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X. Die Anhörung der Betreuungsbehörde, Angehöriger und Vertrauenspersonen
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Nach § 279 Abs. 2 FamFG ist das Betreuungsgericht verpflichtet, vor Bestellung eines Betreuers oder Anordnung eines Einwilligungsvorbehaltes der zuständigen Behörde Gelegenheit zur Äußerung zu geben.[1]
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Seit 1.7.2014 betrifft diese Pflicht jedes Betreuungsverfahren im engeren Sinne (Bestellung eines Betreuers bzw. Anordnung eines Einwilligungsvorbehaltes), zuvor erfolgte dieses nur auf Antrag des Betroffenen oder wenn der Richter es im Einzelfall für notwendig hielt. Mit der obligatorischen Gelegenheit zur Stellungnahme durch die Betreuungsbehörde ist die bisherige Regelung durch neue Gesetzesverweise nur noch in den §§ 294 Abs. 1 und 295 Abs. 1 FamFG enthalten und somit bei Aufhebungen von Betreuungen oder Einwilligungsvorbehalten, Einschränkungen von Aufgabenkreisen und Betreuungsverlängerungen gegeben.
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Im Hinblick auf die besondere Sachkunde der Betreuungsbehörde wird deren Anhörung auch in diesen Fällen stets sachdienlich sein. In die Fachkompetenz der Behörde fällt primär die Feststellung der tatsächlichen Lebensumstände des Betroffenen und seines sozialen Umfeldes. Die Vorschrift des § 8 BtBG, der seit 1.7.2014 auch ausdrücklich auf die Gelegenheit zur Stellungnahme nach § 279 Abs. 2 FamFG verweist, legt die allgemeine Verpflichtung der Betreuungsbehörde zur Unterstützung des Gerichts in einem anhängigen Betreuungsverfahren nieder. Durch den Bericht oder entsprechende Hinweise der Betreuungsbehörde erfährt das Gericht beispielsweise, ob es Vertrauenspersonen des Betroffenen gibt, die dieser eventuell mit Vollmachten zur Regelung seiner Angelegenheiten ausgestattet hat usw. Sofern das Gericht nicht nach § 280 FamFG ein Gutachten einholt, das über die „sozialen Gerichtspunkte“[2] Auskunft erteilt, ist in jedem Fall von der Betreuungsbehörde ein so genannter Sozialbericht nach § 8 Abs. 1 S. 2 BtBG abzufordern. Jede andere Vorgehensweise wäre als Verstoß gegen den Amtsermittlungsgrundsatz, § 26 FamFG, und damit als Gesetzesverletzung, zu qualifizieren. Die gerichtliche Verpflichtung zur Einholung eines Sozialberichtes resultiert im Übrigen auch aus den Anforderungen an eine umfassende Sachverhaltsermittlung, die nach der neueren Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts in allen Verfahren, die freiheitsentziehenden Charakter besitzen, anzuwenden ist. Das BVerfG statuierte:
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Die freiheitssichernde Funktion des Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG setzt auch Maßstäbe für die Aufklärung des Sachverhaltes und damit für eine hinreichende tatsächliche Grundlage der richterlichen Entscheidungen. Es ist unverzichtbare Voraussetzung rechtsstaatlichen Verfahrens, dass Entscheidungen, die den Entzug der persönlichen Freiheit betreffen, auf zureichender richterlicher Sachaufklärung beruhen und eine in tatsächlicher Hinsicht genügende Grundlage haben, die der Bedeutung der Freiheitsgarantie entspricht. (. . .)[3]
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Die Form der Äußerung der Behörde ist nicht vorgegeben. Binnen einer angemessenen Frist, die nicht unter zwei Wochen liegen sollte, kann die Behörde entweder in schriftlicher oder mündlicher Form Stellung beziehen.[4]
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Das Gericht verlangt gegebenenfalls keinen Sozialbericht von der Betreuungsbehörde, wenn der Betreuungsanregung – beispielsweise durch ein Heim oder Krankenhaus – bereits ein ausführlicher Bericht des Sozialdienstes beigefügt ist. Das Gericht begrenzt sein Unterstützungsersuchen an die Behörde nach § 8 S. 3 BtBG in einem solchen Fall auf den Vorschlag eines geeigneten Betreuers.
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Die Beteiligungsrechte der Angehörigen des Betroffenen sind durch das FamFG seit 1.9.2009 verschlechtert worden. Während zuvor die Gelegenheit zur Stellungnahme obligatorisch war, ist eine verpflichtende Anhörung nach § 279 Abs. 1 FamFG nur noch dann gegeben, wenn der Angehörige einen Antrag auf Hinzuziehung als Verfahrensbeteiligter gestellt und diesem vom Gericht entsprochen wurde, § 274 Abs. 4, 7 Abs. 5 FamFG. Die in der Bestimmung genannten Angehörigen sind der nicht dauernd getrennt lebende Ehegatte oder eingetragene Lebenspartner, die Eltern, Pflegeeltern, Großeltern, Abkömmlinge und Geschwister des Betroffenen und eine Person seines Vertrauens. Sie sind gem. § 7 Abs. 4 FamFG auf ihr Antragsrecht hinzuweisen. Fraglich ist, wieweit die Amtsermittlungspflicht geht, um die Adresse solcher Angehörigen ausfindig zu machen, insbesondere, wenn der Betroffene keine Angaben machen will oder kann.
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Hinweis
Angehörige des Betroffenen müssen, wenn sie nicht von Amts wegen zu dem Verfahren hinzugezogen werden, § 274 Abs. 4 Nr. 1 FamFG, durch das Stellen eines Antrages nach § 7 Abs. 4 FamFG vorgreiflich auf eine Verfahrensbeteiligung hinwirken. Die Beteiligung kann aber auch konkludent, zum Beispiel durch Übersendung von Schriftstücken und Ladung erfolgen.[5]
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Die Hinzuziehung der genannten Personen als Verfahrensbeteiligte liegt im Ermessen des Betreuungsrichters. Er soll hiernach berücksichtigen, ob die Hinzuziehung im Interesse des Betroffenen liegt. Gegen den Beschluss, durch den eine Hinzuziehung abgelehnt wird, ist die sofortige Beschwerde binnen 14 Tagen möglich (§ 7 Abs. 5 FamFG, §§ 567 ff. ZPO). Die Beteiligtenstellung kann jeweils nur für ein konkretes, nicht für alle zukünftig anhängig werdenden Verfahren erlangt werden.[6]
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Beispiel
Der Bruder der Betroffenen wurde in dem anhängigen Betreuungsverfahren wegen Bestellung eines Betreuers zugunsten seiner Schwester beteiligt. Es wurde ein familienfremder Betreuer bestellt. Nach einem Jahr erhebt der Bruder schwere Vorwürfe gegen die Amtsführung des Betreuers. Im Rahmen des betreuungsgerichtlichen Aufsichtsverfahrens nach §§ 1908i, 1837 Abs. 2 BGB ist der Bruder nicht beteiligt und dementsprechend nicht beschwerdeberechtigt. Dies ergibt sich aus § 274 Abs. 4 FamFG, in dem die Beteiligung naher Verwandter beschränkt ist auf Verfahren über die Bestellung eines Betreuers, der Anordnung eines Einwilligungsvorbehaltes.
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Die Anhörung des vorbezeichneten Personenkreises muss jedoch unterbleiben, wenn der Betroffene mit erheblichen Gründen widerspricht. Damit der Betroffene der beabsichtigten Anhörung entgegentreten kann, ist er seitens des Gerichtes von der beabsichtigten Anhörung zu unterrichten. Das Gericht darf also nicht hinter dem Rücken des Betroffenen Angehörigen Gelegenheit zur Äußerung einräumen. Das Betreuungsgericht muss im Falle der Ausübung des Widerspruchsrechtes durch den Betroffenen dessen schutzwürdige Belange (z.B. Wahrung seiner Intimsphäre) mit den Interessen Beteiligten abwägen.[7]
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Nach § 279 Abs. 3 FamFG kann der Betroffene verlangen, dass eine Vertrauensperson Gelegenheit zur Äußerung erhält. Das Gericht muss diesem Begehren allerdings nur dann entsprechen, wenn hierdurch keine Verfahrensverzögerung eintritt. Auf diese Weise soll verhindert werden, dass der Betroffene ein an sich entscheidungsreifes Verfahren beispielsweise durch das Benennen schwer erreichbarer Personen zeitlich in die Länge ziehen kann.[8]