Читать книгу Und die Tage lächeln wieder - Susanne Zeitz - Страница 17
Kapitel 12
ОглавлениеDer Ober serviert den Kaffee. Sein Blick streift meine nackten Füße. Ein breites Lächeln überzieht sein bräunliches Gesicht. Seine schwarzen Augen blitzen.
Schnell ziehe ich sie unter den Tisch. Es ist mir peinlich. Ein gut geschulter Ober hätte eigentlich darüber hinwegsehen müssen. Nun ja, dann halt nicht.
Aber der Kaffee schmeckt köstlich. Heiß und stark. Ich spüre ein Kribbeln im ganzen Körper. Das bekomme ich immer, wenn ich im übermüdeten Zustand starken Kaffee trinke. Wahrscheinlich eine Überreizung der Nerven.
Ein Blick auf meine Armbanduhr. Erst eine halbe Stunde ist vergangen. Ich nehme meinen Rucksack und hole das Buch heraus. Ich habe seit dem bewussten Wochenende im Oktober nicht mehr darin gelesen. Ich konnte einfach nicht.
Ich schlage das letzte Drittel auf. Darin beschreibt die Autorin ausführlich ihr Leben in Peru mit Mann und Sohn. Sie scheint zur reichen Gesellschaftsschicht zu gehören. Daran habe ich bis jetzt überhaupt noch nicht gedacht. Rein theoretisch könnte sie auch in einem der Armenviertel leben, aber dann wäre sie wahrscheinlich keine Buchautorin. Das würde nicht zusammenpassen. Hoffentlich! Wenn ich daran denke, dass ich meine Mutter in einer dieser dreckigen Wellblechhütten antreffen würde, wird mir schlecht. Schnell dränge ich diese Gedanken in weite Ferne.
Ich lege das Buch zur Seite. Die Augen brennen. Sie sind zu müde zum Lesen.
Komisch, dass meine Mutter einfach wieder geheiratet und eine Familie gegründet hat, obwohl sie doch eine in Deutschland hat. Wie konnte sie nur, denke ich empört. Hier spielt sie die liebevolle Mutter für ihren Sohn und mich ließ sie einfach zurück. Ein lästiges Teil aus der Vergangenheit.
Ich packe das Buch zurück in den Rucksack. Ich kann und werde nicht weiterlesen!
Meine Wut auf meine Mutter nimmt Formen an. Jeder Gedanke an sie ist nun mit Ärger und Ablehnung verbunden. Hoffentlich hat sie ein paar gute Antworten und Entschuldigungen parat! Ich bin gespannt!
Ich lehne mich auf meinem Stuhl zurück und schließe die Augen. Es war richtig, dass ich Vater nichts von dem Roman erzählt habe. Er würde es sicher nicht verkraften, wenn er wüsste, dass sie noch lebt. Ich werde ihm bei meiner Rückkehr sehr behutsam von ihr erzählen, nehme ich mir vor.
Kurz überfällt mich ein fast zärtliches Gefühl für den großen, schlanken Mann mit der Halbglatze und den grauen Augen in einem kantigen Gesicht. Aber das Gefühl verflüchtigt sich sehr schnell wieder, als ich an unser letztes Zusammentreffen denke.