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Der gute Pubertist
ОглавлениеEs gibt einige Mindeststandards, die in den Flegeljahren eingehalten werden müssen, damit man von einer gelungenen Pubertät reden kann. Vorbildliche Verhaltensweisen, die einen Jugendlichen zum guten Pubertisten machen, sind unter anderem: Stimmungsschwankungen, dröhnende Musik, Clique statt Familie, ständiges Beleidigtsein, stundenlanges Schminken, eigenwilliger Kleidungsstil, Endlostelefonate, Computersucht, Besserwisserei, Unpünktlichkeit, Null-Bock, Chaos, Rechthaberei, Schulversagen, zickiges Verhalten und Freunde, die Eltern um den Schlaf bringen.
Dies sind nur einige ausgewählte Elementaranforderungen. Alles ist in bester Ordnung, wenn Ihr Heranwachsender möglichst viele dieser Verhaltensweisen regelmäßig an den Tag legt. Im Alter zwischen 14 und 17 Jahren sollte Ihr Teenager schwer ansprechbar und unzurechnungsfähig sein, eine gediegene Verweigerungshaltung an den Tag legen sowie eine Schwerhörigkeit zweiten Grades aufweisen. Ganz besonders Talentierte beeindrucken zusätzlich mit Schuleschwänzen, Diätwahn, Verkehrsdelikten, Sachbeschädigung oder Graffiti. Eine alltägliche Szene aus dem Alltag mit einem guten Pubertisten zeigt der folgende Dialog:
Tochter (aufgebracht): »Wer hat mein Lieblings-T-Shirt weggenommen? Ich brauche es dringend für die Party heute Abend!«
In der Frage versteckt sie klug eine berechtigte Schuldzuweisung.
Mutter (erstaunt): »Welches meinst du denn? Es lagen so viele schmutzige Sachen in deinem Zimmer auf dem Boden.«
Die Mutter versucht es mit der Rolle des Unschuldslamms.
Tochter (aufbrausend): »Willst du damit sagen, dass du heimlich in mein Zimmer eingedrungen bist? Du hast dort nichts zu suchen.«
Die Tochter gibt nicht auf in ihrem Bestreben, der Mutter das Einhalten von Abmachungen nahezubringen.
Mutter (beschwichtigend): »Meine Liebe, ich hatte eine halb volle Waschmaschine, da habe ich netterweise deine Sachen, die nicht im Wäschekorb, sondern im Zimmer lagen, aufgehoben und mitgewaschen. Sie hängen zum Trocknen auf der Leine.«
Die Mutter ist stolz darauf, wie ruhig sie bleibt.
Tochter (lautstark): »Du bist so was von doof! Ich hasse dich. Wie soll ich jetzt auf die Party gehen. Ich habe nichts zum Anziehen.«
Bei aller Geduld muss die Tochter nun auf die Konsequenz »Ohrenbetäubendes Kreischen« zurückgreifen.
Mutter: »Dein Outfit ist doch prima. Du siehst damit aus wie 16.«
Mit diesem plumpen Versuch erreicht die Mutter, dass ihr 13-jähriger Teenager beleidigt in den Keller, dann ins Bad stampft.
Eine Stunde später. Tochter (zufrieden): »Ich hab das T-Shirt jetzt mit dem Föhn getrocknet. Ich geh dann! Sorry, Mom ... ich hab dich lieb.«
Die Tochter sieht jetzt wirklich aus wie 16 und verabschiedet sich bewundernswert gut gelaunt und versöhnlich.
Erwarten Sie aber bitte nicht umgehend Höchstleistungen von Ihrem Kind. Für die faden Spießergene, die Sie unter Umständen vererbt haben, kann es nun wirklich nichts. Berücksichtigen Sie, dass Lukas oder Anna benachteiligt sind, da sie in einer ungünstigen Umgebung, nämlich bei Ihnen, aufgewachsen sind.
Bei nur gelegentlichem Auftauchen pubertätsgemäßer Verhaltensweisen ist Ihr Sprössling ein Pubertist mit Defiziten, der Unterstützung benötigt. Organisieren Sie Nachhilfe: Sprechen Sie ältere Jugendliche und Cliquen vor Diskotheken, Einkaufszentren oder auf öffentlichen Plätzen an. Sie erkennen gute Pubertisten meist schon an Merkmalen wie Pubertistensprache, Kleidung oder Pickel.