meinem Kopf herumschwirren. Und vor allem bedeutet es, sich seinen Gefühlen und Emotionen auszusetzen und diese aushalten zu lernen. Das kann auch Angst machen. Wer weiß, was dabei hochkommt? Erfahrungsgemäß alles, was unter der Oberfläche begraben wurde. Wie oft überpinseln wir Traurigkeit mit einem starken Lächeln, überdecken Enttäuschungen, indem wir uns schnell in neue Erfahrungen flüchten, ärgern uns nur innerlich, um vermeintliche größere Konflikte zu vermeiden oder aus der Motivation heraus, es allen recht machen zu wollen – allen, außer uns. All das hinterlässt Spuren – in unserem Gehirn und in unserem Körper.

Die Forschung weiß heute, dass jede Emotion mit einer körperlichen Entsprechung einhergeht und traumatische Erfahrungen sogar in den Genen abgespeichert werden. Laut einer finnischen Studie spüren Menschen Ärger als Anspannung im Kopf, Hitze im Brustraum, bis hin zu den dabei oft unbewusst geballten Fäusten. Angst spüren viele Menschen im Magen, im Darmbereich, als Knoten im Hals. Traurigkeit und Depression als Kälte in Armen und Beinen. Glück und Liebe hingegen werden oft als Wärme, die den ganzen Körper durchflutet, beschrieben.

Ist nun ein Mensch häufig wütend oder traurig und übergeht diese Emotionen, indem er sich zur Ablenkung anderen Dingen zuwendet, so bleiben diese ungelösten Themen doch „unter der Oberfläche“ und es wird viel Energie benötigt, um sie ständig – unbewusst – zu unterdrücken. Letztlich geht dies auf Kosten der Lebensenergie und kann bis hin zu Krankheit führen.

Wenn Sie sich dem stellen, was da ist, lösen sich Blockaden, emotionale Knoten, körperliche Spannungen schrittweise auf, Energie beginnt wieder zu fließen. Sie werden ruhiger, bis Sie schließlich tiefen Frieden und stilles Glück in sich erleben können.

Das Beste kommt jetzt!

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