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1.3 Abgrenzung des Abenteuertourismus von anderen Begriffen
ОглавлениеNachfolgend finden sich Ausführungen zu den Begriffen „Naturtourismus“, „Sporttourismus“, „Aktivtourismus“ und „Outdoortourismus“ sowie zu „Outdoorsport“, „Natursport“, „Risikosport“, „Extremsport“ und „Trendsport“.1 Diese Freizeitaktivitäten und Tourismusarten weisen Überschneidungen mit dem Abenteuertourismus auf und sollen im Folgenden voneinander abgegrenzt werden. Hierzu gibt → Abbildung 4 einen Überblick über relevante Begriffe und Tourismusarten.
Abbildung 4:
Auswahl der Begriffsvielfalt rund um Outdoorsport und Abenteuertourismus, eigene Darstellung.
NaturtourismusNaturtourismus umfasst Reisen, die überwiegend in der Natur stattfinden und für die Natur ein wichtiges Reisemotiv darstellt (vgl. Sand, 2018). Dabei wird jedoch eine fachliche Diskussion geführt, wie stark die Orientierung hin zur Natur ausgeprägt sein muss und ob sportliche Aktivitäten in der Natur damit einhergehen können (vgl. Mayer & Job, 2016).
Zur Definition des SporttourismusSporttourismus findet sich eine Vielzahl an Vorschlägen in der wissenschaftlichen Literatur (vgl. z. B. Freyer, 2000, 2001, 2002; Gibson, 1998, 1999; Glyptis, 1982, 1991; Hall, 1992; Kurtzmann & Zauhar, 1997; Nogawa, Yamaguchi & Hagi, 1996; Redmond, 1991; Schwark, 2002; Standeven & Knop, 1999; Turco, 2001). Es besteht in der sporttouristischen Literatur weitestgehend Einigkeit, dass Sporttourismus als „das vorübergehende Verlassen des gewöhnlichen Aufenthaltsortes sowie der Aufenthalt in der Fremde aus sportlichen Motiven“ gesehen werden kann und zwei große Gruppe unterschieden werden können (vgl. Eisenstein, Freyer & Groß, 2004, S. 88):
Sporttourismus von aktiv Sporttreibenden (Sportaktiven): Sie verlassen ihren gewöhnlichen Aufenthaltsort und reisen in eine Destination, um dort Sport auszuüben.
Sporttourismus von sportpassiven Personen, insbesondere Reisen von Sportzuschauern: Sie verlassen ihren gewöhnlichen Aufenthaltsort und reisen in eine Destination, um sich dort Sport anzuschauen.
Somit beinhaltet Sporttourismus Reisen, die angetreten werden, um am Reiseziel sportlich aktiv zu sein, aber auch Reisen bei denen Sport passiv konsumiert wird, wie bspw. beim Besuch von Weltmeisterschaften oder Olympischen Spielen.
Der AktivtourismusAktivtourismus ist eng mit dem Sporttourismus verwandt, jedoch stehen hierbei mehrere sportliche Aktivitäten im Mittelpunkt. Sportorientierte Aktivtouristen sind Touristen, „[…] die zu einem wesentlichen Teil sportliche Aktivitäten im Urlaub ausüben. Dabei konzentrieren sich Aktivurlauber nicht auf eine bestimmte Sportart, sondern widmen sich verschiedenen Sportaktivitäten.“ (Dreyer, 1995, S. 33)
Insgesamt kann festgehalten werden, dass die Begriffe eng miteinander in Verbindung stehen und mehrere Überschneidungen aufweisen. Ursprünglich grenzte sich der Abenteuertourismus durch ein vermehrtes Risiko und eine Ungewissheit im Hinblick auf den Ausgang von den anderen genannten Tourismusarten ab. Mittlerweile wird dies jedoch, speziell durch die zunehmende Nachfrage nach sog. Soft Adventures, wie z. B. Wandern oder SUP-Nutzung, relativiert und eine Abgrenzung wird zunehmend schwieriger – auf die Differenzierung zwischen Soft und Hard Adventures wird in Kapitel 1.5 näher eingegangen.
Viele Aktivitäten, die zum Abenteuertourismus gezählt werden, können auch dem OutdoorsportOutdoorsport oder OutdoortourismusOutdoortourismus zugeordnet werden. Der Begriff „Outdoor“ wird zunehmend verwendet, meist im Zusammenhang mit dem Outdoorsport. Der Begriff des Outdoortourismus hat dagegen bisher so gut wie noch keine Anwendung im wissenschaftlichen Sprachgebrauch gefunden. In der Praxis findet der Begriff jedoch zunehmend Anwendung: So veranstaltete die internationale Alpenschutzkommission CIPRA (Commission Internationale pour la Protection des Alpes) 2020 einen Onlinekongress zum Thema „Outdoortourismus mit Fernsicht“ (vgl. CIPRA, 2021) und die Bayern Tourismus Marketing GmbH eine Tagung zu „Camping- und Outdoor-Tourismus 2030 – NEU DENKEN“ (vgl. BVCD, 2021). Auch das Tourismusnetzwerk Baden-Württemberg und die Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg verwenden den Terminus Outdoortourismus. Bei einer näheren Betrachtung werden darunter das touristische Angebot und die Nachfrage von Outdoorsportarten gefasst.
OutdoorsportOutdoorsport gewinnt seit den 1970er Jahren an Bedeutung (vgl. Rupe 2000), wobei ihm seit der Jahrtausendwende noch mehr Aufmerksamkeit zukommt (vgl. Opaschowski 2000). Sport im Freien und in der Natur ist zu einer etablierten und beliebten Freizeitaktivität geworden. Dies liegt auch am Boom in der Outdoor-Sportartikel-Industrie. Outdoorjacken und weitere Bekleidungsstücke bringen ein Gefühl der Freiheit in die Stadt, wobei diese Bekleidung meist nicht unter den Bedingungen getragen wird, für die sie konzipiert wurde.
Obgleich der Begriff des Outdoorsports zunehmend Anwendung im Sprachgebrauch findet, mangelt es dennoch an wissenschaftlichen Definitionen (vgl. BMWI & BISp, 2017). „Darüber hinaus stellt Outdoorsport auch keine in sich geschlossene (homogene) Sportart dar – vielmehr lassen sich verschiedene Einzeldisziplinen unter der Kategorie Outdoor subsumieren.“ (BMWI & BISp, 2017, S. 5)
Die unklare Abgrenzung des Begriffes zeigt sich daran, dass in Statistiken (u. a. Häußler, Tittlbach & Brehm, 2010; BMWI & BISp, 2017) bisweilen auch Sportarten, wie bspw. Fußball, Joggen oder Schwimmen zu finden sind, die zwar im Freien stattfinden (können), aber in der Regel kein besonderes Maß an Risiko und exponierter Naturnutzung aufweisen. Somit sind diese nicht primär zum Outdoorsport zu zählen (vgl. Beier, 2002). Insbesondere während der COVID-19-Pandemie (in Deutschland v. a. seit März 2020), in der nur Sport in den eigenen vier Wänden oder eben draußen möglich war, wurde der Begriff „Outdoorsport“ in einem anderen Kontext verwendet.
Wissen | Auswirkungen der COVID-19-Pandemie COVID-19-Pandemie
Während des „ersten Lockdowns“ (v. a. Mitte März bis Anfang Mai 2020) waren v. a. die Auswirkungen, Herausforderungen und Bedürfnisse von Unternehmen aus dem Abenteuertourismus und Outdoorsport sowie der Erlebnispädagogik Gegenstand einer Untersuchung der Hochschule für angewandtes Management (Adventure Campus Treuchtlingen) und Hochschule Harz. An einer Onlinebefragung (20.04–06.05.2020) beteiligten sich mehr als 200 Unternehmen, wovon 168 und somit mehr als die Hälfte der ausgefüllten Fragebögen aus 15 Bundesländern (aus Bremen beteiligte sich kein Unternehmen) in die Auswertung einflossen. Auch wenn die Ergebnisse nicht repräsentativ sind, zeigen sich Tendenzen (vgl. Sand & Groß, 2020a, S. 206ff. und Sand & Groß, 2020b, S. 49ff.).
Allgemeine Auswirkungen der Krise
Rund die Hälfte (55%) der befragten Unternehmen hatte zum Zeitpunkt der Befragung bereits Mitarbeitende in Kurzarbeit geschickt und 28% mussten sich von Angestellten trennen (Kündigung oder auslaufende Verträge, die nicht verlängert wurden). Darüber hinaus waren weitere Stellen in Gefahr (vgl. Sand & Groß, 2020a, S. 206ff. und Sand & Groß, 2020b, S. 49ff.).
Über die Hälfte der Anbieter (57%) mussten ihre Angebote vorübergehend (nahezu) komplett einstellen und verzeichneten einen Rückgang der durchgeführten Angebote um 91–100%. Nur ein Bruchteil (ca. 3%) konnte die Angebote vollumfänglich aufrechterhalten, die restlichen Unternehmen liefen auf „Sparflamme“. 72% der befragten Anbieter hatten zum Befragungszeitpunkt bereits Soforthilfe beantragt, weitere 9% planten dies noch zu tun. Die Soforthilfezahlungen hatten bereits drei von vier Unternehmen erhalten (66%) oder in Aussicht (7%). Dass die staatlichen Hilfen ausreichen werden, um ihr Unternehmen durch die Coronakrise zu bringen, glaubte jedoch knapp die Hälfte nicht (47%). Während vor der COVID-19-Pandemie mehr als neun von zehn Unternehmen die eigenen Perspektiven positiv einschätzten, war zum Zeitpunkt der Befragung knapp ein Drittel äußerst besorgt um das eigene Fortbestehen. Immerhin ebenfalls ein Drittel war jedoch zuversichtlich, dass ihr Unternehmen die Krise überleben wird.
Innerhalb der Branche traf es den Abenteuerreisebereich – aus Sicht der befragten Unternehmen – am härtesten. Das hing u. a. damit zusammen, dass die Perspektiven unterschiedlich waren. Während die Outdoorsportanbieter im Mai 2020 mit einer baldigen Öffnung rechnen konnten, war die Zukunft für erlebnispädagogische Anbieter (u. a. Klassenfahrten) und Reiseveranstalter noch ungewiss.
Einschätzung künftiger Entwicklungen
Knapp ein Drittel der befragten Unternehmen konnte der Krise etwas Positives abgewinnen und sah sie sogar als Chance für das Unternehmen. Auch Veränderungen im Hinblick auf die Nachfrage der Kunden sind laut den Befragten zu erwarten.
Die Fachgruppe Outdoor (FGO) des Bundesverbands der Deutschen Sportartikel-Industrie zählt die folgenden Sportarten zum OutdoorsportOutdoorsport: „Outdoor umfasst alle Aktivitäten, welche durch eigene menschliche Kraft in der Natur/im Freien ausgeübt werden können.“ (FGO, 2016) Bei Betrachtung der Auflistung von Outdoorportarten im Sinne der FGO werden Aktivitäten wie Trekking, Eisklettern, Mountainbiken, Wandern, Zelten oder Bergsteigen genannt. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) inkludiert für seine Betrachtung des Sportsatelittenkontos2 im Bereich Outdoorsport Sportarten, die „[…] zum überwiegenden Anteil im Freien ausgeübt werden“, nicht auf künstlichen Sportanlagen praktiziert werden, einen Bezug zur Natur in einem außerstädtischen Umfeld aufweisen (vgl. BMWi & BISp, 2017, S. 6). Dabei stellt die Natur ein überwiegendes Ausübungsmotiv dar. Viele Sportarten können im Freien ausgeübt werden, zum Outdoorsport im eigentlichen Sinne werden diese aber erst, wenn eine bewusste Interaktion mit der Natur eingegangen wird und der Naturraum aktiv genutzt wird. Das wird auch in nachfolgender Definition von Outdoorsport deutlich: „Formen sportlicher Betätigung, die in einem überwiegend natürlichen Umfeld ausgeübt werden, wie z. B. Skifahren, Mountainbiken, Klettern, Windsurfen, Rafting, u. a. […].“ (Beier, 2002, S. 82) Outdoorsport umfasst somit Aktivitäten, die einen gewissen Erlebnischarakter aufweisen und in der Auseinandersetzung mit der Natur ausgeübt werden. Auch ein gewisses Risiko und das Überwinden von Grenzen spielen dabei oftmals eine Rolle.
Abzugrenzen ist der Begriff „Outdoorsport“ u. a. von Natursport-, Risiko-, Extrem und Trendsport.
TrendsportartenTrendsportarten zeichnen sich dadurch aus, dass sie meist selbstorganisiert, ungezwungen und überwiegend im Freien stattfinden (vgl. Schwier, 2003). Essenziell ist ein gewisser Lebensstil, der mit der Sportart verbunden ist, zudem werden technische Entwicklungen vorangetrieben und Sportgeräte weiterentwickelt. Generell ist unter Trendsport die Übergangsphase von einer Bewegungsidee hin zu etablierten Sportarten zu sehen (vgl. Lamprecht & Stamm, 1998). So können Outdoorsportarten vorrübergehend auch Trendsport sein, Trendsportarten sind aber nicht immer Outdoorsportarten.
Zu RisikoRisikosport- und ExtremsportExtremsport finden sich keine allgemein anerkannten Definitionen (vgl. Göring, 2006). Menschen begeben sich bewusst in sportliche Risikosituationen, um sich in diesen mittels ihrer eigenen Kompetenzen behaupten zu können, die Erregung zu spüren und positive Erfahrungen zu machen (vgl. Göring, 2006; Rheinberg, 1996; Rupe, 2000). Kompetenzerleben und erregende Bedrohungswahrnehmung stellen dabei die bedeutendsten Motive dar (vgl. Stops & Gröpel, 2016).
Hierbei werden drei Arten von Risikosportarten beschrieben (vgl. Göring, 2006, S. 52): naturbezogene Risikosportarten, geschwindigkeitsorientierte Risikosportarten und abenteuerhafte Risikosportarten. Im Vergleich zu Risikosport beschreibt der Begriff „Extremsport“Extremsport eine Bewährung in körperlichen und psychischen Extremsituationen (vgl. Göring, 2006). Es wird betont, dass dabei meist kein extremes Risiko vorherrscht, sondern es eher um das Überstehen extremer Anforderungen geht (vgl. Ströhle, 2014). Beide Begriffe können auch im Outdoorsport eine bedeutende Rolle spielen, enger verwandt ist sicherlich der Risikosport. Besonders im Hinblick auf die touristische Ausübung von Risikosport ist eine enge Verzahnung mit dem Abenteuertourismus zu erkennen.
Unter NatursportNatursport wird folgendes verstanden: „[…] jede selbstbestimmte Bewegungshandlung in der freien Landschaft, die weder an Motorantrieb noch an Sportanlagen zwingend gebunden ist und die die Auseinandersetzung mit sich selbst in der Natur und mit der Natur ermöglicht.“ (Roth, Türk, & Klos, 2003, S. 14) Exemplarische Sportarten sind Wandern, Mountainbiken, Schwimmen, Skifahren oder Kanuwandern (vgl. Prinz, 2008). Daneben werden sog. extreme Natursportarten thematisiert, womit Aktivitäten bezeichnet werden, die bewusst unter extremen und anspruchsvollen Bedingungen ausgeübt werden. Somit gibt es hierbei eine deutliche Überschneidung mit dem Outdoorsport (vgl. Egner et al., 1998).
Es zeigt sich, dass es deutliche Überschneidungen zwischen den Begriffen „Natursport“ und „Outdoorsport“ gibt. Jedoch zählen einige Outdoorsportarten, wie Wakeboarden oder Fallschirmspringen, aufgrund der Notwendigkeit eines motorischen Antriebes zur Ausübung der Sportart, nicht zu den Natursportarten. Skifahren, Joggen, Schwimmen oder Nordic Walking, sofern sie als Breitensport betrieben werden, sind eher schwer zum Outdoorsport zu zählen, da es zum einen am intensiven Austausch mit der Natur fehlt und zum anderen ein gewisser Herausforderungscharakter fehlt.
Wissen | Outdoorsport und Tourismus
Insgesamt existieren viele Unterteilungen von Sport und Tourismus. Outdoorsport ist der bisher am meisten verwendete Begriff, der Überschneidungen mit Trendsport, Natursport und Risiko- und Extremsport aufweist. Werden diese Sportaktivitäten im touristischen Kontext ausgeübt, dann werden diese entweder als Sporttourismus, Aktivtourismus, Naturtourismus oder Outdoortourismus betrachtet. Abenteuertourismus subsumiert verschiedene Abenteuer- und Outdoorsportaktivitäten und überschneidet sich teilweise mit den genannten Tourismusarten. Die beiden Begriffe „Outdoorsport“ und „Abenteuertourismus“ werden nachfolgend (mehrheitlich) verwendet, so dass hierauf genauer eingegangen wird.