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A. Die materiellen und verfahrensrechtlichen Vorschriften des Betreuungsrechts und der Unterbringung › XI. Die Ländergesetze zur Unterbringung psychisch kranker und süchtiger Menschen

XI. Die Ländergesetze zur Unterbringung psychisch kranker und süchtiger Menschen

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Die materiellen Voraussetzungen für eine öffentlich-rechtliche Unterbringung sind in den nach 1949 sukzessive erlassenen Unterbringungsgesetzen der einzelnen Bundesländer geregelt. Ab dem 1.1.1992 wurde im Zuge der Reform des Betreuungsrechtes das Verfahrensrecht aus den Unterbringungsgesetzen der Bundesländer ausgegliedert. Seitdem ist sowohl für die zivilrechtliche als auch für die öffentlich-rechtliche Unterbringung bundeseinheitlich das Verfahren in den §§ 70 ff. FGG (seit 2009 in §§ 312 ff. FamFG) geregelt.

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Zur Unterscheidung einer öffentlich-rechtlichen Unterbringung zu einer zivilrechtlichen sei an dieser Stelle kurz das Nachstehende ausgeführt: Eine zivilrechtliche Unterbringung (§ 1906 BGB) kann nur dann angeordnet werde, wenn sie zum „Wohl des Betreuten“ erforderlich ist.

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Demgegenüber kann eine Unterbringung nach öffentlichem Recht durchgeführt werden, wenn der Betroffene eine gegenwärtige Gefahr für Leib und Leben Anderer darstellt. Sofern zu Gunsten des Betroffenen noch keine Betreuung besteht, kommt ferner eine Unterbringung nach öffentlichem Recht in Betracht, wenn eine Selbstgefährdung vorliegt. Die Unterbringung nach öffentlichem Recht hat dann den Charakter einer Krisenintervention. Das gilt auch bei einer bereits vorliegenden Betreuerbestellung, weil der Betreuer kein eigenständiges Durchsetzungsrecht einer zwangsweisen Zuführung zu einer Unterbringung hat und die Betreuungsbehörde bei ihrer Unterstützung ausnahmslos eine vorherige gerichtliche Gestattung benötigt (§ 326 Abs. 2 FamFG).

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Ergibt sich im Rahmen einer Unterbringung nach öffentlichem Recht die medizinische Notwendigkeit zur längerfristigen Behandlung der betroffenen Person, ist eine vorläufige Betreuerbestellung mit den Aufgabenkreisen „Aufenthaltsbestimmungsrecht“ und „Gesundheitssorge“ bei dem zuständigen Betreuungsgericht anzuregen mit dem Ziel, eine Unterbringung nach zivilrechtlichen Grundsätzen herbeizuführen.

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Beispiel

Die 18-jährige, 1,64 m große Friederike L. ist auf 39 kg abgemagert. Sie verweigert jegliche Nahrungsaufnahme mit dem Hinweis, sie sei „zu dick“. Die besorgte Mutter kontaktiert den Sozialpsychiatrischen Dienst, der eine Einweisung der Friederike L. auf eine geschlossene psychiatrische Station im Wege einer vorläufigen behördlichen Unterbringung nach § 26 PsychKG Berlin veranlasst. Das Gericht beschließt im Folgenden die Unterbringung der Betroffenen für die gesetzliche Höchstdauer von zwei Monaten, § 22 Abs. 2 PsychKG Berlin. Es zeichnet sich jedoch ziemlich schnell ab, dass Friederike L. einer Langzeittherapie in einer geschlossenen Einrichtung bedarf. Vorliegend wurde demgemäß eine Betreuung mit dem Aufgabenkreis „Zustimmung zu Heilbehandlungsmaßnahmen“ und „Aufenthaltsbestimmungsrecht“ installiert, um die erforderliche längerfristige Behandlung der Betroffenen rechtlich gegen ihren Willen durchsetzen zu können.

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In den letzten Jahren erfolgten zahlreiche Änderungen im Bereich des Psychisch-Kranken-Rechtes in einzelnen Bundesländern, zum Teil infolge der 2009 erfolgten Änderung des Unterbringungsverfahrens durch das FamFG, zum Teil in der Folge mehrerer BVerfG-Entscheidungen[1] zur Zulässigkeit von Zwangsbehandlungen. Zuletzt wurden die Gesetze in Baden-Württemberg[2], Hamburg[3], Rheinland-Pfalz[4] und Thüringen[5] in Bezug auf die Zwangsbehandlung während einer öffentlich-rechtlichen Unterbringung reformiert und weitgehend den betreuungsrechtlichen Regelungen angenähert. Weitere Bundesländer planen aktuell Gesetzesänderungen, darunter Hessen und NRW.[6] Alle Gesetze sind in Papierform abgedruckt in den Loseblattkommentaren zum Betreuungsrecht (HK-BUR sowie Knittel) und online zu finden unter: http://www.bundesanzeiger-verlag.de/betreuung/wiki/PsychKG#Landesgesetze.

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