Читать книгу Handbuch Betreuungsrecht - Sybille M. Meier - Страница 98

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B. Das gerichtliche Verfahren bis zur Bestellung eines BetreuersIX. Die Anhörung des Betroffenen › 1. Widerspruch des Betroffenen

1. Widerspruch des Betroffenen

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Das Gericht ist gehalten, die Anhörung in der vertrauten Umgebung des Betroffenen durchzuführen, es sei denn, dass dieser dem widerspricht, § 278 Abs. 1 S. 3 FamFG. Die diesbezügliche Möglichkeit des Betroffenen dient der Wahrung seiner Intimsphäre.[1] Der Betroffene ist nicht verpflichtet, seinen Widerspruch zu begründen. Es ist nicht erforderlich, dass der Betroffene explizit das Wort „Widerspruch“ benutzt.

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Beispiel

Marlene T. wird zur Verfahrenspflegerin für Agnes G. eingesetzt. Zwecks Erörterung der Angelegenheit begibt sich Frau T. nach vorheriger schriftlicher Ankündigung zur Wohnungstür von Agnes G. und bittet um Einlass. Die Betroffene fängt daraufhin hinter der Tür stehend zu schreien an. Kreischend bedeutet sie der Verfahrenspflegerin, sie werde keinem die Wohnungstür öffnen.

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In einem solchem Fall ist sowohl einem Verfahrenspfleger als auch dem Gericht eine Sachaufklärung in der üblichen Umgebung des Betroffenen nicht möglich. Das Gericht muss versuchen, ohne diese Erkenntnisquelle auszukommen. So ist es in dem Beispielsfall nicht möglich herauszufinden, in welchem Pflegezustand sich die Wohnung befindet und ob die Erforderlichkeit zur Anordnung des Aufgabenkreises „Wohnungsangelegenheiten“ besteht. Der Betroffene hat es auf die vorskizzierte Art und Weise in der Hand zu vereiteln, dass ein Betreuungsbedarf festgestellt wird. Die Erhebung des Widerspruchs seitens des Betroffenen ist an keine Frist gebunden.

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Beispiel

Der Betroffene Georg G. lässt die Amtsrichterin Ines W. in seine Wohnung, die erheblich vermüllt ist. Als die Amtsrichterin Ines W. stirnrunzelnd den Zustand der Wohnung beobachtet, besteht Georg G. darauf, dass sie die Wohnung verlässt. Herr G. ist Hausrechtsinhaber, und die Amtsrichterin ist deshalb verpflichtet, seiner Aufforderung Folge zu leisten.

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Die Entscheidung, eine Milieuanhörung durchzuführen, steht zwar im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts. Widerspricht der Betroffene nicht einer Anhörung in seinen Räumlichkeiten und nimmt das Gericht im Rahmen seiner Ermessensausübung hiervon Abstand, sind die Gründe hierfür in den Entscheidungsgründen darzulegen.[2] Andernfalls ist ein Verstoß gegen den Amtsermittlungsgrundsatz zu thematisieren. Der Regelfall ist jedoch die Milieuanhörung. Hierfür steht der Gesetzeswortlaut, der postuliert, das Gericht „soll“ sich in der üblichen Umgebung des Betroffenen einen „unmittelbaren“ Eindruck verschaffen.

Handbuch Betreuungsrecht

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