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4.2 (Abenteuer-)DestinationenDestinationen
ОглавлениеDer Begriff „Destination“ hat sich in der englisch- und deutschsprachigen Fachliteratur durchgesetzt, um das Zielgebiet zu benennen. Im Alltagssprachgebrauch werden hierfür Begriffe wie Reise- oder Urlaubsziel, Tourismus- oder Fremdenverkehrsort, Urlaubsland, -gebiet und -stadt usw. genutzt – oder eben Zielgebiet.
Im deutschsprachigen Raum sind v. a. die beiden folgenden Definitionen in der wissenschaftlichen Literatur geläufig, wobei es weitere Ansätze gibt (z. B. Bandi Tanner & Müller, 2019, S. 152; Kaspar, 1996, S. 68):
„Geographischer Raum (Ort, Region, Weiler), den der jeweilige Gast (oder ein Gästesegment als Reiseziel auswählt. Sie enthält sämtliche für einen Aufenthalt notwendigen Einrichtungen für Beherbergung, Verpflegung, Unterhaltung/Beschäftigung. Sie ist damit die Wettbewerbseinheit im Incoming Tourismus, die als strategische Geschäftseinheiten geführt werden muss.“ (Bieger & Beritelli, 2013, S. 54)
„Touristische Destinationen sind geografische, landschaftliche, sozio-kulturelle oder organisatorische Einheiten mit ihren Attraktionen, für die sich Touristen interessieren.“ (Freyer, 2015, S. 320)
Im englischen Sprachraum gibt es weitere Definitionsansätze, wie bspw. von Inskeep, 1991 oder der UNWTO, 1993. Der nachfolgende Ansatz ist eine weit verbreitete englischsprachige Definition. „Basically, a tourism destination is a geographic area that attracts visitors […]. A geographic area that has an administrative boundary or boundaries. […]. States, provinces, territories, regions, counties and cities within individual countries can also be destinations.“ (Morrison, 2019)
Allen gemein ist, dass Destinationen klar abgrenzbare Räume darstellen und dass ihre Betrachtung unter touristischen Vermarktungsaspekten erfolgt. Ebenso anerkannt ist der Ansatz, dass eine Destination, aus unterschiedlicher Distanz, verschieden gesehen wird (→ Abbildung 9).
Abbildung 9:
Distanzsicht der Nachfrage auf den Begriff einer Destination, Bieger & Beritelli, 2013, S. 57.
Ergebnisse zur Eignung und Positionierung von Destinationen im Abenteuer- und/oder Sporttourismus gibt es mehrere. So hat eine Untersuchung des Deutschen Seminars für Fremdenverkehr (DSF) zusammen mit der Führungsakademie des DSB (FVA) bereits 1996 aufgezeigt, dass von 1.350 befragten Orten nur 48 als Sport-Orte galten, d. h. als Gemeinden, die sich über Sport am Markt positionierten. Zwar haben 37% Sport als Thema ins Tourismus-Marketing einbezogen, aber nur 7,3% positionieren sich explizit mit Sportangeboten. Über 50% der befragten Gemeinden hielten Sportangebote insgesamt für „unwichtig“ und nur in jedem zehnten Ort wurde die Rolle des Gästesports als wichtig erachtet (vgl. DSF, 1996, S. 22ff.).
Eine im Jahre 2004 veröffentlichten Studie hatte das Ziel, eine Übersicht von in Deutschland vorhandenen sport-touristischen Angeboten und ihren Anbietern zu geben. Hierbei wurden 135 sport-touristisch relevante Orte in Deutschland identifiziert. Eine Analyse dieser Orte zeigte auf, dass v. a. der Wintersport (v. a. Skifahren (Langlauf, Ski Alpin), Skispringen Schlittschuhfahren, Bobfahren, Eishockey) dominiert und mit etwas Abstand der Wassersport (Schwimmen, Kanufahren, Segeln, Motorbootfahren, Rudern) sowie der Lauf- und Klettersport (Wandern, Jogging, Walking, Marathon, Klettern, Bergsteigen) folgen. Einen mittleren Stellenwert nimmt der Ballsport (Fußball, Handball, Volleyball), Radsport (Radfahren und Mountainbiking) und Schlagsport (Golf, Tennis, Squash, Tischtennis, Badminton) ein und am Ende der Rangfolge stehen der Motor- und Reitsport sowie Inline-Skating. Werden jeweils nur die wichtigsten Sportarten einer dieser übergeordneten Sportkategorien abgebildet, steht Fahrrad fahren an erster, Fußball und Wandern gleichrangig an zweiter und Skifahren an dritter Stelle. Es folgen Schwimmen und Golf auf den Plätzen vier und fünf (vgl. Eisenstein, Freyer & Groß, 2004, S. 85ff.).
Die inhaltlich am Thema nächste Studie zur Eignung von Destinationen für Abenteuertourismus ist der Adventure Tourism Development IndexAdventure Tourism Development Index (ATDI). Der ADTI untersucht Länder hinsichtlich ihres (touristischen) Potenzials für einen nachhaltigen Abenteuertourismus. Dabei werden die fast 200 Länder (2018: 28 Industrieländer und 163 „Developing Countries“) durch Experten über fünf Jahre hinweg und mittels bestehender statistischer Daten aus anderen Studien (u. a. Weltgesundheitsorganisation (WHO) und UNESCO) hinsichtlich ihres Abenteuertourismuspotenzials eingestuft – während bei der Untersuchung aus dem Jahre 2015 noch mehr als 460 Experten involviert waren, waren es im Jahr 2018 fast 200 Experten. Die Länder werden anhand der folgenden zehn Säulen bewertet, die in den Hauptkategorien Sicherheit und Gastfreundschaft, Abenteuer und Rahmenbedingungen verankert sind (vgl. ATTA & International Institute of Tourism Studies, 2018, S. 1f. und → Tabelle 3):
Sicherheit und Gastfreundschaft | Abenteuer | Rahmenbedingungen |
nachhaltige Entwicklung | humanitäre Einrichtungen | humanitäre Einrichtungen |
Sicherheit | Abenteuerressourcen | Infrastruktur |
natürliche Ressourcen | kulturelle Ressourcen | |
Gesundheit | Image |
Tabelle 3:
Die zehn Säulen des ATDI, vgl. ATTA, 2020, S. 4.
Der ATDI unterscheidet zwischen entwickelten und sich entwickelnden Ländern. 2010 belegte Deutschland hinter Kanada den fünften Platz bei den entwickelten Ländern. Auf den ersten drei Plätzen lagen Neuseeland, Island und die Schweiz. Im Ranking aus dem Jahr 2015 konnte Deutschland zwei Plätze gut machen und lag hinter der Schweiz und Island auf dem dritten Platz. 2018 befand sich Deutschland hinter Island und der Schweiz ebenfalls auf dem dritten Platz. Demnach wird Deutschland ein hohes Potenzial für Abenteuertourismus im eigenen Land bescheinigt und Länder, die eher mit Wildnis und Abenteuer in Verbindung gebracht werden, konnten überholt werden. Der ATDI untersucht auch das Image einer Destination für Abenteuerreisen, wobei hierbei Daten aus einer Expertenbefragung verwendet werden („Ihre Wahrnehmung dieses Reiseziels als Abenteuertourismusziel ist … Likert-Skala von -3 [sehr schlecht] bis +3 [sehr gut]). In den Jahren 2016 und 2018 belegte Neuseeland den ersten Platz. Während 2016 Australien und Island gleichauf auf dem zweiten Platz lagen, schneidet Australien im Jahr 2018 knapp besser als Island ab (vgl. ATTA & International Institute of Tourism Studies, 2018, S. 34f.).
Zwar spielen auch viele Faktoren eine Rolle, die nicht direkt mit dem Abenteuertourismus zu tun haben, wie z. B. die ärztliche Versorgung. Hier schneidet Deutschland erwartungsgemäß gut ab. Aber auch bei der Kategorie „Abenteuerressourcen“ erzielt Deutschland eine hohe Punktzahl (vgl. ATTA, 2015). Im Vergleich zu den Vorjahren schnitt Deutschland im Jahr 2020 im Hinblick auf die kulturellen Ressourcen deutlich schlechter ab (vgl. ATTA, 2020). Insgesamt rangiert Deutschland immer noch auf dem vierten Platz, in Europa hinter Island und der Schweiz auf Rang drei (→ Tabelle 4).
Rang | entwickelte Länder | sich entwickelnde Länder (Developing Countries) |
1 | Island | Tschechische Republik |
2 | Schweiz | Chile |
3 | Neuseeland | Slowakei |
4 | Deutschland | Slowenien |
5 | Norwegen | Israel |
6 | Finnland | Estland |
7 | Schweden | Polen |
8 | Kanada | Bulgarien |
9 | Dänemark | Rumänien |
10 | Australien | Costa Rica |
Tabelle 4:
ADTI-Ranking „Top-10-Länder für Abenteuertourismus“, vgl. ATTA, 2020, S. 5.
Abschließend soll nicht unerwähnt bleiben, dass der Großteil der Anbieter in der Destination zu finden ist, wobei die Destinationen auch als „Kristallisationspunkte des Fremdenverkehrs“ bezeichnet werden (vgl. Kaspar, 1996, S. 70; Trümper, 1995, S. 209f.). Sowohl die einzelnen Anbieter, wie z. B. Beherbergungsbetriebe, Berg-/Sportschulen, Incoming-Agenturen, Verleiher (z. B. Kanu, Ski, Mountainbike), Tourenanbieter (z. B. Klettern, Rafting, Fallschirmspringen) und Verkehrsunternehmen als auch die jeweiligen Destinationsmanagementorganisationen (DMOs) sind hierbei als Leistungserbringer und/oder Vermittler aktiv.
Diese Anbieter werden dem sog. abgeleiteten AngebotAngebot, abgeleitet1 (touristische Infrastruktur, Freizeitinfrastruktur und spezielle touristische Angebote) einer Destination zugerechnet. Darüber hinaus gibt es das sog. ursprüngliche AngebotAngebot, ursprünglich, welches sich aus dem natürlichen Angebot (z. B. Landschaft, Topographie), dem soziokulturellen Angebot (z. B. Tradition, Brauchtum, Mentalität) und der allgemeinen Infrastruktur (z. B. Ver- und Entsorgung, Kommunikations- und Verkehrswesen) zusammensetzt (vgl. Freyer, 2015, S. 322ff.).